DMZ – POLITIK ¦ David Aebischer ¦
Bern – Das neue Informationsblatt des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) für Schulen stellt einen bedeutenden Fortschritt für den Umgang mit Long/Post Covid bei Kindern und Jugendlichen
dar. Erarbeitet von einer interdisziplinären Expertengruppe, soll es Schulleitungen, Lehrkräften und schulischen Fachpersonen im ganzen Land bei der Unterstützung betroffener Schülerinnen und
Schüler helfen. Alle Experten konnten dazu Inputs einreichen.
Die Organisationen Long Covid Kids Schweiz und #ProtectTheKids Schweiz sind besorgt, dass die Verteilung des Informationsmaterials durch die zuständige EDK erst kurz vor Weihnachten
erfolgen könnte, was die erhofften Verbesserungen für Betroffene weiter verzögern würde.
„Der Handlungsbedarf ist akut,“ betont Claudia Schumm, Vorstandsmitglied von Long Covid Schweiz und Präsidentin von Long Covid Kids Schweiz, die sich intensiv an der Entwicklung des Informationsblatts beteiligte. „Die Expertengruppe hatte das dreisprachige Informationsblatt Ende Juni fertiggestellt und geplant, das Informationsmaterial den Zielgruppen - Schulleitungen und Lehrpersonen - zu Beginn des Schuljahres zur Verfügung stellen zu können. Die EDK wünschte anschließend noch eine Änderung, die berücksichtigt wurde. Seit dem 10. September steht das Informationsmaterial zwar auf der BAG-Webseite zur Verfügung (siehe Informationen zur Post-Covid-19-Erkankung, weit nach unten scrollen). Doch Verzögerungen im Verteilungsprozess, welcher der EDK obliegt, könnten dazu führen, dass es erst zu Weihnachten ankommt – ein untragbarer Zustand für die betroffenen Familien."
Das BAG-Informationsblatt fasst die häufigsten Symptome wie Erschöpfung, Schmerzen und kognitive Beeinträchtigungen bei Kindern und Jugendlichen zusammen und gibt Empfehlungen für Pacing und schulische Anpassungen. Diese Maßnahmen sollen verhindern, dass die betroffenen Schülerinnen und Schüler durch Überanstrengung Rückschläge erleiden oder sich ihre Symptome langfristig verschlimmern. Besonders dringend ist diese Unterstützung, weil Schulen oft wenig über Long Covid wissen und die Langzeitfolgen viraler Infektionen unterschätzen.
Einblicke von Betroffenen und der steigende Unterstützungsbedarf
In unserer Begleitung des Themas führten wir ein Interview mit Dr. Fredy Neeser, wissenschaftlicher Berater von #ProtectTheKids. Neeser hebt die Dringlichkeit hervor: „Bei einer im Vergleich zur Studienlage konservativen Prävalenzschätzung von 1.0 % würden mindestens 18’000 Kinder und Jugendliche in der Schweiz die Kriterien für Long Covid erfüllen.“ Seine Schätzung basiert auf aktuellen Daten des britischen Office of National Statistics, das für März 2024 bei den 3–17-Jährigen eine Long Covid Prävalenz von ziemlich genau 1.0 Prozent ermittelte, was gegenüber Dezember 2023 einem Anstieg um 32 Prozent entsprach. „Dieser Anstieg um einen Drittel in nur drei Monaten sollte uns allen zu denken geben“, so Neeser.
„Viele betroffene Kinder und Jugendliche leiden unter Symptomen, die ihren Schulalltag erheblich beeinträchtigen – darunter Erschöpfung, Kopf- und Gelenkschmerzen sowie kognitive Schwierigkeiten,“ erläutert Schumm. Diese Symptome machen nicht nur den Unterricht selbst schwierig, sondern führen oft dazu, dass Schülerinnen und Schüler den Präsenzunterricht nur unregelmäßig oder gar nicht mehr besuchen können. Besonders betroffen sind Kinder und Jugendliche mit postexertioneller Malaise (PEM), bei der bereits geringfügige Belastungen zu einem völligen Zusammenbruch führen können. Schumm weist darauf hin, dass das Informationsblatt erstmals klare Empfehlungen für die individuelle Anpassung des Unterrichts an die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler enthält, die PEM erleiden.
Mangel an Unterstützung und psychologische Fehlinterpretation
Auch in der medizinischen Betreuung gibt es noch gravierende Defizite. Schwere Long-Covid-Fälle werden oft unzureichend versorgt, da Ärztinnen und Ärzte sowie Kinderkliniken entweder keine Ressourcen haben oder Long Covid häufig psychologisieren. „Eltern hören allzu oft, dass die Symptome psychosomatisch seien. Dies trägt zur Stigmatisierung und Belastung der Betroffenen bei“, erklärt Schumm. Einige Eltern in der Unterstützungsgruppe berichten sogar von Anschuldigungen wie dem Münchhausen-by-Proxy-Syndrom, einer Form der Kindesmisshandlung. „Diese Vorwürfe sind nicht nur belastend, sondern entbehren jeder Grundlage.“
Der Kanton Thurgau hat als erster eine einheitliche Regelung erlassen, die bis zu fünf Lektionen Einzelunterricht für betroffene Kinder pro Woche garantiert. Jedoch bemängeln Familien, dass diese Information nicht ausreichend kommuniziert wird. Die Diskrepanz zwischen diesen Fällen und dem Thurgauer Modell zeigt, dass viele Schulgemeinden beim Thema Long Covid nach wie vor im Dunkeln tappen.
Belastung der betroffenen Familien
Der Alltag für Familien mit Long-Covid-betroffenen Kindern ist oftmals zermürbend. Eltern müssen häufig ihre Arbeitszeit reduzieren oder den Beruf aufgeben, um die notwendige Betreuung zu gewährleisten. Auf der Suche nach Therapiemöglichkeiten geraten Familien an ihre finanziellen Grenzen und müssen gelegentlich sogar zu Spendenkampagnen greifen. Ein Mangel an verlässlichen Daten zur Prävalenz von Long Covid in der Schweiz erschwert die Situation weiter. „Fünf Jahre nach Beginn der Pandemie fehlen in der Schweiz belastbare Daten zu Long Covid bei Kindern und Jugendlichen“, erklärt Dr. Neeser im Interview.
Lesen Sie hier das vollständige Interview mit Claudia Schumm und Dr. Fredy Neeser.
DMZ: Welche spezifischen Inhalte und Handlungsempfehlungen enthält das Informationsblatt des BAG zu Long Covid? Wie wurden die Themen und Empfehlungen ausgewählt, und welche Experten waren in der interdisziplinären Arbeitsgruppe vertreten?
Im Informationsblatt geht es insbesondere um die medizinischen Fakten zu Long Covid bei Kindern und Jugendlichen. Weiter werden die Herausforderungen im Schulalltag angesprochen und konkrete Handlungsansätze aufgezeigt, mit denen die Schulen betroffene Kinder und Jugendliche unterstützen können. Es wird auch über “Pacing” gesprochen (Einteilung der noch vorhanden Energie, damit es nicht zu einer Überlastung kommt), und am Schluss geht es um mögliche Anlaufstellen wie die Long Covid-Sprechstunden und Organisationen, die den Familien beratend im Alltag zur Seite stehen können, was im Moment praktisch ausschließlich durch die Patientenorganisation Long Covid Kids Schweiz erfolgt.
Ausgewählt wurden die Expertinnen und Experten vom BAG.
Das BAG hat Long Covid Kids Ende des letzten Jahres kontaktiert. Long Covid Kids hat anschließend von der Interface Politikstudien Forschung Beratung AG den Auftrag erhalten, für zwei Workshops inhaltliche Inputs zu liefern. Die Workshops fanden im Februar und April 2024 statt. Dazwischen und danach hatte Long Covid Kids immer wieder die Möglichkeit, Inputs einzubringen. Die Organisation durch das BAG war sehr gut, alles lief reibungslos und schnell, und wir waren Ende Juni fertig. Es war uns wichtig, dass das Informationsblatt vor dem Schulstart erscheint, weil dann viele Klassen- und Schulhauswechsel stattfinden und die Schulleitungen und Lehrpersonen, die neu ein Kind mit Long Covid im Schulhaus/Klassenzimmer haben, auf Informationen zur Krankheit angewiesen sind.
DMZ: Was führte konkret zu den Verzögerungen bei der Veröffentlichung des Informationsblatts? Welche Rolle spielte die EDK, und warum wurden nach Fertigstellung Änderungen
gefordert?
"Die EDK wünschte eine Änderung, auf die ich hier nicht weiter eingehen möchte – sonst hätte ich das Gefühl, Internes aus der Expertengruppe nach außen zu tragen", sagt Claudia Schumm. "Diese Änderung verzögerte den Versand des Faktenblatts um etwa zwei Monate. Danach hätten wir betroffene Familien erwartet, dass der Versand nun ruckzuck erfolgt. Aber dieser verzögerte sich weiterhin. Dieses Informationsblatt ist das erste offizielle Dokument zu Long Covid bei Kindern und Jugendlichen. Wir sind sehr erfreut, dass das BAG dafür die Initiative ergriffen hat. Aufklärung in den Schulen ist dringend wichtig – erst kürzlich hat eine Schule eine Gefährdungsmeldung bei der KESB gemacht, weil eine Jugendliche mit Post Covid, respektive ME/CFS schon seit Monaten nicht mehr den Präsenzunterricht besuchen kann."
DMZ: Welche Schritte oder Pläne gibt es, um das Verständnis von Long Covid und ME/CFS bei Kindern und Jugendlichen in Schulen und bei medizinischen Fachkräften zu fördern? Welche
Maßnahmen empfehlen Long Covid Kids Schweiz und #ProtectTheKids Schweiz, um die Unterstützung betroffener Familien und Schulen zu verbessern?
Äußerst wichtig ist die Schulung des medizinischen Fachpersonals. Die Krankheit ME/CFS ist bei der Ärzteschaft so gut wie unbekannt, weil sie im Medizinstudium nicht vorkommt. Es gibt auch Ärztinnen und Ärzte, die ME/CFS kennen, die Krankheit aber psychologisieren oder aus Prinzip nicht anerkennen. Es gibt ganz wenige Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz, die sich schon seit Jahrzehnten mit ME/CFS beschäftigen und wissen, dass diese Krankheit neuro-immunologisch, also körperlich ist.
Das Informationsblatt ist sehr wichtig, weil die Schulen von offizieller Seite her erfahren, dass es Long Covid auch bei Kindern und Jugendlichen gibt.
Was es dringend braucht, ist ein ein interdisziplinäres Kompetenzzentrum für Langzeit- und Spätfolgen von Infektionskrankheiten. Es braucht Spezialisten, die sich mit der Krankheit auskennen, Forschung betreiben und die neuen Erkenntnisse in ihre Arbeit einfließen lassen. Zusätzlich braucht es Kohorten und auch Beratungsstellen in den Kantonen, an die sich Familien wenden können, wenn es um eine IV-Anmeldung des Kindes oder um eine Hilflosenentschädigung für die betreuenden Eltern geht. Auch der Austausch mit den Schulen ist wichtig, damit für die betroffenen Kinder und Jugendlichen Risiken reduziert und geeignete Lösungen gefunden werden können.
Wir von der Patientenorganisation Long Covid Kids Schweiz würden uns gerne mit dem BAG, der EDK, der GDK und Medizinern an einen runden Tisch setzen, damit eine Auslegeordnung der größten Probleme gemacht werden kann und erste Maßnahmen zur Unterstützung der Familien eingeleitet werden können.
Gemeinsam mit #ProtectTheKids Schweiz fordern wir auch den Einsatz von technischen Hilfsmitteln zur Verbesserung des Infektionsschutzes durch Verringerung des Übertragungsrisikos von Virusinfektionen in den Klassenzimmern, um die damit verbundenen Risiken von Langzeit- und Spätfolgen für alle Schülerinnen, Schüler und ihre Familien, aber auch für alle Lehrpersonen zu reduzieren. In besonderem Masse gilt dies für Kinder und Jugendliche, die aufgrund von Long Covid bei einer Reinfektion ein erhöhtes Risiko für eine Verschlimmerung des Verlaufs haben, und für Lehrpersonen, die nachgewiesenermaßen ein erhöhtes Risiko für Long Covid haben.
DMZ: Warum gibt es nur im Kanton Thurgau eine einheitliche Regelung zur Unterstützung von Long-Covid-Betroffenen in Schulen? Welche Bestrebungen bestehen, ähnliche Regelungen auf
andere Kantone auszudehnen, und welche Hindernisse verhindern eine landesweite Umsetzung?
Je nach Kanton bestehen bereits Regeln für Fern- oder Einzelunterricht durch die Volksschule. Sie gehören zu den sonderschulischen Maßnahmen. Es liegt dann an der Schulkommission oder der Schulleitung einer Gemeinde, diese auch im Fall von Long Covid umzusetzen. Das ist nicht selbstverständlich, weil eine medizinische Behandlung per se keinen Sonderschulbedarf begründet. Die Finanzierung einer Spitalbeschulung durch die Schulgemeinden hingegen ist wieder klar geregelt. Eine Empfehlung jedes Kantons wäre deshalb hilfreich, was im Fall von Long Covid getan werden kann beziehungsweise muss.
Wir hatten auch Gespräche mit den Kantonen Zürich und St. Gallen bezüglich des Einzelunterrichts. Eine einheitliche Regelung war in diesen Kantonen jedoch nicht möglich/wurde abgelehnt.
Das jahrelange Verharmlosen der Infektion als “Schnupfen”, das Normalisieren regelmäßiger Reinfektionen mit einem Virus, das Schäden in nahezu allen Organsystemen verursachen kann, das Verschweigen des weiterhin hohen Ansteckungsrisikos und der Folgekrankheit, deren Name nicht genannt werden darf, hat der Verdrängung von “Long Voldemort” respektive der Psychologisierung von Long Covid Vorschub geleistet.
Diese Mechanismen haben dazu geführt, dass das seit 2021 durch unzählige Studien gefestigte Wissen über die Langzeit- und Spätfolgen in der Bevölkerung noch nicht angekommen ist. So hat die Unkenntnis über das Leitsymptom der postexertionellen Malaise (PEM) häufig dazu geführt, dass Kinder und Jugendliche, die aufgrund von PEM ihre Energielimiten bei körperlichen oder geistigen Aktivitäten nicht überschreiten sollten, bei Behörden und Schulleitungen auf wenig Verständnis stießen.
Der Aufklärungsbedarf bei Schulleitungen, Lehrpersonen und Eltern, aber auch bei den Schulbehörden und bei den KESB in den Kantonen, ist entsprechend groß.
DMZ: Wie weit verbreitet ist die Psychologisierung von Long Covid und ME/CFS bei Kindern in der Schweiz, und welche strukturellen Ursachen gibt es dafür? Welche Ansätze werden
diskutiert, um die medizinische und soziale Unterstützung für betroffene Kinder zu verbessern?
Die Psychologisierung begann bereits 2021, als in der Schweiz Druck auf die Behörden ausgeübt wurde, Schutzmaßnahmen aufzuheben oder gar nicht erst einzuführen (wie es in mehreren Kantonen geschah) und möglichst schnell zur Normalisierungsphase des Drei-Phasen-Modells überzugehen. Seit Beginn der Covid-Pandemie verbreiteten auch Schweizer Kinderärzte die Behauptung, die Krankheit stelle für Kinder nur ein geringes Risiko dar, weil man davon ausging, dass die geringere Rate schwerer akuter Erkrankungen bei Kindern die ganze Wahrheit sage. Ungeachtet der Tatsache, dass die Untersuchung von Langzeit- und Spätfolgen eines neuen Erregers und auch von neuen Virusvarianten viel längere Beobachtungszeiten erfordert, wurde bereits im März 2021 Entwarnung vor Long Covid bei Kindern gegeben, verbunden mit der befremdlichen Behauptung, die coronabedingten Einschränkungen hätten größere Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche als die Infektion selbst.
Das Fehlen von einfach einsetzbaren Biomarkern zur Diagnose von Long Covid trägt ebenfalls zur Psychologisierung bei.
Auch psychologische Effekte spielten eine Rolle: Als Gesundheitspolitiker Entwarnung gaben und Vertreter von Pädiatrie Schweiz sich gegen Schutzmaßnahmen für Kinder in Schulen aussprachen, schlossen viele Menschen daraus, dass das Virus für Kinder harmlos sein müsse.
Die kommunikative Fokussierung auf die Gruppe besonders gefährdeter Personen war und ist zudem ein Konzept einer Outgroup, mit dem man der Bevölkerung die bequeme (aber falsche) Vorstellung vermitteln konnte, alle übrigen Gruppen (wie Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene) seien kaum gefährdet.
Unsere wichtigsten Forderungen zur Verbesserung der medizinischen und sozialen Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit Long Covid sind
- die Einrichtung eines interdisziplinären Kompetenzzentrums für Langzeit- und Spätfolgen von Infektionskrankheiten,
- eine finanzielle Unterstützung durch die Kantone für die Patientenorganisationen, die betroffene Familien nun schon seit Jahren mit großem Engagement auf freiwilliger Basis unterstützen und beraten,
- eine angemessene schulische Unterstützung für Kinder und Jugendliche, die wegen Long Covid den Präsenzunterricht nicht oder nur mit einem kleinen Pensum besuchen können,
- technische Hilfsmittel zur Reduktion des Ansteckungsrisikos in Schulräumen, sowie
- gezielte Förderprogramme für Forschung zu Long Covid bei Kindern und Jugendlichen.
DMZ: Auf welchen Studien und Datengrundlagen basieren die aktuellen Schätzungen zu Long Covid bei Kindern und Jugendlichen in der Schweiz? Sind systematische Erhebungen geplant, um die
Prävalenz und Entwicklung der Fälle besser zu dokumentieren?
Wir gehen von aktuellen, konservativen Schätzungen des Office of National Statistics (ONS) aus, welches für die 4-wöchige Periode bis zum 07.03.2024 eine Prävalenz von Long Covid bei den 3 bis 17-Jährigen von rund 1.0% ermittelte.
Diese Schätzungen sind aus folgenden Gründen konservativ: Es ist grundsätzlich schwierig, Symptome von Long Covid bei Kindern unter sechs Jahren zu erfassen, da jüngere Kinder weniger in der Lage sind, Symptome zu erkennen und zu beschreiben. Zudem gibt es für Kleinkinder von 0 bis 2 Jahren keine ONS-Daten.
Die Angaben, wie viele Minderjährige von Long Covid betroffen sind, schwanken erheblich – zwischen weniger als 1 % und 30 %. Wie bei den Erwachsenen liegt der Grund für diese großen Differenzen unter anderem an unterschiedlichen Falldefinitionen und Untersuchungsmethoden. Es macht einen großen Unterschied, ob die “klassische” Definition von Long Covid (anhaltende oder neu auftretende Symptome vier Wochen nach der Infektion) oder diejenige von Post Covid (anhaltende oder neu auftretende Symptome zwölf Wochen nach der Infektion, gemäß Definition der WHO) verwendet wird.
Minimalistische PCR-Teststrategien bei Kindern haben zu Unsicherheit darüber geführt, ob ein Kind der infizierten Gruppe oder der Kontrollgruppe zuzuordnen ist. Darüber hinaus haben sie die Erkennung von Long Covid erschwert – insbesondere in Studien, die in der Falldefinition von Long Covid den Nachweis einer SARS-CoV-2-Infektion voraussetzen (Razzaghi et al., 2024).
Offizielle, systematische Erhebungen wären dringend, aber bis heute sind uns keine Bemühungen bekannt, solche Erhebungen durchzuführen.
DMZ: Wie reagiert die Schweiz auf die steigenden Fallzahlen und die nachgewiesene Langzeitbelastung durch Long Covid? Gibt es Initiativen für die medizinische Weiterbildung,
spezifische Forschungsprogramme oder Pläne zur verbesserten Integration der Long-Covid-Versorgung?
Die Schweizer Behörden informieren unzureichend und für die Öffentlichkeit kaum sichtbar auf die nachgewiesenen Langzeit- und Spätfolgen von Covid-19.
Wir fordern eine obligatorische Fortbildung des Gesundheitspersonals in den Spitälern und Praxen zu Long Covid und ME/CFS bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern.
Außerdem verweisen wir auf die oben genannten Forderungen zur Verbesserung der medizinischen und sozialen Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit Long Covid.
DMZ: Plant das BAG, auf die Kritik an der Datenlage zu reagieren und eine nationale Erhebung zu Long Covid zu initiieren? Wie könnten britische ONS-Daten in die Schweizer Debatte
einfließen?
Das Informationsblatt des BAG ist ein wichtiger erster Schritt zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das zunehmende Problem der mit Covid-19 verbundenen Langzeit- und Spätfolgen bei Kindern und Jugendlichen, die in den Schulen erhöhten Risiken ausgesetzt sind.
Die Online-Surveys des britischen ONS sind gut gemacht - diese Methode könnte auf die Schweiz adaptiert werden, um die Prävalenz von Long Covid und einzelnen Symptomen in verschiedenen Altersgruppen abschätzen und ihre Entwicklung überwachen zu können.
Long Covid Kids Schweiz ist eine Patientenorganisation, die Teil von Long Covid Schweiz ist. Sie betreut seit Jahren ehrenamtlich Familien mit Kindern und Jugendlichen, die von Long Covid betroffen sind, häufig in Fällen mit der schweren Ausprägung ME/CFS und über Monate oder Jahre andauernden Beschwerden.
#ProtectTheKids Schweiz engagiert sich seit 2021 ehrenamtlich für wirkungsorientierte Schutzmaßnahmen wie Luftfilter und mechanische Lüftungen, um das hohe Risiko der Fernübertragung von SARS-CoV-2 in unzureichend belüfteten Schulräumen und die Risiken durch Covid-19 und damit verbundene Langzeit- und Spätfolgen zu verringern.
Für weitere Informationen:
Claudia Schumm, Präsidentin Long Covid Kids Schweiz,
Telefon: 079 653 80 84, E-Mail: info@longcovidkids.ch
Fredy Neeser, Dr. sc. techn. ETH, Wissenschaftliche Beratung #ProtectTheKids Schweiz,
Telefon: 079 685 12 54, E-Mail: fredy.neeser@protect-the-kids.ch
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