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Medizintechnologie: Hydrogel-Implantat gegen Endometriose

DMZ – WISSENSCHAFT / MM ¦ AA ¦   

 

Dübendorf, St. Gallen und Thun - Eine bahnbrechende Entwicklung von Forschenden der ETH und der Empa könnte Millionen von Frauen weltweit zugutekommen: Ein neuartiges Hydrogel-Implantat, das nicht nur als Verhütungsmittel dient, sondern auch die Ausbreitung der Endometriose verhindern kann.

 

Hydrogele finden in vielen Bereichen Anwendung, von Kontaktlinsen über die Medikamentenfreisetzung im Körper bis hin zu Feuchtigkeitscremes und Wasserspeichern im Boden. Nun haben Forschende erstmals ein Hydrogel-Implantat entwickelt, das in die Eileiter von Frauen eingesetzt werden kann, um sowohl als Verhütungsmittel zu wirken als auch die Entstehung und Ausbreitung von Endometriose zu verhindern.

 

Vor rund vier Jahren begann die Reise dieser Innovation, als Inge Herrmann in ihrer Forschungsgruppe am Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik der ETH und an der Empa einen gynäkologischen Oberarzt einstellte. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglichte es dem Team, neue Wege in der klinisch-orientierten Forschung zu beschreiten. Ursprünglich mit dem Ziel, ein neues Verhütungsmittel zu entwickeln, erkannten die Forschenden bald das zusätzliche Potenzial des Hydrogel-Implantats zur Prävention von Endometriose.

 

Endometriose betrifft etwa zehn Prozent aller Frauen und entsteht vermutlich durch den Rückfluss von Menstruationsblut durch die Eileiter in die Bauchhöhle. Dieses Blut enthält Zellen der Gebärmutterschleimhaut, die sich in der Bauchhöhle ansiedeln und dort Entzündungen, Schmerzen und Narbengewebe verursachen können. Das Hydrogel-Implantat blockiert den Eileiter und verhindert so den Rückfluss des Menstruationsbluts, wie in einer kürzlich in der Fachzeitschrift Advanced Materials publizierten Studie beschrieben.

 

«Wir fanden heraus, dass das Implantat ein gummibärchenartiges, sehr weiches Gel sein muss, das nur minimal mit dem Gewebe reagiert und nicht als Fremdkörper wahrgenommen und abgestoßen wird», erklärt Alexandre Anthis, Erstautor der Studie. Ein bedeutender Vorteil von Hydrogelen ist ihr Aufquellen bei Kontakt mit Flüssigkeit. Das entwickelte Implantat ist zunächst nur etwa zwei Millimeter lang, kann ohne Operation mit einem Hysteroskop eingesetzt werden und schwillt im Eileiter auf mehr als die doppelte Größe an. Das Hydrogel wirkt dann als Barriere, die weder Spermien noch Blut durchlässt. «Unser Hydrogel-Implantat lässt sich mit UV-Licht oder einer speziellen Flüssigkeit leicht abbauen, sodass es nicht operativ entfernt werden muss, sollte eine Patientin den Eingriff rückgängig machen wollen», ergänzt Herrmann.

 

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit war der Schlüssel zum Erfolg dieser Innovation. Eine der größten Herausforderungen bestand darin, die richtige Balance zwischen Stabilität und Abbaubarkeit des Implantats zu finden. Ex-vivo-Experimente an menschlichen Eileitern und Tierversuche an Schweinen bestätigten die Funktionalität und Verträglichkeit des Implantats. Nach drei Wochen war das Hydrogel-Implantat im Schwein noch an Ort und Stelle und hatte keine Fremdkörperreaktion ausgelöst.

 

Zusammen mit der ETH und Empa meldeten die Forschenden ein Patent an. Weitere Studien sind erforderlich, um das Implantat zur Marktreife zu bringen. Das Team sucht nun nach Kooperationspartnern in der Industrie und im Hochschulbereich, um die Technologie denjenigen zugänglich zu machen, die sie am dringendsten benötigen.

 

Da es sich bei der Endometriose um eine komplexe menschliche Krankheit handelt, bleibt die Langzeitwirkung des Hydrogel-Implantats eine Herausforderung. Klinische Datensätze von Endometriose-Patientinnen sollen dabei helfen, diese Frage zu klären.

 

«An der Schnittstelle zwischen Materialwissenschaften, Verfahrenstechnik und Gynäkologie wird bisher sehr selten geforscht. Dabei ist dieses Forschungsgebiet enorm wichtig. Wenn wir mit unserer Arbeit einen Beitrag leisten können, ist das ein wichtiger Schritt,» sagt Herrmann, die kürzlich das Ingenuity Lab an der Universitätsklinik Balgrist eröffnet hat, um Materialinnovationen in die Klinik zu bringen.

 

 

 

> Zur Studie

 

Herausgeber:

Eidg. Materialprüfungs- und Forschungsanstalt
http://www.empa.ch


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