DMZ - SOZIALES ¦ Walter Fürst ¦
KOMMENTAR
Das Ziel der Sozialhilfe ist es, individuelle Notlagen zu verhüten oder zu beheben, die Eigenverantwortung sowie die wirtschaftliche und persönliche Selbständigkeit des Hilfesuchenden zu stärken. Nach Artikel 12 der Bundesverfassung gilt das Recht auf Hilfe in Notlagen als Grundrecht: Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung sowie auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind.
Bereits hier zeigt sich, dass diese Zielsetzung oft nicht umgesetzt wird. Stattdessen gibt es zahlreiche Hürden und Hindernisse, die das Gesetz nicht vorsieht, aber von den Sozialämtern praktiziert werden. Diese Vorgehensweisen bleiben weitgehend unkontrolliert, da es kaum Instanzen gibt, die die Sozialämter effektiv überprüfen. Beschwerden werden zwar bearbeitet, aber die Betroffenen stehen meist als Verlierer da, da sie selten juristische Hilfe erhalten. Selbst mit juristischer Unterstützung ist es schwierig, da die Kontrollinstanzen nur das von den Sozialdiensten geschilderte Vorgehen prüfen, nicht aber die tatsächliche Sachlage. Es wird lediglich überprüft, ob das Budget korrekt berechnet wurde, nicht aber, ob der Gesuchsteller tatsächlich Anspruch auf Unterstützung hat.
Die Argumente der Sozialämter sind immer die gleichen: mangelnde Zusammenarbeit der Gesuchsteller oder fehlende Unterlagen. Dies erweist sich jedoch nur selten als zutreffend. Dennoch gibt die prüfende Instanz dem Sozialamt recht, da dessen Begründungen oft ausreichen, um Bedürftige abzuweisen.
Seit Jahren stellt sich die Frage: Wer kontrolliert die Sozialämter? Die Antwort: Niemand.
Diese fehlende Kontrolle ermöglicht es vielen Sozialämtern und deren Leitern, den Überblick über ihren eigentlichen Auftrag zu verlieren und sich hauptsächlich auf Kosteneinsparungen zu konzentrieren. Aus der Sicht der Sozialhilfe bedeutet dies oft Kürzungen und weniger Ausgaben, während die Löhne der Angestellten jährlich steigen und die Sozialämter in teuren Gebäuden residieren.
Willkür und Missstände
Unter Willkür versteht man im Sinne eines schweizerischen Rechtsbegriffs objektives qualifiziertes Unrecht. Die Bundesverfassung schützt die Menschen in Artikel 9 vor staatlicher Willkür: Jede Person hat den Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. In der Praxis wird dies jedoch oft umgangen, indem Gesuchstellern vorgeworfen wird, nicht alle Unterlagen eingereicht zu haben. Solange diese Behauptung im Raum steht, kann der Gesuchsteller einwenden, so viel er will – das Amt bekommt Recht.
Missstände in den Sozialämtern sind zahlreich und werden in verschiedenen Medien aufgezeigt. Die Beschwerden sind vielfältig und zahlreich im Internet zu finden. Doch diese Missstände werden oft nur von Einzelpersonen an die Öffentlichkeit gebracht. Deshalb gelingt es den Ämtern, diese Fälle als Einzelfälle darzustellen und weitere ernsthafte Kontrollen zu vermeiden.
Die Schweiz braucht dringend Kontrollinstanzen, die effektiv überprüfen, ob in den Ämtern das geltende Recht angewendet wird und ob tatsächlich Hilfe geleistet wird. Sozialämter haben längst erkannt, dass ihre Fehler aufgedeckt werden könnten, und streuen deshalb regelmäßig falsche Informationen über vermeintliche Sozialhilfebetrüger. Diese Falschmeldungen beruhigen die Bevölkerung und lenken den Unmut auf die Sozialhilfebezüger, die als Schmarotzer dargestellt werden. Dabei wird oft vergessen, dass Sozialhilfegelder vom jeweiligen Bezüger zurückbezahlt werden müssen.
Hilfe durch Anwälte
Anwälte nehmen in der Regel Fälle von Sozialhilfestellern nicht unentgeltlich an. Behörden lehnen oft Anträge auf Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands ab, mit der Begründung, dass die Betroffenen sich selbst verteidigen könnten und die Erfolgsaussichten gering seien. In Wahrheit verlieren Menschen ohne rechtliche Vertretung fast immer.
Im Sozialhilfegesetz und in der Verwaltungsrechtspflegeverordnung der jeweiligen Kantone steht, dass man verpflichtet ist, Auskünfte zu erteilen, die nach Meinung der Behörde für die Überprüfung des Anspruchs notwendig sind. Die Unabhängige Fachstelle für Sozialhilferecht (UFS) bietet zwar eine kostenlose telefonische Beratung an, doch auch sie wird nicht bereit sein, mehrere Stunden Arbeit zu investieren.
Ermessensspielräume der Beamten
Beamte haben meist Ermessensspielräume, insbesondere im Verwaltungs- und Strafrecht. Vieles ist Ermessenssache und nicht genau geregelt. Die Grenzen zur Willkür sind oft schwer zu beurteilen. Ermessen wird durch Worte wie "kann", "befugt" oder "berechtigt" eingeräumt. Die Behörden sind verpflichtet, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
Fazit
Wenn die Sozialhilfe sofort auf die Lebenssituationen der Bedürftigen reagieren würde, könnten Millionen gespart werden, indem teure Verfahren vermieden und die Arbeitszeit sinnvoll genutzt würde. In der Privatwirtschaft müssen Fehlbare Konsequenzen tragen, während bei den Sozialämtern unnötige Kosten vom Steuerzahler getragen werden, was die Allgemeinheit schwächt.
Die Politik muss endlich eine Kontrollinstanz einrichten, die die Arbeit und Verfügungen der Sozialämter überprüft. Es braucht eine Allianz von Betroffenen, die die Fehler und Probleme der Ämter aufzeigen. Die Bevölkerung hat ein Recht darauf zu erfahren, was mit ihrem Geld geschieht.