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Hoch-funktionale Depression – Das unsichtbare Leiden

DMZ–GESELLSCHAFT/ Liselotte Hofer

KOMMENTAR 

 

Depressionen sind vielfältig und oft schwer zu erkennen, insbesondere wenn Betroffene im Alltag scheinbar problemlos funktionieren. Die sogenannte hoch-funktionale Depression beschreibt Menschen, die trotz innerem Leiden nach außen hin leistungsfähig erscheinen. Diese Form der Depression bleibt häufig lange unentdeckt, da die Betroffenen ihren Alltag meistern, ihren Verpflichtungen nachkommen und auf den ersten Blick „normal“ wirken. Doch das Leid ist real und tief.

 

Besonders auffällig ist, dass viele Betroffene sich schwer damit tun, Hilfe zu suchen. Oft sind es Frauen, die unter dieser Form der Depression leiden, wie Studien nahelegen. Sie setzen sich selbst unter Druck, wollen als stark wahrgenommen werden und vermeiden es, als belastend oder schwach zu gelten. In einer leistungsorientierten Gesellschaft, die oft Burnout und Überarbeitung glorifiziert, ist das Streben nach Stärke weit verbreitet. Wer „zu viel gearbeitet“ hat, wird nicht selten bewundert, obwohl die inneren Warnsignale überhört werden.

 

Doch die hoch-funktionale Depression bleibt nicht folgenlos. Irgendwann kann auch der stärkste Mensch nicht mehr – wenn der innere Druck zu groß wird, drohen Zusammenbrüche. Genau dann wird es kritisch: Die Depression hat sich manifestiert und kann ohne professionelle Hilfe kaum bewältigt werden.

 

Ein frühzeitiges Erkennen und ein offener Umgang mit psychischen Erkrankungen sind entscheidend, um Betroffenen den Weg zur Behandlung zu ebnen. Psychotherapie und, je nach Fall, medikamentöse Unterstützung können helfen, wieder Stabilität zu finden. Doch der erste Schritt muss von den Betroffenen selbst kommen – und hier liegt die Schwierigkeit: Die Angst vor Stigmatisierung hält viele Menschen davon ab, sich Hilfe zu suchen.

 

Es ist daher wichtig, dass wir als Gesellschaft den offenen Dialog über psychische Erkrankungen fördern und Betroffenen keine Vorwürfe machen, sondern sie ermutigen, sich Unterstützung zu holen. Nur so können wir das unsichtbare Leiden sichtbar machen und den Betroffenen langfristig helfen, ihre Gesundheit wiederzuerlangen.

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