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Ein Quantensimulator ebnet den Weg für neue physikalische Erkenntnisse

Die beiden PSI-Physiker Andreas Läuchli (links) und Andreas Elben waren an der Entwicklung eines neuartigen digital-analogen Quantensimulators beteiligt. © Paul Scherrer Institut PSI/Mahir Dzambegovic
Die beiden PSI-Physiker Andreas Läuchli (links) und Andreas Elben waren an der Entwicklung eines neuartigen digital-analogen Quantensimulators beteiligt. © Paul Scherrer Institut PSI/Mahir Dzambegovic

DMZ – WISSENSCHAFT ¦ MM ¦ AA ¦ Die beiden PSI-Physiker Andreas Läuchli (links) und Andreas Elben waren an der Entwicklung eines neuartigen digital-analogen Quantensimulators beteiligt. © Paul Scherrer Institut PSI/Mahir Dzambegovic

 

Villigen – Ein bedeutender Durchbruch in der Quantenforschung könnte schon bald komplexe physikalische Prozesse mit nie dagewesener Präzision berechenbar machen. Physikerinnen und Physiker von Google und Forschende aus fünf Ländern, darunter zwei Wissenschaftler des Paul Scherrer Instituts (PSI), haben einen neuartigen digital-analogen Quantensimulator entwickelt. Ihre Erkenntnisse, die nun im Fachmagazin Nature veröffentlicht wurden, eröffnen völlig neue Perspektiven für die Materialforschung, Quantenmechanik und sogar die Astrophysik.

 

Ein Meilenstein in der Quantenforschung

Der neue Quantensimulator kombiniert digitale und analoge Ansätze, um physikalische Prozesse realistischer und flexibler nachzubilden. Während herkömmliche digitale Quantencomputer auf universelle Quantengatter setzen, ermöglichen analoge Simulatoren eine direkte Nachbildung quantenmechanischer Wechselwirkungen. Die Kombination beider Verfahren eröffnet bisher unerreichte Möglichkeiten zur Simulation komplexer Phänomene.

 

„Unser System erlaubt es, physikalische Vorgänge wie die Wärmeausbreitung oder magnetische Wechselwirkungen mit hoher Genauigkeit zu untersuchen“, erklärt Andreas Elben, Wissenschaftler am PSI. Gemeinsam mit seinem Kollegen Andreas Läuchli hat er die theoretischen Grundlagen für diesen bahnbrechenden Ansatz gelegt.

 

Die Technik hinter dem Quantensimulator

Herzstück des Quantensimulators ist ein von Google entwickelter Chip mit 69 supraleitenden Qubits. Diese ermöglichen es, physikalische Systeme nicht nur in klar definierten Ausgangszuständen zu starten, sondern auch ihre Entwicklung über die Zeit nachzuverfolgen. So können Forschende beispielsweise simulieren, wie sich magnetische Strukturen in einem Material verändern oder wie sich Wärme in einem Festkörper verteilt.

 

„Wir können den Simulator beobachten, während er ins thermische Gleichgewicht übergeht – ähnlich wie Milch, die sich in einer Tasse Kaffee verteilt“, erläutert Läuchli. Solche Simulationen sind für viele Forschungsbereiche essenziell, da klassische Supercomputer oft an der Komplexität solcher Berechnungen scheitern.

 

Anwendungsmöglichkeiten in verschiedenen Disziplinen

Die Möglichkeiten des neuen Quantensimulators reichen weit über die Grundlagenforschung hinaus. Ein zentrales Anwendungsgebiet ist die Materialwissenschaft, insbesondere die Erforschung von Hochtemperatur-Supraleitern. Auch in der Medizin könnten Quantenberechnungen künftig helfen, molekulare Wechselwirkungen besser zu verstehen und gezieltere Medikamente zu entwickeln.

 

Ein besonders spannendes Forschungsfeld ist die Astrophysik. So könnte der Simulator helfen, das sogenannte Informationsparadoxon schwarzer Löcher zu entschlüsseln. Diese besagen, dass Informationen in der Quantenphysik nicht verloren gehen dürfen – ein Widerspruch zu gängigen Theorien über schwarze Löcher. Hier könnten Quantensimulationen künftig neue Einblicke liefern.

 

Zukunftsperspektiven

Das aktuelle Projekt mit Google ist abgeschlossen, doch für das Team am PSI geht die Forschung weiter. „Wir entwickeln derzeit neue Experimente und untersuchen weitere Anwendungsbereiche des Quantensimulators“, berichtet Läuchli. Am PSI und dem Quanten Computing Hub der ETH Zürich werden bereits verschiedene Plattformen für Quantensimulationen erprobt, darunter Systeme mit gefangenen Ionen und Rydberg-Atomen.

 

„Unsere Arbeit zeigt, dass supraleitende analog-digitale Quantensimulatoren eine vielversprechende Zukunft haben“, betont Elben. Die Forschenden sind überzeugt: Der neue Quantensimulator ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu leistungsfähigen Quantencomputern, die künftig wissenschaftliche und technologische Revolutionen ermöglichen könnten.

 

 

Herausgeber

Paul Scherrer Institut


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