
DMZ – GESELLSCHAFT ¦ L. Wallner
KOMMENTAR
In der heutigen Zeit, in der Diskussionen über Sprache und Kultur allgegenwärtig sind, fällt immer wieder ein Begriff auf, der viele Emotionen hervorruft: „Mohrenkopf“. Der Name, der einst für eine Süßigkeit stand, ist heute viel mehr als das. Er ist ein Symbol für eine tief verwurzelte Unfähigkeit, sich mit der sich verändernden Welt auseinanderzusetzen. Doch warum fällt es manchen so schwer, von diesem Begriff abzurücken?
Eine Süßigkeit, die mehr sagt, als sie sollte
Als Kind mochte ich „Mohrenköpfe“. Die Schokoladenhülle, die weiße Schaumfüllung – sie war eine kleine Freude. Aber wenn ich heute darüber nachdenke, wird mir bewusst, dass der Name eine Geschichte erzählt, die viele nicht mehr hören möchten. Der Begriff stammt aus einer Zeit, in der Stereotype gegenüber schwarzen Menschen weit verbreitet waren. Auf den Verpackungen dieser Süßigkeit war oft ein dunklerer Teint abgebildet, und der Name spiegelte eine Weltanschauung wider, die so gar nicht mehr zu unserem modernen Verständnis von Vielfalt und Respekt passt.
Trotzdem gibt es heute noch Menschen, die an diesem Begriff festhalten – nicht aus böser Absicht, sondern weil sie es nicht anders kennen. Es sei „doch nie böse gemeint“, sagen sie. Doch ist das wirklich eine Entschuldigung?
Eine Diskussion über mehr als nur ein Wort
Die Diskussion um die Veränderung von Begriffen wie „Mohrenkopf“ geht weit über die Bedeutung eines einzelnen Wortes hinaus. Es geht um den Umgang mit der Vergangenheit und der Frage, wie wir als Gesellschaft weitergehen wollen. Wenn einige Menschen sich vehement gegen die Veränderung solcher Begriffe stellen, ist das nicht einfach nur eine Frage der Gewohnheit. Es ist ein Zeichen für etwas Tieferes – eine Widerstandshaltung gegen den Wandel und gegen das, was viele als Fortschritt empfinden.
Ich habe in vielen Gesprächen darüber gehört, dass solche Begriffe „nicht politisch korrekt“ seien. Für viele ist dies der Kern des Problems: Die politische Korrektheit wird als Einschränkung empfunden. Als würde man einem Menschen die Freiheit nehmen, sich auszudrücken. Und vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass sich viele in einer Welt, die immer weniger Platz für altbekannte Denkmuster lässt, verloren fühlen.
Zwang und Widerstand: Warum das Festhalten an alten Begriffen problematisch ist
Es ist leicht, solche Diskussionen als „zu übertrieben“ oder „unwichtig“ abzutun. Doch wer so denkt, übersieht die psychologischen und gesellschaftlichen Gründe, die hinter dieser Haltung stecken. Es ist nicht nur die „Gewohnheit“, die Menschen an alten Begriffen festhalten lässt. Es geht vielmehr um den Widerstand gegen Veränderung, um die Angst davor, die eigene Identität zu verlieren. Manchmal fühlt sich dieser Widerstand wie ein letzter verzweifelter Versuch an, den „guten alten Zeiten“ treu zu bleiben – auch wenn diese Zeiten längst nicht mehr der Realität entsprechen.
Und genau hier liegt das Problem: In einer offenen und diversen Gesellschaft, die sich stetig weiterentwickelt, ist der Widerstand gegen sprachliche Veränderungen nicht nur unproduktive Nostalgie, sondern auch ein Hindernis für echte Verständigung. Wer sich weigert, Begriffe zu hinterfragen und zu ändern, verhindert den Dialog. Anstatt zu hören, wie sich Menschen durch bestimmte Worte verletzt fühlen, wird die Veränderung als unnötig oder gar als „übertriebene Sensibilität“ abgetan.
Ein schwieriger, aber notwendiger Dialog
Das bedeutet nicht, dass man Menschen, die solche Begriffe noch immer verwenden, einfach verurteilen sollte. Es geht nicht darum, den Stab über sie zu brechen, sondern einen Dialog zu eröffnen, der von Verständnis und Aufklärung geprägt ist. Denn auch wenn die Absicht nicht böse ist, so sind die Auswirkungen doch spürbar.
Wir müssen begreifen, dass die Sprache mehr ist als nur ein Werkzeug zur Kommunikation – sie formt die Art, wie wir die Welt sehen, und wie wir uns in ihr bewegen. Die Herausforderung besteht darin, dies zu erkennen und zu akzeptieren. Wir müssen uns fragen: Wollen wir wirklich in einer Gesellschaft leben, in der Begriffe wie „Mohrenkopf“ weiterhin eine Rolle spielen, obwohl sie für viele Menschen verletzend und diskriminierend sind?
Es ist an der Zeit, alte Denkmuster loszulassen und uns der Verantwortung bewusst zu werden, die jeder von uns in der Verwendung von Sprache trägt. Nur so können wir zu einer Gesellschaft werden, die nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich inklusiv ist.
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