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Neue Studie zeigt: Kleinkinder lernen durch Gesichtsmasken früher, Emotionen zu erkennen

(Quelle: frontiersin.org)
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DMZ – STUDIE ¦ Anton Aeberhard ¦(Quelle: frontiersin.org)

 

Eine aktuelle Studie des Istituto Italiano di Tecnologia in Genua hat überraschende Erkenntnisse über die Auswirkungen von Gesichtsmasken auf die emotionale Entwicklung von Kleinkindern gewonnen. Die Forscherinnen Monica Gori, Lucia Schiatti und Monica Faggioni fanden heraus, dass Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren, die während der COVID-19-Pandemie mit Gesichtsmasken aufgewachsen sind, besser darin wurden, Emotionen zu erkennen, obwohl ein Teil des Gesichts verdeckt war.

 

Hintergrund und Methode

Bereits vor der Pandemie hatten Studien gezeigt, dass das Tragen von Gesichtsmasken die Fähigkeit zur Erkennung von Gesichtsausdrücken und damit von Emotionen beeinträchtigt. Besonders betroffen waren Kinder im Vorschulalter. Angesichts der weitverbreiteten Maskenpflicht während der Pandemie stellte sich die Frage, wie sich diese neue Realität auf die emotionale Entwicklung der Kinder auswirken würde.

 

Die Forscher wiederholten eine frühere Studie, in der Teilnehmer Gesichtsausdrücke erkennen mussten, sowohl mit als auch ohne Maske. Die neue Untersuchung fand ein Jahr nach Beginn der Pandemie statt, als Masken zum Alltag gehörten. Die Teilnehmer – darunter Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren und Erwachsene – mussten emotionale Ausdrücke (z. B. wütend, traurig, glücklich, ängstlich) auf Fotos identifizieren.

 

Ergebnisse und Bedeutung

Die Ergebnisse zeigten, dass sich die Fähigkeit der Kinder zur Emotionserkennung trotz Masken deutlich verbessert hatte. Während zu Beginn der Pandemie die Gesichtsmasken die Emotionserkennung bei Kleinkindern stark beeinträchtigten, hatten sich diese Kinder ein Jahr später so weit angepasst, dass ihre Leistung fast mit der der Erwachsenen vergleichbar war.

 

Dies deutet darauf hin, dass Kinder, die in einem Umfeld aufwuchsen, in dem Masken allgegenwärtig waren, alternative Strategien entwickelt haben, um Emotionen zu erkennen. Beispielsweise könnten sie stärker auf Augenpartien oder andere kontextuelle Hinweise achten.

 

Beispiele für Gesichtsausdrücke mit und ohne Gesichtsmasken für Glück, Wut, Traurigkeit und Angst. Originale Gesichtsabbildungen wurden mit Genehmigung aus der ER-40 Farb-Emotionen-Stimuli-öffentlichen Datenbank entnommen (Gur et al., 2002; Pinkham et al., 2008). Mit Genehmigung von Amadeo et al. (2022).

Einfluss von Gesichtsmasken auf die Emotionserkennung zu Beginn der COVID-19-Pandemie (obere Grafik) und ein Jahr später (untere Grafik). Obere Grafik: Ergebnisse, neu adaptiert aus einer früheren Studie (Gori et al., 2021), die die Emotionserkennung mit Gesichtsmasken zu Beginn der COVID-19-Pandemie untersucht. (A) Prozentsatz korrekter Antworten bei der Emotionserkennung anhand von Gesichtskonfigurationen ohne und mit Gesichtsmasken bei Kleinkindern und Erwachsenen. (B) Prozentsatz der Beeinträchtigung durch Masken bei Kleinkindern und Erwachsenen. Untere Grafik: Ergebnisse zur Emotionserkennung mit Gesichtsmasken ein Jahr nach Beginn der COVID-19-Pandemie. (C) Prozentsatz korrekter Antworten bei der Emotionserkennung anhand von Gesichtskonfigurationen ohne und mit Masken bei Kleinkindern und Erwachsenen. (D) Prozentsatz der Beeinträchtigung durch Masken bei Kleinkindern und Erwachsenen. Der Standardfehler des Mittelwerts (SEM) wird angegeben. Sterne kennzeichnen einen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen (p < 0,001).

Wissenschaftliche Interpretation und gesellschaftliche Relevanz

Die Studie unterstreicht die Anpassungsfähigkeit des menschlichen Gehirns, insbesondere in frühen Entwicklungsstadien. Trotz der Einschränkungen, die Masken mit sich brachten, fanden Kinder Wege, um ihre sozialen und emotionalen Fähigkeiten zu erweitern. Dies bietet eine positive Perspektive auf die befürchteten negativen Auswirkungen von Masken auf die kindliche Entwicklung.

 

Die Ergebnisse könnten auch Einfluss auf zukünftige Empfehlungen und Richtlinien im Umgang mit Pandemien und ähnlichen Krisensituationen haben. Sie zeigen, dass Kinder in der Lage sind, sich an veränderte soziale Umgebungen anzupassen und ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln, auch wenn ihnen dabei ein Teil der gewohnten Gesichtsinformationen fehlt.

 

Einschränkungen der Studie

Die Studie weist jedoch auch einige Einschränkungen auf. So wurde die Datenerhebung über ein internetbasiertes Fragebogensystem durchgeführt, was die Kontrolle über die genauen Bedingungen erschwerte, unter denen die Teilnehmer die Gesichter betrachteten. Zudem variierte die Exposition gegenüber Masken zwischen den Altersgruppen, da in Italien nur Kinder über sechs Jahren Masken tragen mussten.

 

Fazit

 

Die Studie liefert wichtige Erkenntnisse über die Anpassungsfähigkeit und Lernfähigkeit von Kindern unter veränderten sozialen Bedingungen. Sie zeigt, dass auch in herausfordernden Zeiten wie einer Pandemie positive Entwicklungen möglich sind und dass Kinder erstaunliche Fähigkeiten zur Kompensation und Anpassung besitzen. Diese Erkenntnisse könnten dazu beitragen, zukünftige Bildungs- und Gesundheitspolitiken zu gestalten und zu verbessern.

 

 

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