„Causa Habeck“: Wie ein Strafantrag zur Eskalation im Diskurs wurde

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦    

KOMMENTAR

 

Fassen wir es zusammen, obwohl es garantiert nicht beendet ist: Habeck stellt diesen „Schwachkopf“-Strafantrag. Ein Vorgang, der selbstverständlich nicht von ihm, sondern von Mitarbeitern ausgelöst wird. Ein Verfahren, das Staatsanwälte vom Schreibtisch lösen: Sachverhalt klar, bestens dokumentiert, Beschuldigter klar, im Zweifel online sofort zu ermitteln, hier nicht mal notwendig. Vorliegend ein Sachverhalt übrigens, der nach Einschätzung der meisten Juristen niedergeschlagen wird, weil Habeck sich das als Politiker gefallen lassen muss.

 

Nun erfolgt aber sechs Monate später eine Hausdurchsuchung bei dem Beschuldigten und die Kampagne dreht hohl: Habeck veranlasst Hausdurchsuchung wegen freier Meinungsäußerung. Rechtsanwälte und Juristen lassen sich zu mehr oder weniger offensichtlichen Spekulationen hinreißen, was da alles gelaufen ist, wie zwischen Habeck und Staatsanwaltschaft möglicherweise gekungelt wurde, weshalb Staatsanwälte da gerne übergriffig werden.

 

Offensichtlich lächerlich. Was tatsächlich passierte, ist eine Diskursverschiebung und Verengung. Plötzlich redeten ganze Echoblasen sich nur über diese Causa-Habeck in Rage, als ob es von Trump über Ukraine bis zur Regierungskrise und dem bereits erkennbaren ökonomischen Schaden keine anderen Themen mehr gebe. Ich hatte zum Wahlkampf eine kleine Zusammenfassung mit 14 einzelnen Kampagnen gemacht, von der rechten Hetze gegen Merz über die Versuche Lindners, Scholz zu belasten bis zu einem Beispiel aus der Lügenkampagne gegen Habeck. Selbst bei mir wurde aber nur letztere und das besonders kontrovers diskutiert.

 

So funktioniert das und es wird weiter gehen, obwohl die Staatsanwaltschaft nun klar stellte, dass die Durchsuchung bereits vor dem Habeck-Antrag geplant war. „Dürfen“ Politiker solche Anzeigen stellen, „dürfen“ Staatsanwälte so vorgehen, „dürfen“ Meldeportale für solche Beleidigungen, Hass und Hetze betrieben werden?

 

Kann man alles diskutieren, hat sehr viel mit dem Recht und den Grenzen der Meinungsfreiheit zu tun. Schwieriges Thema, aber anderes Thema und keines, das man mit genau diesem Vorgang von sehr vielen irgendwie weiter bringt. Darum geht es den Initiatoren und vielen Lautsprechern dieser Kampagne natürlich keinesfalls. Erkennbar drehen die nun weiter auf, das neue Narrativ geht gegen Meldeportale, übergriffigen Staat und den pingelingen Habeck, der – auch wenn es so nicht da steht – schließlich ein Schwachkopf ist und ein armer Rentner hat nur gesagt, was endlich mal zu sagen war.

 

Wie das jemals wieder einzufangen ist, weiß niemand. Diese Strafanträge sind offensichtlich kontraproduktiv, was aber nur sagt: Wir sind schon so weit, dass Politiker die Justiz nicht mehr auf die Prüfung ihrer Rechte hinweisen können, ohne dass ein Shit-Storm sich über sie ergießt.

 

Jeder, der in den letzten Tagen meinte, diese forensische Untersuchung, ob Habeck da vielleicht doch gemauschelt habe oder die Staatsanwaltschaft übergriffig wurde, sollte sich sehr ernst prüfen, warum er das genau jetzt tat, warum genau das gerade Aufmerksamkeit verdiente, warum diese wirklich schwierige Frage der Meinungsfreiheit in der Nähe von Habeck diskutiert werden muss.

 

Nur da, also am Ende dieser verheerenden Wirkungskette lässt sich das wieder drehen.


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