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CH: Wie Katalysatoren gefährliche Stickoxide beseitigen

Ein Modell des Zeolith-Katalysators: Die schwarzen Kugeln stehen für Silizium- oder Aluminiumatome (auf rund 9 Siliziumatome kommt ein Aluminiumatom), die durchsichtigen Verbindungsstücke enthalten je ein Sauerstoffatom als Brücke. © PSI
Ein Modell des Zeolith-Katalysators: Die schwarzen Kugeln stehen für Silizium- oder Aluminiumatome (auf rund 9 Siliziumatome kommt ein Aluminiumatom), die durchsichtigen Verbindungsstücke enthalten je ein Sauerstoffatom als Brücke. © PSI

DMZ – WISSENSCHAFT/ MM ¦ AA ¦ Ein Modell des Zeolith-Katalysators: Die schwarzen Kugeln stehen für Silizium- oder Aluminiumatome (auf rund 9 Siliziumatome kommt ein Aluminiumatom), die durchsichtigen Verbindungsstücke enthalten je ein Sauerstoffatom als Brücke. © PSI

 

Villigen – Katalysatoren, die auf der Struktur von Zeolithen basieren, spielen eine entscheidende Rolle bei der Beseitigung von schädlichen Stickoxiden aus industriellen Abgasen. Forschende des Paul Scherrer Instituts (PSI) haben herausgefunden, dass die komplexe, mit nanometergroßen Poren durchzogene Struktur dieser Katalysatoren es den Eisenatomen ermöglicht, effizient zu agieren: Einzelne Eisenatome in benachbarten Poren kommunizieren und fördern so die chemischen Reaktionen zur Neutralisierung der Schadstoffe.

 

In der Industrie entstehen Gase, die sowohl Mensch als auch Umwelt schädigen. Dazu zählen Stickstoffmonoxid (NO) und Distickstoffmonoxid (N2O), auch bekannt als Lachgas. Beide Gase werden beispielsweise bei der Düngemittelproduktion freigesetzt. Um diese gefährlichen Substanzen aus den Abgasen zu entfernen, setzen Unternehmen Katalysatoren ein, die auf Zeolithen basieren. In einer aktuellen Studie, die in der Fachzeitschrift Nature Catalysis veröffentlicht wurde, haben Wissenschaftler des PSI in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Chemieunternehmen CASALE SA untersucht, wie diese Katalysatoren die schädlichen Stickoxide in harmlose Moleküle umwandeln.

 

Die Vielfalt der Eisen-Spezies

„CASALE hat uns kontaktiert, um die Funktionsweise ihrer Stickoxid-Katalysatoren besser zu verstehen“, berichtet Davide Ferri, Leiter der Forschungsgruppe Angewandte Katalyse und Spektroskopie am PSI Center for Energy and Environmental Sciences. Die verwendeten Zeolithe sind komplexe Verbindungen aus Aluminium-, Sauerstoff- und Siliziumatomen, die sowohl in der Natur vorkommen als auch synthetisch hergestellt werden. Diese Katalysatoren können durch die Zugabe weiterer Elemente je nach Anwendung optimiert werden.

 

Um die beiden Stickoxide NO und N2O effektiv in harmlose Moleküle umzuwandeln, ist Eisen in die Zeolithstruktur integriert. „Das Eisen nimmt in unterschiedlichsten Formen Platz in den Poren des Zeoliths ein“, erklärt Filippo Buttignol, Erstautor der Studie und Doktorand am PSI. „Es kann als einzelnes Atom in den kleinen Zwischenräumen agieren oder als Cluster mehrerer Atome in größeren Poren vorliegen.“ Ein „Zoo“ verschiedener Eisenverbindungen findet sich im Katalysator. Die zentrale Frage der Forschung war: Welche dieser Spezies ist tatsächlich für die chemische Umwandlung der Stickoxide verantwortlich?

 

Methoden zur Aufklärung der Katalyse

Die Forscher, spezialisiert auf spektroskopische Analysen, führten drei verschiedene Experimente durch, um die Antworten zu finden. Zunächst setzten sie die Röntgenabsorptionsspektroskopie an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS ein, um den katalytischen Effekt aller Eisen-Spezies zu messen. Anschließend kooperierten sie mit der ETH Zürich und verwendeten die Elektronenspinresonanz, um den Beitrag der einzelnen Spezies zu analysieren. Zuletzt nutzten sie die Infrarotspektroskopie am PSI, um die molekularen Aspekte der verschiedenen Eisenverbindungen zu ermitteln.

 

Das Ergebnis dieser Untersuchungen zeigte: Die Katalyse findet an speziellen Eisenatomen in zwei bestimmten Zeolithporen statt. Je zwei Eisenatome in benachbarten Poren arbeiten zusammen, um die Reaktionen zu katalysieren. „Nur in dieser spezifischen Konstellation sind die Eisenatome aktiv an der chemischen Beseitigung der Gase beteiligt“, so Buttignol. Diese Atome führen eine typische Redoxreaktion durch, bei der sie Elektronen abgeben und wieder aufnehmen, was die Funktionsweise eines Katalysators charakterisiert: Er bleibt unverbraucht und kehrt immer wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurück, was theoretisch eine unbegrenzte Lebensdauer ermöglicht.

 

Effiziente Entfernung gefährlicher Gase

Ferri fasst die Relevanz der Studie zusammen: „Das Verständnis, wo genau die Reaktion stattfindet, ermöglicht eine gezielte Optimierung der Katalysator-Herstellung.“ Die industrielle Katalyse zur Entfernung von NO und N2O ist von großer Bedeutung, da beide Gase für Menschen giftig und umweltschädlich sind: NO trägt zur Bildung von saurem Regen bei, während N2O ein Treibhausgas ist, das in seiner Klimawirkung deutlich stärker ist als CO2.

Diese Forschung könnte nicht nur zur Entwicklung effizienterer Katalysatoren beitragen, sondern auch zu einem besseren Verständnis der chemischen Prozesse, die zur Reduzierung von Umweltverschmutzung und zum Schutz der menschlichen Gesundheit notwendig sind.

 

Fachbegriffe erklärt

  • Katalysator: Ein Material, das eine chemische Reaktion erleichtert, ohne selbst verbraucht zu werden.
  • Spektroskopie: Eine Methode zur Analyse der Wechselwirkungen zwischen Licht und Materie zur Bestimmung chemischer Eigenschaften.
  • Redoxreaktion: Eine chemische Reaktion, bei der Elektronen zwischen zwei Stoffen übertragen werden.

 

Über das PSI

Das Paul Scherrer Institut (PSI) ist das größte Forschungsinstitut der Schweiz. Es entwickelt, baut und betreibt komplexe Forschungsanlagen und legt den Fokus auf Zukunftstechnologien, Energie, Klima und Gesundheitsinnovationen. Mit einem Jahresbudget von rund 460 Millionen CHF beschäftigt das PSI etwa 2.300 Mitarbeitende, darunter viele Postdoktorierende und Doktorierende.

 

 

Originalveröffentlichung

F. Buttignol et al., „Iron-catalyzed cooperative red-ox mechanism for the simultaneous conversion of nitrous oxide and nitric oxide“, Nature Catalysis, 10. Oktober 2024.

Foto: © Paul Scherrer Institut PSI/Mahir Dzambegovic


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