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Anschlag in München: Offene Fragen zum Sicherheitsapparat und politische Debatte

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦

KOMMENTAR

 

Am 13. Februar 2025 wurde München Schauplatz eines schweren Angriffs: Ein 24-jähriger afghanischer Asylbewerber steuerte sein Auto in eine Demonstration der Gewerkschaft Verdi. Mindestens 28 Menschen wurden verletzt, einige von ihnen schwer. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach noch am selben Tag von einem „mutmaßlichen Anschlag“ und kündigte umfassende Ermittlungen an. Während Polizei und Justiz die Hintergründe der Tat untersuchen, drängen sich jedoch bereits unbequeme Fragen auf: War der Angriff vermeidbar? Hat der Sicherheitsapparat versagt? Und inwieweit dient der Vorfall als politisches Instrument?

 

Ein Täter, der längst auffällig war – warum wurde nicht gehandelt?

Erste Recherchen zeigen ein beunruhigendes Bild: Der mutmaßliche Täter war den Behörden seit Jahren bekannt. Sein Asylantrag wurde bereits 2017 abgelehnt, dennoch lebte er weiterhin in Deutschland. Zudem existieren Hinweise, dass er in sozialen Netzwerken islamistische Inhalte teilte. Es drängt sich die Frage auf, warum keine Maßnahmen ergriffen wurden – weder eine Abschiebung noch eine verstärkte Überwachung.

 

Genau hier liegt ein Kernproblem: Sicherheitsbehörden stehen regelmäßig vor der Herausforderung, Verdachtsfälle richtig zu bewerten. Doch wenn ein Mann mit dokumentierten Auffälligkeiten ungehindert eine Demonstration attackieren kann, dann deutet das auf erhebliche Defizite hin. Experten warnen seit Jahren, dass weniger neue Gesetze notwendig wären als eine konsequente Anwendung bestehender Regelungen. Besonders in Bayern, das unter CSU-Führung eine „harte Linie“ in der Inneren Sicherheit propagiert, stellt sich nun die Frage, warum diese in der Praxis nicht gegriffen hat.

 

Politisches Kapital auf dem Rücken der Opfer?

Kaum waren die ersten Details des Falls bekannt, begann die politische Vereinnahmung des Vorfalls. Vor allem rechte Parteien wie die AfD nutzten die Tat als vermeintlichen Beweis für eine gescheiterte Migrationspolitik und versuchten, Angst und Ressentiments zu schüren.

 

Doch auch Markus Söder geriet ins Kreuzfeuer der Kritik. Noch bevor die Ermittler eine abschließende Einschätzung abgegeben hatten, sprach er von einem Anschlag – eine Wortwahl, die nicht ohne politische Wirkung bleibt. Während seine Anhänger dies als entschlossenes Handeln lobten, warfen ihm Kritiker vor, sich medienwirksam zu inszenieren, anstatt eine sachliche Debatte anzustoßen. In sozialen Netzwerken wurde sein schnelles Agieren als „mediengeil“ kommentiert – ein Vorwurf, der nicht zum ersten Mal gegen den bayerischen Ministerpräsidenten erhoben wird.

 

Braucht es wirklich neue Gesetze?

Nach Anschlägen oder schweren Straftaten folgt in der Regel ein Reflex: Politiker fordern schärfere Gesetze. Doch genau das ist der Punkt, an dem sich Fachleute kritisch zu Wort melden. Bereits nach früheren Vorfällen warnten Sicherheitsexperten, dass Deutschland weniger unter einem Mangel an Gesetzen leidet als unter deren oft halbherziger Umsetzung.

 

Die Tat von München verdeutlicht genau dieses Dilemma: Ein als potenziell gefährlich eingestufter Mann hätte mit den bestehenden Möglichkeiten längst stärker kontrolliert oder sogar abgeschoben werden können. Warum das nicht geschehen ist, bleibt eine der zentralen Fragen, die nun geklärt werden müssen.

 

Sachlichkeit statt Symbolpolitik

Die Geschehnisse von München sind erschütternd. Doch während sich die Opfer von ihren Verletzungen erholen, droht die Debatte erneut in parteipolitischen Reflexen zu erstarren. Statt immer neue Gesetze zu fordern oder mit Schuldzuweisungen Politik zu betreiben, müssen sich die Verantwortlichen mit den eigentlichen Versäumnissen befassen: Wo hat das Sicherheitskonzept versagt? Warum wurden vorhandene Maßnahmen nicht genutzt? Und wie lässt sich verhindern, dass ein ähnlicher Fall erneut geschieht?

 

Ohne eine ehrliche Analyse bleibt die Gefahr bestehen, dass auch dieser Vorfall am Ende nur als rhetorische Munition in politischen Debatten dient – während die eigentlichen Probleme ungelöst bleiben.


 

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