DMZ – POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner
Jubiläumsveranstaltung des VLÖ im österreichischen Parlament würdigt Schicksal der Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg
Wien – Der Verband der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich (VLÖ) beging sein 70-jähriges Bestehen mit einer Jubiläumsveranstaltung im Palais Epstein des österreichischen Parlaments. Seit seiner Gründung setzt sich der VLÖ für die Belange der deutschen Heimatvertriebenen aus den ehemaligen Gebieten der österreichisch-ungarischen Monarchie ein. Die Feierlichkeiten würdigten nicht nur die Geschichte des Verbands, sondern auch das Schicksal der rund 18 Millionen Deutschsprachigen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat vertrieben wurden.
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der als Gastgeber auftrat, erhielt in Anerkennung seiner Verdienste um die Anliegen der Heimatvertriebenen die goldene Ehrennadel des VLÖ. In seiner Eröffnungsrede betonte Sobotka die Bedeutung der Vertriebenen für die österreichische Geschichte: "Die Schicksale der Betroffenen sind ein lebendiger Teil unserer Geschichte und dürfen nicht vergessen werden." Sobotka unterstrich, dass die Erfahrungen der Vertriebenen als Mahnung für die Gegenwart dienen sollten, um auch heute Vertreibung und deren Folgen ins Bewusstsein zu rufen.
Bedeutung der Vertriebenen in der Zweiten Republik
Thomas Stelzer, Landeshauptmann von Oberösterreich, erinnerte in einer Video-Botschaft an die Gründung des VLÖ im Jahr 1954 in Linz. Stelzer würdigte den entscheidenden Beitrag der Vertriebenen zur "Erfolgsgeschichte der Zweiten Republik" und hob die Rolle des VLÖ als Brücke zu den Herkunftsländern der Vertriebenen hervor.
Der Präsident des VLÖ, Norbert Kapeller, und der Zeithistoriker Philipp Strobl führten in die Entstehungsgeschichte des Verbands ein. Kapeller berichtete, dass unter den 18 Millionen vertriebenen Deutschsprachigen etwa sechs Millionen Altösterreicher gewesen seien. Nur ein Bruchteil von ihnen, rund 600.000, habe nach dem Krieg in Österreich verbleiben dürfen. Kapeller kritisierte die damalige Haltung Österreichs, das die Vertriebenen oft nach Deutschland weiterverwiesen habe. Dies sei einer "Missachtung der eigenen Geschichte" gleichgekommen.
Verantwortung für die Bewahrung der Geschichte
Der VLÖ hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Zu Beginn standen sozial- und staatsbürgerrechtliche Fragen sowie die Linderung der Wohnungsnot im Mittelpunkt, erklärte Kapeller. Später rückte die Erinnerungskultur in den Vordergrund. Der Verband hat sich auch bei der Aufarbeitung von Restitutionsfragen engagiert und fördert heute die Erhaltung der kulturellen Identität der Nachkommen der Vertriebenen.
Philipp Strobl betonte, dass der VLÖ von einem Selbsthilfeverband für Menschen "am Rande der Gesellschaft" zu einer bedeutenden Kulturinstitution gewachsen sei. Heutige Projekte, wie ein geplantes hybrides Archiv, zielen darauf ab, die Geschichte der Vertriebenen zu bewahren und für kommende Generationen zugänglich zu machen. "Die Nachkommen der Vertriebenen sind ihren Ahnen verpflichtet, deren Geschichten am Leben zu erhalten", so Strobl.
Die Rolle der Politik
In einer Diskussionsrunde äußerten sich die Abgeordneten Gudrun Kugler (ÖVP), Volkmar Harwanegg (SPÖ) und Anneliese Kitzmüller (FPÖ) zur politischen Relevanz der Anliegen der Vertriebenen. Sie betonten unisono, dass die Geschichten und Interessen der Heimatvertriebenen auch heute noch einen festen Platz in der österreichischen Gesellschaft und Politik einnehmen müssen.
Die Veranstaltung endete mit Dankesworten von Vertretern der verschiedenen Vertriebenenverbände, die an die Bedeutung der Erinnerungsarbeit erinnerten. Rund 2,5 Millionen Österreicher stammen von den Vertriebenen aus den ehemaligen Kronländern ab – ein Erbe, das auch für die Zukunft bewahrt werden müsse.
Die Jubiläumsfeier des VLÖ war eine eindrucksvolle Erinnerung an die historischen Umwälzungen, die bis heute nachwirken, und ein Appell, die dunklen Kapitel der Geschichte nicht zu vergessen, sondern aktiv aufzuarbeiten.
Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦
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