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«Fladenverordnung«

DMZ –  SATIRE ¦ Ruedi Stricker ¦         

 

Im Zuständigkeitsbereich der Krachenwiler Rechtspflege breitet sich eine Welle der Kriminalität aus.

 

O-Ton der Sprecherin der Staatsanwaltschaft: «Wenn wir diese Epidemie nicht rasch in den Griff bekommen, wird über kurz oder lang der Fladen als Kulturgut und Nahrungsmittel verschwinden.» Vor dem Hintergrund dieses Horrorszenarios erlässt der Gemeinderat deshalb mit sofortiger Wirkung die folgende Verordnung:

 

1. Definition

Als Fladen im Sinn der Verordnung gelten ausschließlich nach Originalrezept und mit einheimischen Zutaten hergestellte, kreisrunde Mehlspeisen mit einer Auflage aus Zwetschgen oder Äpfeln. Das entsprechende Rezept kann gegen eine Schutzgebühr von 585.-- Franken excl. Porto bei der Inhaberin des Rechts am geistigen Eigentum, der Hl. Deborah oder via Gemeindeschreiber bezogen werden.

 

2. Produktfälschungen

Nicht dem Schutz der Wortmarke unterliegende, ähnliche Mehlspeisen mit minderwertigen Zutaten sind als «Kuchen», «Wähe», «Dünne» oder «Mus» zu bezeichnen. Wer gefälschte Fladen herstellt, auf den Markt bringt, in unzulässiger Weise öffentlich darüber berichtet oder wissentlich zum eigenen Verzehr beschafft, wird mit Verbannung nicht unter 15 Jahren bestraft.

 

3. Blasphemie

Der gemeinsame Verzehr von Fladen gilt seit Jahrhunderten als schützenswertes Ritual. Wer in verwerflicher Weise mit Absicht oder aus grober Fahrlässigkeit übermäßig große Anteile für sich in Anspruch nimmt oder sich in anderer Weise ungebührlich benimmt, wird mit Verbannung nicht unter 15 Jahren bestraft. Bei Trägern von Persönlichkeitsstörungen oder psychosozial belasteten Berufsgruppen können strafverschärfende Umstände geltend gemacht werden.

 

4. Entschädigung des Gemeindeschreibers

Der Gemeinderat nimmt die Gelegenheit wahr, in Anerkennung des unermüdlichen Bemühens und der nächtlichen Sondereinsätze des Gemeindeschreibers die Inhaberin der Marke, die Hl. Deborah, zu verpflichten, dem Unermüdlichen bis zu seinem Ableben mindestens einmal jährlich, vorzugsweise anfangs September, einen Fladen zu backen.

 

Für allfällige Fragen steht der Gemeindeschreiber gern zur Verfügung.

Der Gemeindeschreiber

Ruedi Stricker 

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