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Ein gefährlicher Balanceakt: Die FPÖ und der mögliche Kurswechsel in der Regierungsbildung

Herbert Kickl (CC BY-SA 4.0)
Herbert Kickl (CC BY-SA 4.0)

DMZ –  POLITIK  ¦ Anton Aeberhard ¦Herbert Kickl (CC BY-SA 4.0)

KOMMENTATR

 

Wien – Österreich steht vor einer politischen Zäsur. Nachdem die bisherigen Koalitionsgespräche gescheitert sind, hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen angekündigt, am Montag mit FPÖ-Chef Herbert Kickl über die Regierungsbildung zu sprechen. Die rechtspopulistische Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) hat bei der Nationalratswahl im September 2024 einen Wahlsieg errungen und erhebt Anspruch auf das Kanzleramt – eine Entwicklung, die nicht nur Österreich, sondern auch Europa vor Herausforderungen stellt.

 

Ein möglicher Wendepunkt für die Republik

Der Rücktritt von Karl Nehammer als ÖVP-Chef hat die politische Landschaft neu geordnet. Nehammer hatte eine Zusammenarbeit mit Herbert Kickl stets ausgeschlossen und auf die radikalen Positionen der FPÖ verwiesen, die demokratische Grundprinzipien infrage stellen. Sein Rücktritt eröffnet jedoch die Möglichkeit einer Koalition zwischen FPÖ und ÖVP, bei der die einst dominante Volkspartei zum Juniorpartner degradiert werden könnte.

 

Doch diese Aussicht wirft schwerwiegende Fragen auf: Kann und soll eine Partei wie die FPÖ, deren Politik von Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und antieuropäischen Tendenzen geprägt ist, Regierungsverantwortung übernehmen? Die Geschichte und die aktuellen Positionen der FPÖ lassen Zweifel daran aufkommen, dass sie eine konstruktive Rolle in einer Regierungskoalition spielen könnte.

 

ÖVP im Dilemma – Der neue Interimschef unter Druck

Mit Christian Stocker hat die ÖVP einen Interimschef ernannt, der sich in der Vergangenheit als entschiedener Kritiker Herbert Kickls positioniert hat. Seine deutlichen Worte im Parlament, dass niemand mit Kickl zusammenarbeiten wolle, sprechen für sich. Dennoch sieht sich die Partei angesichts des FPÖ-Wahlerfolgs gezwungen, ihre strategischen Optionen zu überdenken.

 

Eine Annäherung an die FPÖ würde jedoch nicht nur die ideologische Glaubwürdigkeit der ÖVP gefährden, sondern auch das politische Klima in Österreich nachhaltig vergiften. Die FPÖ hat in der Vergangenheit wiederholt bewiesen, dass sie bereit ist, demokratische Institutionen zu untergraben und gezielt gesellschaftliche Spannungen zu schüren, um politisches Kapital daraus zu schlagen.

 

Ein gefährlicher Weg für Österreich und Europa

Die Aussicht auf eine FPÖ-geführte Regierung unter Herbert Kickl ist nicht nur eine innenpolitische Frage. Eine solche Entwicklung könnte Österreichs Ansehen in Europa beschädigen und die ohnehin fragile Einheit innerhalb der EU weiter belasten. Die europäische Zusammenarbeit basiert auf gemeinsamen Werten wie Rechtsstaatlichkeit, Toleranz und Demokratie – Prinzipien, die von der FPÖ regelmäßig infrage gestellt werden.

Fazit: Eine Regierung mit der FPÖ ist eine Gefahr für die Demokratie

 

Die Gespräche zwischen Bundespräsident Van der Bellen und Herbert Kickl sind ein politischer Wendepunkt. Van der Bellen hat in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass er die Demokratie schützen will. Nun steht er vor der Herausforderung, diesen Anspruch in die Tat umzusetzen. Eine Regierungsbeteiligung der FPÖ wäre nicht nur ein Signal an Österreich, sondern an ganz Europa – ein Signal, dass Rechtspopulismus und Demokratie unter einem Dach kaum vereinbar sind.

 

Es ist daher umso wichtiger, dass politische Entscheidungsträger mit Bedacht handeln und sich ihrer Verantwortung bewusst sind. Die FPÖ mag durch Wahlerfolge Rückenwind haben, doch die Gefahren, die von einer solchen Regierung ausgehen, sind real: eine weitere Polarisierung der Gesellschaft, ein Rückschritt bei den Menschenrechten und eine Isolation Österreichs in Europa.

 

Die Geschichte hat gezeigt, dass der Preis für eine Regierungsbeteiligung von Rechtspopulisten hoch sein kann. Es liegt nun an allen Beteiligten, diesen Preis nicht erneut zahlen zu lassen.


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