DMZ – MEDIEN ¦ Sarah Koller ¦
Elon Musk und seine Plattform X (ehemals Twitter) stehen erneut im Fokus der Öffentlichkeit – diesmal wegen einer Klage gegen mehrere große Unternehmen und einen Branchenverband. Grund ist der Rückzug zahlreicher Firmen von Werbebuchungen bei X, was Musk als illegalen Gruppenboykott wertet.
Hintergrund der Klage
Die Plattform X hat den Branchenverband World Federation of Advertisers (WFA) sowie Unternehmen wie Unilever, Mars, CVS Health und den dänischen Energiekonzern Ørsted verklagt. Musk wirft ihnen vor, gemeinsam die Schaltung von Werbung auf X eingestellt zu haben. Dies sieht das Unternehmen als Verstoß gegen das US-Kartellrecht, insbesondere den Sherman Antitrust Act, an.
X fordert von den Beklagten nicht nur Schadenersatz in dreifacher Höhe der entgangenen Einnahmen, sondern auch eine Unterlassung, weiterhin kollektiv keine Werbung bei X zu schalten. Pikant: Neben den direkten Beklagten nennt die Klage auch „Mitverschwörer“, die angeblich ebenfalls zum Werbeboykott beigetragen haben sollen.
GARM und die freiwilligen Richtlinien
Ein zentraler Punkt in der Auseinandersetzung ist die Global Alliance for Responsible Media (GARM), eine Initiative zur Förderung verantwortungsvoller Werbung. Die GARM-Richtlinien zielen darauf ab, Marken vor negativen Assoziationen mit problematischen Inhalten zu schützen. Auch X selbst gehört dieser Allianz an.
Laut der Klage habe die WFA, die hinter GARM steht, nach der Übernahme von Twitter durch Musk aktiv einen Boykott initiiert. Ein offener Brief aus dem Jahr 2022 an Musk soll dazu geführt haben, dass Werbeagenturen ihre Kunden vor der Schaltung von Anzeigen auf der Plattform warnten.
Die Mitgliedschaft bei GARM ist jedoch freiwillig, ebenso wie die Einhaltung ihrer Richtlinien. Sanktionen für Verstöße gibt es keine, was die rechtliche Grundlage der Klage weiter schwächt.
Fragwürdige juristische Argumentation
Die Klage von X argumentiert, dass der vermeintliche Boykott gegen die wirtschaftlichen Interessen der Werbetreibenden verstoße, da Werbung auf X günstiger sei als auf anderen Plattformen. Damit jedoch gerät X in ein juristisches Dilemma: Nach US-Recht sind gemeinschaftlich organisierte Boykotte nur dann unzulässig, wenn sie den Boykottierenden wirtschaftliche Vorteile verschaffen. Liegen die Gründe in ethischen oder reputationsbezogenen Überlegungen, gelten solche Maßnahmen als zulässig – ein Grundsatz, den der US-Supreme Court bereits 1982 festlegte.
Musks Eskalation – Strategie oder Verzweiflung?
Elon Musk selbst hatte Ende 2023 auf einer öffentlichen Veranstaltung Unternehmen, die sich von X zurückzogen, direkt konfrontiert: „Don’t advertise. Go fuck yourself.“ Dieses aggressive Vorgehen hat offenbar das Gegenteil bewirkt. Viele Marken sehen X mittlerweile als riskantes Umfeld für ihre Reputation.
Die Plattform hat in den letzten Monaten massive Einbußen bei Werbeeinnahmen hinnehmen müssen. Experten gehen davon aus, dass nicht nur Musks öffentliches Auftreten, sondern auch die Zunahme problematischer Inhalte auf X dafür verantwortlich ist.
Fazit
Die Klage gegen Werbekunden könnte für Musk zum Bumerang werden. Statt verlorene Einnahmen zurückzugewinnen, droht X ein weiterer Reputationsverlust. In einer Zeit, in der Vertrauen und Markenimage für Unternehmen oberste Priorität haben, wirkt Musks Strategie wenig zielführend. Es bleibt abzuwarten, ob die Gerichte seine Argumentation stützen – oder ob sie die Klage als juristischen Schnellschuss ohne Substanz abtun.
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