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Statt weiterer Dunkelflauten-Dystopien wäre die Ursache für die Strompreiseskalationen zu recherchieren und zu vermitteln

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦     

KOMMENTAR

 

Als ich gestern bezüglich der Strompreiseskalation auf einen Short Squeeze hinwies, war das fachlich der m.E. einzig richtige Hinweis. Etwas breiter formuliert handelt es sich um einen Effekt an einer Börse, bei dem es Akteure mit Kauf- oder Verkaufszwängen gibt, von denen andere konkret wissen, die das entsprechend ausnutzen können. An der Aktienbörse gibt es umfassende Regeln, die solche Situationen vermeiden sollen und es gibt auch Durchgriffsrechte bis zu Handelsbeschränkungen oder Handelszwängen (Leerverkaufsverbot, Margin-Calls), um einzugreifen. An den Strombörsen passiert so etwas täglich und die dies handhabende Regulierung ist dem keineswegs gewachsen.

 

Es wird dringend Zeit, das Thema zu erkennen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen! Heute berichten nun auch Handelsblatt und FAZ über diese Mondpreise, aber es ist eine Enttäuschung mehr. Dass gestern die üblichen Medien und ganze Troll-Armeen das vorhersehbare Kasper-Theater inszenierten, ist leider inzwischen schon Gewohnheit, aber müssen die wenigen verbliebenen Qualitätsmedien das verlängern? Dabei hatten beide offenbar das Thema sogar „gefunden“, aber sie kommen einfach nicht weiter.

 

Auf LinkedIn promoten die HB-Autoren den Artikel.

Catiana Krapp skandalisiert den Preis und dessen Folgen, moniert dies und das, hat aber sogar die alles entscheidende Frage formuliert: Vorhandene Reserven, die gar nicht angefahren sind! Warum als Frage, warum nicht als Aufmacher, zentrales Thema und mit ein paar Antworten? Ihr Kollege Stratmann dreht das ganze zum „Systemabsturz“ mit einer Dunkelflaute-Dystopie mehr. Unfassbar! Besser die FAZ, die bereits im Titel klarstellt, dass selbst Fachleute den Preis nicht erklären können. Im Text findet sich sogar mehr, bis zu 50% der existierenden Kraftwerksreserven sind nämlich gar nicht genutzt worden. Ebenso endlich mal in der Presse der Hinweis auf das Kartellamt, welches genau diese, fachlich Preissetzungsmacht genannte Gefahr bereits thematisiert. Hindert die FAZ nicht, es bei diesen offenen Fragen zu belassen, statt die zu vertiefen und den langen Artikel dann doch wieder mit dem üblichen Geraune über Dunkelflauten, Atomkraftwerke und Stromimporte zu verwässern.

 

Einigkeit herrscht in beiden Redaktionen, dass nun dringend die von der Branche geforderten Kraftwerksreserven politisch zu beschließen seien. Aha, fassen wir das zusammen: Da lässt also eine Branche in einer Dunkelflaute die Hälfte ihrer existierenden Reserven ungenutzt herum stehen und fordert zufällig genau derzeit Fördermittel sowie einen gesetzlichen Rahmen für zukünftige Reserven, während die investigative Qualitätspresse sich genau dem anschließt und die Politik kritisiert, dieses Gesetz nicht auf die Straße zu bringen.

 

Ich fasse das mal aus meiner Sicht zusammen: Global werden momentan Kraftwerke reihenweise ausgelistet. Keine Bank finanziert so was mehr, klar, braucht man Politik dafür. Der Ausbau gilt momentan EE-Erzeugung und vor allem Speichern. Die ganze Forschung und Technologie fokussiert diese Lösungen. Welche Kraftwerke überhaupt und wofür gebraucht werden, ist „am Markt“ eine weitgehend offene Frage. Es ist logisch, dass Kraftwerksbetreiber möglichst jetzt schon für möglichst lange Zeit eine Absicherung für die Zukunft dieser Technologie haben wollen. Das darf aber keine politische Unterstützung finden und die Presse könnte dazu mal einen Beitrag leisten!

 

Ganz konkret und besonders dringend ist zunächst zu klären, wie diese Preise zustande kommen und welche Akteure hier die Situation nutzen. Ich betone, dass ich hier keinerlei illegales oder verwerfliches Verhalten vermute, das ist sehr wahrscheinlich legal und auch legitim. Es ist trotzdem sehr schädlich, darüber ist nun auch genug gesagt, es ist politisch endlich darüber zu reden, wie man das abstellt, statt über Förderkulissen zu streiten, wie man das auch noch fortsetzen könnte.

 

Ich nebenberuflicher Hobbyschreiber hatte das Thema mehrfach, zuletzt dieses konkrete sogar 2023 angerissen, das Kartellamt

keineswegs jetzt, sondern 2021 schon. Statt der nächsten Dunkelflaute-Dystopien sollten wir vielleicht mal über Marktdesign und Preismechanismen reden!


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