
DMZ – POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦
Wien. Die monatliche Haushaltsabgabe zur Finanzierung des ORF bleibt bis Ende 2029 unverändert. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats beschloss mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS eine Novelle zum ORF-Gesetz, die eine Verlängerung der bisherigen Beitragsbeschränkung um drei Jahre vorsieht. Gleichzeitig werden Änderungen an der Besetzung des Stiftungsrats und des Publikumsrats vorgenommen, um einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) Rechnung zu tragen. Kritik an der Reform kommt aus der Opposition: Während die FPÖ eine Abschaffung der Haushaltsabgabe forderte, plädierten die Grünen für eine weitergehende Stärkung der Unabhängigkeit des ORF.
Gremienreform: Weniger Einfluss der Regierung
Die Gesetzesnovelle reagiert auf eine VfGH-Entscheidung vom Oktober 2023, die eine zu starke Einflussnahme der Bundesregierung auf die ORF-Gremien monierte. Künftig reduziert sich die Zahl der von der Regierung bestellten Mitglieder des Stiftungsrats von neun auf sechs. Gleichzeitig erhält der Publikumsrat mehr Gewicht: Statt bisher sechs entsendet er neun Vertreter in das Gremium. Die Bundesregierung muss bei der Bestellung von Stiftungsrätinnen und -räten zudem verstärkt auf fachliche Qualifikationen und eine ausgewogene Zusammensetzung achten. Die Interessentensuche erfolgt durch eine öffentliche Ausschreibung.
Die Funktionsperiode der neu konstituierten Gremien beginnt am 17. Juni 2025. Der Stiftungsrat bleibt unter anderem für die Wahl der ORF-Generaldirektion und die Genehmigung von Finanzplänen verantwortlich, während der Publikumsrat die Interessen der Seherinnen und Seher vertreten soll.
Kritik von FPÖ und Grünen
Die FPÖ lehnt die Haushaltsabgabe grundsätzlich ab und fordert stattdessen eine Finanzierung des ORF aus dem Budget. FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker sprach von einem "Reförmchen" und kritisierte den fortbestehenden Einfluss von Politik und Interessenvertretungen auf den ORF. Ein entsprechender Entschließungsantrag der FPÖ zur Abschaffung der Haushaltsabgabe fand jedoch keine Mehrheit.
Die Grünen bezweifeln, dass die Novelle den politischen Einfluss auf den ORF entscheidend verringert. Die geschäftsführende Klubobfrau Sigrid Maurer sprach von einer "Minimalstlösung" und bemängelte unter anderem das neue Bestellverfahren für den Publikumsrat. Sie forderte eine Verkleinerung des Stiftungsrats, geheime Abstimmungen sowie eine verpflichtende Geschlechterparität in den Gremien. Ein entsprechender Antrag ihrer Partei erhielt jedoch keine Unterstützung.
Regierungsparteien verteidigen Novelle
Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) betonte, dass die Novelle nicht nur das VfGH-Urteil umsetze, sondern auch zur Stärkung der Unabhängigkeit des ORF beitrage. Die SPÖ sieht die Reform als Kompromiss, der den Anforderungen des VfGH gerecht wird und gleichzeitig finanzielle Planungssicherheit schafft.
NEOS-Abgeordnete Henrike Brandstötter hob hervor, dass die ORF-Reform in mehreren Schritten erfolgen soll. Die aktuelle Gesetzesnovelle setze lediglich dringliche Maßnahmen um, während eine weitergehende Digitalisierung und Modernisierung des ORF noch aussteht. Eine Finanzierung über das Budget, wie von der FPÖ vorgeschlagen, lehnen die NEOS ab, da dies den Einfluss der Politik auf den ORF eher verstärken als verringern würde.
Die ÖVP betonte, dass das VfGH-Urteil die grundsätzliche Struktur des ORF-Gremiensystems nicht in Frage stelle. Die Novelle stelle sicher, dass der ORF weiterhin pluralistisch aufgestellt bleibe, so die ehemalige Medienministerin Susanne Raab.
Fazit
Mit der Gesetzesnovelle wird die Haushaltsabgabe bis 2029 eingefroren, während die Gremienstruktur des ORF an die Vorgaben des VfGH angepasst wird. Während die Koalitionsparteien die Reform als notwendigen Schritt zur Stärkung des ORF sehen, kritisieren FPÖ und Grüne die Veränderungen als unzureichend. Die Debatte um eine umfassendere ORF-Reform dürfte somit auch in den kommenden Jahren weitergehen.
Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦
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