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"Mensch, Bichsel - du fehlst."

(Bildquelle: SRF)
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DMZ –  GESELLSCHAFT  ¦ Daniel Peter ¦                       (Bildquelle: SRF)

KOMMENTAR

 

Lieber Peter,

ich sitze gerade in einer Hotelbar und lese deinen Brief von Julia Weber, Usama Al Shamani, Nora Gomringer und Lukas Bärfuss. Ich kann mich leider nicht so kurz fassen wie sie. Aber von Herzen schliesse ich mich ihrem letzten Gruss an dich an.

 

Also nochmals! Ich sitze in der mondänen Hotelbar des Motel One in Zürich. Diese Hotelbars sind rund um den Globus ein Stück Heimat für mich. Zu meinem fünfzigsten Geburtstag wollte ich mir eine mehrmonatige Asienreise schenken. Dann kam die Pandemie. Also plante ich eine Feier mit 25 Freundinnen und Freunden. War auch nicht mehr möglich. Ein "Fondue-Chinoise-Essen" sollte es dann werden. Hoch über Zürich auf dem Uetliberg. Mit zwei guten Freundinnen. Schlussendlich sass ich alleine in der Hotelbar vom Motel One in Zürich. Meine "Mitgäste" hämmerten auf ihren modernen Smartphones herum, ich hielt ein Buch von dir in den Händen. "Ein Tisch ist ein Tisch" aus dem Jahr 2004. Am nächsten Tag wurde ich auf dem Uetliberg mit funkelndem Schnee belohnt. Eine Freundin besorgte einen kleinen Schoggikuchen und heissen Kaffee. Auf einem Bänkli genossen wir dann eine Flasche edlen Champagner.

 

Heute sitze ich nun in der "One Bar" in Zürich, trinke ein Glas Walliser Rotwein und nein, ein Aschenbecher steht nicht auf dem Tischchen. Heimat, das sind für mich Bücher von dir, Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt. Und die "One Bars" rund um den Globus...

 

Als ich 2019 für den Nationalrat kandidierte, da sagte ich zu Beginn eines Kurzfilmes: "Heimat, das ist für mich mehr als eine Schachtel CBD-Zigaretten oder eine Cervelat". Ich spielte damit auf den Cervelat-Gate von Nationalrat Andreas Glarner an. Er wurde gewählt, ich leider nicht.

 

Als ich dich das erste mal sah, war ich gerade 21 Jahre alt und kam von einem Studium in England zurück. Ich lebte damals in Jegenstorf und sah dich in einer RBS-Bahn von Solothurn nach Bern reisend. Du trugst deine unverkennbare Brille, deine Zigarette war fast runtergebrannt, der Aschenbecher war voll. Vor dir ein "Ballönli" Rotwein. Du warst versunken in deine Schreiberei.

 

Ich sitze nun also in der "One Bar", trinke ein Glas Rotwein und schreibe diesen Brief auf einem "Bio-Fairtrade-Block" vom COOP. Mit einem Roller aus einer Papeterie in Winterthur.

 

Gerne hätte ich dich auf ein Glas Rotwein eingeladen und mit dir auf deinen neunzigsten Geburi angestossen. Nun wünsche ich uns beiden eine gute Reise. Odin sei mit uns!

 

Alles Liebe

Dani

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