DMZ – WISSENSCHAFT ¦ S. Koller ¦
Pionierstudie über die Verbindung von Gehirn, Gefäßsystem und Immunsystem – Neue Chancen für die Therapie neurologischer Erkrankungen
Eine wegweisende Studie hat das
Verständnis der Kommunikation zwischen Gehirn und Körper grundlegend verändert. Diese Entdeckungen eröffnen neue Perspektiven für das Verständnis von Gehirnfunktionen, Alterungsprozessen und neurologischen Erkrankungen. Neu entdeckte zelluläre und molekulare Mechanismen sowie bisher unbekannte Strukturen an den Rändern des Gehirns zeigen, wie komplex das Zusammenspiel von Immunsystem und Blutgefäßen ist – sowohl im gesunden Zustand als auch bei Krankheiten. Dieser Artikel erklärt, wie blutbedingte Entzündungen verschiedene Krankheiten antreiben und welche neuen Therapieansätze sich daraus ergeben.
Genetische Veranlagung und vaskuläre Risikofaktoren
Viele neurologische Erkrankungen, wie Multiple Sklerose (MS) und Alzheimer (AD), entstehen durch eine Kombination von genetischen und Umweltfaktoren. Studien zeigen, dass genetische Varianten, die mit Entzündungen und Gefäßstörungen verbunden sind, eine Rolle bei der Krankheitsentwicklung spielen. Sie allein reichen jedoch nicht aus, um den Verlauf vorherzusagen. Bei MS wurden viele Gene identifiziert, die mit einer Fehlfunktion des Immunsystems zusammenhängen, der genaue Auslöser bleibt jedoch unklar. Auch bei Alzheimer ist das Risiko für Menschen mit dem APOE4-Gen erhöht, aber viele erkranken ohne diese genetische Variante.
Die Studie hebt hervor, dass vaskuläre (also das Gefäßsystem betreffende) Risikofaktoren wie Diabetes, Bluthochdruck und Herzerkrankungen den Verlauf neurologischer Erkrankungen beschleunigen können. Der Bericht der Lancet-Kommission 2024 weist darauf hin, dass Gefäßschäden eine Hauptursache für Demenzerkrankungen sind. Auch Schlaganfälle und Hirnverletzungen erhöhen das Risiko für Demenz erheblich. Umgekehrt zeigt sich, dass eine bessere Kontrolle des Blutdrucks das Risiko für Demenz senken und die geistige Leistungsfähigkeit erhalten kann.
Die Rolle von Blutproteinen bei Entzündungen und neurodegenerativen Erkrankungen
Eine gestörte Blut-Hirn-Schranke – eine Barriere, die das Gehirn vor Schadstoffen im Blut schützt – spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung von neurologischen Erkrankungen. Neuere Untersuchungen zeigen, dass bestimmte Proteine aus dem Blut, die ins Gehirn gelangen, entzündliche Prozesse auslösen und zur Zerstörung von Nervenzellen führen. Eines dieser Proteine, Fibrin, spielt eine Schlüsselrolle bei der Aktivierung schädlicher Immunreaktionen im Gehirn und gilt als vielversprechendes Ziel für neue Therapien. Erste klinische Studien mit einem Antikörper gegen Fibrin, der diese schädlichen Reaktionen blockiert, zeigen positive Ergebnisse bei der Behandlung von MS, Alzheimer und neurologischen Störungen, die durch COVID-19 verursacht wurden.
Neue Therapieansätze durch Erkenntnisse zur Gehirn-Gefäß-Kommunikation
Die Erforschung der Blutgefäße im zentralen Nervensystem (ZNS) hat das Potenzial, neue Behandlungsmöglichkeiten zu eröffnen. Ein gezielter Einsatz von Antikörpern gegen Fibrin könnte helfen, schädliche Immunreaktionen im Gehirn zu unterdrücken, ohne das Immunsystem insgesamt zu schwächen. Solche Therapien könnten in Zukunft bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen, neurodegenerativen Erkrankungen und Gehirnverletzungen eine wichtige Rolle spielen.
Fazit
Die Studie verdeutlicht, dass die Erforschung der Schnittstelle zwischen Immunsystem und Blutgefäßen entscheidend für das Verständnis neurologischer Erkrankungen ist. Angesichts der Komplexität dieser Krankheiten spielen genetische und vaskuläre Risikofaktoren sowie Umweltfaktoren eine zentrale Rolle für den Krankheitsverlauf. Fortschritte in der Modellierung und der Entwicklung neuer Therapeutika könnten einen Durchbruch in der Behandlung bisher schwer behandelbarer neurologischer Erkrankungen ermöglichen.
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