DMZ – GESUNDHEIT ¦ Sarah Koller
KOMMENTAR
Der Artikel „Wann Kinder zu krank für die Kita sind“ berührt ein Thema, das viele Eltern in der Erkältungssaison beschäftigt. Doch gerade weil die Gesundheit von Kindern und die Sorge von Eltern zentrale gesellschaftliche Themen sind, tragen Medien hier eine besondere Verantwortung. Eine fundierte, wissenschaftlich präzise und sorgfältig kontextualisierte Berichterstattung ist unerlässlich – und daran mangelt es dem Artikel.
Fehlende wissenschaftliche Fundierung
Zwar stützt sich der Artikel auf die Aussagen eines Kinderarztes, doch fehlt es an belastbaren Verweisen auf aktuelle Studien oder medizinische Leitlinien. Aussagen wie „Ein leicht anhaltender Schnupfen ist kein Grund für einen Kita-Ausschluss“ oder „Es ist gewollt, dass das Immunsystem trainiert wird“, mögen beruhigend wirken, sind aber ohne den Verweis auf wissenschaftliche Evidenz problematisch. Insbesondere die Behauptung, dass die Farbe des Nasensekrets wenig über Ansteckungsgefahr aussage, könnte bei Eltern den Eindruck erwecken, dass Erkältungen generell harmlos sind. Dabei gibt es Infektionen, die auch bei leichten Symptomen hoch ansteckend sind – etwa RSV oder Influenza.
Unklare Abgrenzung und mögliche Missverständnisse
Die Empfehlung, Kinder ab einer Körpertemperatur von 38,5 Grad zu Hause zu behalten, ist ein sinnvoller Richtwert. Doch die Bemerkung, dass ein Kind bei „niedrigem Fieber um 38 Grad“ noch in die Kita gegeben werden könne, lässt Raum für gefährliche Interpretationen.
Fieber ist ein klares Anzeichen dafür, dass der Körper gegen eine Infektion kämpft – unabhängig davon, ob weitere Symptome vorliegen. Hier hätte der Artikel stärker differenzieren und auf die Risiken einer zu frühen Rückkehr in die Kita hinweisen müssen, beispielsweise auf die erhöhte Gefahr von Komplikationen oder erneuten Infektionsausbrüchen in der Gruppe.
Langzeitfolgen wie Long COVID bleiben unerwähnt
Obwohl ein Audio-Link zu Long COVID bei Kindern eingebettet ist, fehlt im Artikel eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Thema. Gerade in einer Zeit, in der die Bedeutung von Infektionsprävention noch immer unterschätzt wird, wäre es notwendig gewesen, auf die möglichen Langzeitfolgen von Infektionen wie COVID-19 oder anderen Viruskrankheiten hinzuweisen. Eltern haben ein Recht darauf, umfassend informiert zu werden, um Entscheidungen zum Wohl ihrer Kinder treffen zu können.
Die Rolle der Medien: Verantwortung statt Verharmlosung
Medien haben die Aufgabe, nicht nur Informationen bereitzustellen, sondern diese auch in den richtigen Kontext zu setzen. Die Tatsache, dass der Artikel wichtige Themen wie Hygieneprävention und Kinderkrankentage erwähnt, ist lobenswert. Doch durch die unzureichende wissenschaftliche Absicherung und die teilweise vereinfachte Darstellung droht er, die gesundheitlichen Risiken zu verharmlosen. Das ist besonders in einer Pandemie- und Post-Pandemie-Zeit unangebracht, in der die Gesellschaft eine erhöhte Sensibilität für Infektionsschutz entwickeln sollte.
Ein Appell an die Medienlandschaft
Die Berichterstattung über Gesundheitsthemen erfordert höchste Sorgfalt. Gerade bei Themen, die Kinder und ihre Gemeinschaften betreffen, darf es keinen Raum für unpräzise oder missverständliche Aussagen geben. Medien sollten verlässliche Quellen nutzen, evidenzbasierte Empfehlungen hervorheben und die langfristigen Auswirkungen von Erkrankungen berücksichtigen. Nur so können sie ihrer Verantwortung gerecht werden und das Vertrauen der Leser:innen stärken.
Gesundheit ist kein Bereich, in dem Halbwissen oder gut gemeinte, aber ungenaue Ratschläge Platz haben. Hier geht es um Aufklärung, nicht um Beruhigung – und das sollte der Maßstab für jeden journalistischen Beitrag sein.
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