DMZ – POLITIK ¦ Dirk Specht ¦
KOMMENTAR
Viele Europäer verstehen den AI-Boom in den USA nicht, wie sie das ganze AI-Thema nicht verstehen. Während oft von Blase oder Hype die Rede ist, werden in Europa vor allem Datenschutz und Regulierung diskutiert. Kurz: Die Amerikaner investieren Billionen in AI und setzen um, die Europäer diskutieren derweil, was man mit AI nicht machen sollte.
Bereits die Biden-Programme „Chips Act“ und „IRA“ haben in den USA hunderte Milliarden ausgelöst. Das führt zu einer Kapitalstärke, mit der nationale Wertschöpfungsketten aufgebaut werden, die für uns in Europa im Wettbewerb zu enteilen drohen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass AI als Basistechnologie zu verstehen ist, mit der die Digitalisierung sich noch viel mehr als bisher in allen Branchen unserer Wirtschaft auswirken wird. Den bereits enteilten großen Digitalkonzernen könnten also weitere in Branchen und Industrien folgen, die wir Europäer bisher noch gut besetzen. Es wäre fahrlässig, beispielsweise die Herausforderungen der Automobilindustrie nur auf E-Mobilität/Batterien zu reduzieren. Es betrifft aber alle Branchen, denn von autonomen Systemen in der Robotik über Drohnen bis zu allen möglichen stark regelbasierten Arbeitsprozessen wird die AI-Kompetenz den Wettbewerb entscheiden.
Unter Trump wird sich diese Entwicklung sogar beschleunigen. Das verkündete „Stargate“-Projekt mit einem Budget von 500 Milliarden ist ein erstes sehr starkes Signal. Dieses Projekt ist bereits unter Biden angedacht, aber offensichtlich mindestens parallel mit der neuen Regierung konkret besprochen worden, sonst wäre diese rasche Verkündung nicht möglich gewesen. Es handelt sich dabei um ein Projekt zur Errichtung von AI-Rechenkapazitäten, also ein Infrastrukturprojekt. Das Vorhaben wird privat finanziert, ist aber durch Staatsaufträge zumindest teilweise hinterlegt. Hinzu kommen Zusagen bezüglich regulatorischer Erleichterungen und erforderlicher Genehmigungen. Anders wäre diese sogar für die Tech-Szene der USA große Summe nicht möglich. Dabei ist das Projekt trotz dieser Größe sogar nur ein Teil der gesamten AI-Aktivitäten. Goldman Sachs schätzte die Infrastruktur-Investments auf eine Billion, bevor dieses hier bekannt wurde!
Dabei ist die Recheninfrastruktur nur Basis für die eigentliche AI-Entwicklung, die zwei wesentliche Komponenten hat: Datenmenge und Modellgröße. Das sind zwei ganz entscheidende Ebenen, bei denen wir Europäer auf Augenhöhe bleiben können, wenn wir uns klug aufstellen. Dazu muss die Datenbeschaffung und Nutzung klug organisiert werden und die besten AI-Experten müssen auch für uns gewonnen werden. Das hat sehr viel mit Kompetenz zu tun, die in Europa vorhanden ist , aber auch diese Ebenen erfordern eine wettbewerbsfähige Kapitalausstattung.
Bei den ganz großen, führenden AI-Modellen wird diese enorme Rechenkapazität ein Wettbewerbsvorteil der USA werden, dem nach heutigen Maßstäben nur China folgen kann, wegen des Nvidia-Embargos, das genau hier seinen Grund hat, aber nur mit Mühe. Europa ist dabei schlecht aufgestellt und allenfalls eine gesamteuropäische Anstrengung könnte das verbessern. Bei kleineren und spezialisierten Modellen, vor allem für sehr konkrete industrielle Nutzungsformen in komplexen Umfeldern, ist der Zug noch keineswegs abgefahren!
Aber die Zeit drängt, denn dieses gewaltige Kapital aus den USA ist bekanntlich parallel auf Einkaufstour auch in Europa, um unser Knowhow einzubeziehen. Die Zeit drängt auch, weil es sich bei AI um einen exponentiellen Prozess handelt. Wir werden also in den nächsten Jahren den mehrfachen Fortschritt der letzten sehen, keinesfalls einen proportionalen. Es ist erkennbar, dass die neue US-Regierung das Thema ihrerseits beschleunigt und mit ihrer rasch durchgreifenden Methodik noch konsequenter umsetzen wird, als die vorherige.
Ein besseres Verständnis sowohl der Bedeutung als auch der Metrik von AI-Skalierung ist in Europa dringend erforderlich. Die Leistungsfähigkeit von AI skaliert exponentiell über Rechenkapazität, Daten und Modellgröße. Jeder Nachteil einer dieser Komponenten wirkt sich entsprechend exponentiell auf den Leistungsrückstand aus. Bei der Rechenleistung wird Europa wegen der kleineren Kapitalausstattung Nachteile haben. Bei den Modellen können wir mithalten, bei den Daten machen wir uns das Leben selbst schwer.
Das muss sich rasch ändern!
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