DMZ – POLITIK ¦ Dirk Specht ¦
KOMMENTAR
Die Deutschen diskutieren mit großer Aufmerksamkeit über Zahlen. Was auch immer man thematisiert, findet sich dabei eine noch so nebensächliche Zahl, so kann die schnell die Diskussion dominieren.
Aber können die Deutschen mit Zahlen methodisch überhaupt umgehen?
Ein kleiner basaler Einstieg in eine Statistik-Vorlesung, mit dem man statistisch die Freundschaften zu den Studierenden leider nicht vertieft.
Lektion 1: Es gibt nur sehr selten eine singuläre Zahl von Bedeutung! Fast immer repräsentiert eine Zahl den Zeitpunkt eines veränderlichen Prozesses. Man muss versuchen, diesen Prozess durch eine Zahlenreihe zu erkennen und deren Trend bewerten. In einfachen Fällen kann man eine mathematische Approximation durch eine Gerade, ein Polynom oder – Achtung: Nicht die Ausnahme, sondern die Regel – eine Exponentialfunktion finden. Der Trend lässt sich dann durch eine Steigung oder eine Wachstumsrate beschreiben. Das ist dann übrigens der seltene Fall einer singulär bedeutenden Zahl. In schwierigeren Fällen sind mehrere Prozesse voneinander abhängig und das Gesamtsystem kann nur durch einen Mathematiker des Vertrauens modelliert werden – man sollte dann mit basaler Statistik keine Aussagen treffen
Lektion 1 bedeutet zusammengefasst: Verwechsle niemals eine Zahl mit einem Trend, suche ein Modell für den Trend und beschreibe diesen. Gelingt das nicht, ist eine statistische Bewertung nicht möglich. Das darf man dann ertragen und zur Sache schweigen. Zur Lehre einer Methode gehört nämlich auch die Vermittlung, was man damit NICHT machen kann. Das wird leider oft versäumt.
Lektion 2: Keine Zahl, kein Trend hat eine absolute Bedeutung. Eine Bewertung ist nur durch eine Einordnung möglich. Dazu ist es erforderlich, Relationen zu anderen Zahlen und Trends zu finden, die Relevanz haben. Dabei kann man Äpfel und Birnen sehr wohl miteinander vergleichen. Es ist nur methodisch wichtig, vergleichbare Eigenschaften von nicht vergleichbaren zu unterschieden, wobei man aus beiden Bewertungen ableiten kann.
Eine gute Begründung ist eine bekannte Kausalität der verglichenen Größen. So haben Äpfel und Birnen als Nahrungsmittel biologisch wertvolle Inhaltsstoffe. Deren Anteil am Gewicht kann man vergleichen. Eine schlechte Begründung ist die zur Gewinnung einer Bewertung, die man sich wünscht. So sind Äpfel bunter als Birnen, aber Nahrungsmittel sind keine Dekoration, daher ist der Vergleich irrelevant.
Lektion 2 bedeutet zusammengefasst: Bewerte keinen Trend ohne Einordnung. Nutze dazu Relationen zu vergleichbaren Trends und begründe die Relevanz des Vergleichs sorgfältig. Ohne eine überprüfbare Begründung ist die Einordnung nichtig und eine Bewertung nicht gelungen.
Die daraus abzuleitende Lektion für jeden, der keine Lust auf Statistik hat, aber irgendwelchen Beiträgen oder Diskussionen über Zahlen ausgesetzt ist: Wenn diese beiden Lektionen erkennbar missachtet werden, haben Beitrag und Diskussionen keinerlei Wert.
Der einzig korrekte Kommentar lautet: Das ist methodisch falsch und kann daher kein valides Ergebnis erzeugen.
Ich habe keine Zahl, wie oft ich diesen Kommentar schon vergeben habe, aber den Trend kenne und bedaure ich.
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