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Reminder: SARS-CoV-2 Infektionen und Typ-1-Diabetes

DMZ – WISSENSCHAFT ¦ Anton Aeberhard 

 

Die COVID-19-Pandemie hat nicht nur gesundheitliche und gesellschaftliche Auswirkungen, sondern auch neue wissenschaftliche Fragestellungen aufgeworfen. Eine dieser Fragen betrifft den Zusammenhang zwischen SARS-CoV-2-Infektionen und der Entstehung von Typ-1-Diabetes mellitus (T1DM). Verschiedene Beobachtungsstudien und Meta-Analysen deuten auf einen Anstieg der Inzidenz von T1DM nach einer SARS-CoV-2-Infektion hin. Diese Erkenntnisse verstärken die Hypothese, dass virale Infektionen eine Rolle bei der Pathogenese von T1DM spielen könnten.

 

Epidemiologische und Klinische Studien

Epidemiologische Untersuchungen und Meta-Analysen haben einen bemerkenswerten Anstieg der T1DM-Fälle während der COVID-19-Pandemie dokumentiert. Diese Studien legen nahe, dass eine SARS-CoV-2-Infektion das Risiko für die Neuauftretung von T1DM erhöhen kann. Eine mögliche Erklärung dafür könnte die Infektion und Replikation des Virus in den β-Zellen der Bauchspeicheldrüse sein.

 

Molekulare Mechanismen

Forschungen haben gezeigt, dass menschliche β-Zellen Rezeptoren für SARS-CoV-2, wie das Angiotensin-konvertierende Enzym 2 (ACE2) und die transmembrane Serinprotease 2 (TMPRSS2), exprimieren. Diese Rezeptoren ermöglichen es dem Virus, in die Zellen einzudringen und sich dort zu replizieren. In post-mortem Bauchspeicheldrüsenproben von COVID-19-Patienten sowie in Proben von nicht-menschlichen Primaten, die mit SARS-CoV-2 infiziert wurden, wurden Virusproteine sowohl in exokrinen als auch in endokrinen Zellen nachgewiesen, einschließlich der β-Zellen.

 

Auswirkungen auf die β-Zellen

SARS-CoV-2-Infektionen können strukturelle und funktionelle Veränderungen in den β-Zellen hervorrufen. Zu diesen Veränderungen gehören eine reduzierte Anzahl insulinsekretierender Granula, eine beeinträchtigte Pro-Insulin- oder Insulinsekretion sowie die Trans- oder Dedifferenzierung der β-Zellen. Diese Veränderungen könnten durch das entzündliche Umfeld begünstigt werden, das durch die lokale oder systemische SARS-CoV-2-Infektion hervorgerufen wird. Pro-inflammatorische Zytokine, die während einer Infektion produziert werden, könnten die Funktion der Pankreasinseln beeinträchtigen und zur Apoptose oder zur Aktivierung von T-Zellen führen, was letztendlich Autoimmunreaktionen auslöst.

 

Weitere Mechanismen

Neben den genannten Mechanismen könnten auch andere Faktoren zur Pathogenese von T1DM nach einer SARS-CoV-2-Infektion beitragen. Dazu gehören die virale Persistenz, molekulare Mimikry und die Aktivierung endogener humaner Retroviren. Diese Mechanismen könnten gemeinsam dazu führen, dass das Immunsystem körpereigene β-Zellen angreift und zerstört.

 

Die bisherige Evidenz aus epidemiologischen, klinischen und experimentellen Studien deutet darauf hin, dass eine SARS-CoV-2-Infektion eine Rolle bei der Entstehung von T1DM spielen könnte. Die Entdeckung von SARS-CoV-2-Rezeptoren in β-Zellen und die dokumentierten zellulären Veränderungen nach einer Infektion untermauern diese Hypothese. Weitere Forschungen sind jedoch notwendig, um die genauen Mechanismen zu verstehen und potenzielle Präventionsstrategien zu entwickeln. Die COVID-19-Pandemie hat uns erneut vor Augen geführt, wie eng verschiedene Gesundheitsaspekte miteinander verknüpft sein können und wie wichtig interdisziplinäre Ansätze in der medizinischen Forschung sind.

 

 

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