DMZ – GESELLSCHAFT ¦ Daniel Peter ¦
KOMMENTAR
Recht konsterniert schaute ich auf mein Telefon. Hatte ich das gerade richtig gelesen? "Liebe Freunde mein letzter Termin ist am XX.XX.XXXX" und der Hinweis, dass die Krankheit sehr fortgeschritten ist und die Leiden kaum mehr zu ertragen und dass ER Hilfe von Exit in Anspruch nehmen wird.
ER, das ist ein Freund mit dem ich früher recht intensiv Kontakt hatte, verbunden mit einem Wegzug aus der Region, der Kontakt etwas loser wurde. Man war über Facebook und Messenger in Kontakt, traf sich mal, aber es war nicht einer meiner engsten Freunde. Und doch dominierte der Entscheid das Angebot der Freitodbegleitung von Exit in Anspruch zu nehmen plötzlich mein Leben. "Sieh es so, bald geht es mir besser". So konnte ich das aber lange nicht sehen. Tod auf Bestellung? Und diese Endgültigkeit.... Ich nenne IHN in den folgenden Zeilen einfach mal Franz um die Anonymität zu gewährleisten.
Die Kommunikation über diverse Kanäle und die letzten Facebook-Beiträge des besagten Freundes waren bis am Schluss sehr würdevoll und Trost spendend. Franz schien so gelöst und mit sich im Reinen. Und bis 30 Minuten vor seinem Tod war Franz auf Facebook und likte und antwortete. Seine Krankheit fesselte ihn ans Bett und so war er doch noch mit der Welt draußen verbunden. Die Minuten nach der Einnahme des Medikamentes verbrachte er dann mit Familienangehörigen.
Der Verlust eines Menschen ist immer einschneidend; der Verlust eines Menschen durch einen Suizid oft mit Selbstvorwürfen verbunden und traumatisch. Oft möchte man noch irgendwelche letzten Worte an die Person richten und bereut, dass man die Möglichkeit dazu nicht mehr hatte. Bei der Freitodbegleitung (Sterbehilfe) hat man die Möglichkeit, aber mir persönlich fiel es unglaublich schwer und der Gedanke, dass dies nun meine letzten Worte an Franz sind, die machten es mir nicht einfach.
Nach dem Tod sprach ich mit guten Freunden, sprach auch mit Angehörigen von Franz und das Thema ließ mich nicht mehr richtig los.
Religiöse Bedenken habe ich keine gegenüber der Sterbehilfe. Eigentlich ist es doch richtig, dass jeder Selbstbestimmung im Leben und im Sterben übernehmen darf. Wieso fiel es mir dann in dem Fall von Franz so schwer seinen Entscheid zu akzeptieren? Wie er ja sagte, war er so froh endlich von seinen Leiden und seinen Qualen erlöst zu werden. Und eigentlich hätte ich mich doch für ihn freuen sollen. Und doch waren da andere Gedanken. Vielleicht weil ich so nah bei der eigenen Endlichkeit war?
Ich bestellte mir die Unterlagen von Exit und entschied mich auch Mitglied zu werden. Mit dem Thema hatte ich mich noch nicht so intensiv auseinandergesetzt. Ich las die Unterlagen von Exit und diese überzeugten mich schließlich. Auch ich will dereinst selbstbestimmt aus dem Leben scheiden und Exit scheint mir eine Organisation zu sein, die dies mit Seriosität ermöglicht. Denn die Würde im Sterben will ich mir nicht nehmen lassen.
Mit diesem Beitrag will ich weder Pro noch Contra zu dem schwierigen Thema liefern. Ich möchte einfach darlegen wie schwer es dann doch ist, wenn jemand aus dem Umfeld selbstbestimmt aus dem Leben scheidet. Und mich hat es bewegt.... und das ist gut so!
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