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Long COVID: Eine wachsende soziale und wirtschaftliche Herausforderung für Australien

DMZ –  POLITIK  ¦ Anton Aeberhard ¦

 

Australien sieht sich einer neuen und anhaltenden Gesundheitskrise gegenüber: Long COVID. Die Erkrankung betrifft nicht nur Einzelpersonen, sondern hat auch weitreichende soziale und wirtschaftliche Konsequenzen. Laut einer Studie der Australian National University leiden schätzungsweise bis zu 20 % der Australier drei Monate nach einer COVID-Infektion an Long COVID – darunter vor allem Frauen, aber auch Männer und Kinder. Mit jeder neuen Infektionswelle steigt die Zahl der Betroffenen, die oft über Monate oder gar Jahre nicht mehr vollständig an ihrem Leben teilnehmen können.

 

Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen

Long COVID verursacht erhebliche Einschränkungen: Betroffene können oft nicht arbeiten oder ihren familiären Verpflichtungen nachkommen. Ein Bericht der australischen Parlamentskommission zu Long COVID beschreibt die Auswirkungen als „verlorene Einkommen, finanzielle Belastungen für Haushalte und in einigen Fällen eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit“. Eine Studie im Medical Journal of Australia schätzt, dass allein eine Infektionswelle im Jahr 2022 durch Arbeitsausfälle Kosten in Höhe von 9,6 Milliarden AUD verursachte.

 

Besonders alarmierend ist, dass die Krankheit vor allem Menschen in ihren produktivsten Lebensjahren trifft. Daten des Australischen Statistikamts zeigen, dass der Anteil der Personen im Alter von 35 bis 44 Jahren, die aufgrund von Behinderungen arbeitsunfähig sind, gestiegen ist – ein ungewöhnliches Phänomen angesichts der aktuell niedrigen Arbeitslosenquote.

 

Was ist Long COVID?

Long COVID ist ein Sammelbegriff für verschiedene Symptome, die nach einer COVID-Infektion anhalten. Experten unterscheiden drei Hauptgruppen:

  1. Personen mit Folgeschäden an der Lunge oder langanhaltendem Husten.
  2. Personen, deren Geruchssinn erst nach langer Zeit zurückkehrt.
  3. Eine dritte Gruppe, die am schwerwiegendsten ist: Menschen mit anhaltenden, unerklärlichen Symptomen wie Erschöpfung, Schmerzen und neurologischen Problemen, selbst nach milden Krankheitsverläufen.

Diese letzte Gruppe überschneidet sich mit der Krankheit Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS), einer postinfektiösen Erkrankung, die Frauen überproportional betrifft und oft Jahrzehnte andauert.

 

Mögliche Ursachen und neue Forschungsergebnisse

Die genauen Ursachen von Long COVID sind noch nicht vollständig geklärt. Es gibt zwei führende Theorien:

  • Virale Persistenz: Das Virus verbleibt im Körper und verursacht langfristige Schäden. Das Burnet Institute in Australien unterstützt diese Hypothese. Französische Forscher fanden kürzlich Hinweise, dass das Virus in speziellen Immunzellen (Megakaryozyten) verbleiben könnte, die Blutgerinnungsfaktoren produzieren.
  • „Hit-and-Run“-Theorie: Das Virus löst eine Störung des Immunsystems aus, selbst wenn es aus dem Körper verschwunden ist.

Beide Ansätze bieten Ansatzpunkte für potenzielle Therapien. Die Erfahrungen mit anderen viralen Erkrankungen wie HIV/AIDS, Polio oder dem Epstein-Barr-Virus, das mit Multipler Sklerose in Verbindung gebracht wird, zeigen, dass Infektionen langfristige Gesundheitsfolgen haben können.

 

Handlungsbedarf und Perspektiven

Die Bekämpfung von Long COVID erfordert umfassende Forschung und gezielte Maßnahmen. Impfungen scheinen das Risiko zu senken, doch eine Heilung bleibt für viele Betroffene ein fernes Ziel. Die Entwicklung wirksamer Therapien könnte jedoch eine entscheidende Wende bringen – ähnlich wie bei anderen viralen Erkrankungen.

 

Australien steht vor der Aufgabe, die gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen von Long COVID anzuerkennen und entschlossen zu handeln. Nur so können die Betroffenen wieder ein aktives Leben führen und die Gesellschaft vor den langfristigen Folgen dieser neuen Gesundheitskrise geschützt werden.


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