DMZ – WISSEN ¦ David Aebischer ¦
KOMMENTAR
Die Äußerungen von Christoph Berger zu COVID-19, insbesondere im Kontext der Förderung der Viruszirkulation, haben erhebliche Aufmerksamkeit und Kritik hervorgerufen (wie bereits berichtet).
Wir haben beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) nachgefragt, wie man dort zu diesen Aussagen steht und welche Verantwortung Herr Berger, der Präsident der Eidgenössischen Impfkommission, dabei trägt. Zudem betrachten wir die damit verbundene Kritik von Expertinnen und Experten.
Christoph Bergers Idee, die Viruszirkulation gezielt zu fördern, birgt die Gefahr einer Verharmlosung von COVID-19. Trotz möglicherweise milder Verläufe für junge und gesunde Menschen sind die Folgen für ältere und vorerkrankte Bevölkerungsgruppen schwerwiegend.
Eine bewusste Viruszirkulation zu fördern, sollte nicht als unbedenklich dargestellt werden. Die Pandemie beeinträchtigt Menschen jeden Alters sowohl wirtschaftlich als auch gesundheitlich sowie in sozialen, psychologischen, bildungstechnischen, arbeitsbezogenen und gesundheitsversorgungsbezogenen Aspekten. Auch die Langzeitfolgen von COVID-19, bekannt als Long COVID, sind eine ernsthafte Bedrohung mit nachweisbaren Auswirkungen auf Hunderttausende. Die umfassenden gesellschaftlichen Folgen sind unübersehbar.
Korrekte Impfung von gefährdeten Gruppen
Herr Berger geht davon aus, dass ältere Menschen, Schwangere und immungeschwächte Personen korrekt gegen COVID-19 geimpft sind. Unsere Recherche hat jedoch darauf hingewiesen, dass es in der Schweiz möglicherweise Herausforderungen bei der korrekten Impfung dieser Gruppen gibt. Experten, darunter Frau Isabella Eckerle und Prof. Antoine Flahault, äußerten Bedenken über die potenzielle Desinformation in diesem Zusammenhang.
Ich dachte, dass ich diesen Account nicht mehr nutze, aber aus aktuellen Gründen ein paar Gedanken zur aktuellen Infektionswelle: #Atemwegserkrankungen sind zur Zeit hochprävalent, angeführt von #SARSCoV2. Nichts daran ist gesund, willkommen oder gesellschaftlich von Vorteil!
— Isabella Eckerle (@EckerleIsabella) December 5, 2023
Wir haben offizielle Stellungnahmen zu diesem Punkt angefragt und erhielten die Information, dass über 98% der Schweizer Bevölkerung Antikörper gegen SARS-CoV-2 haben. Dies basiert auf der Annahme, dass die meisten Personen entweder geimpft und/oder von COVID-19 genesen sind. BAG und EKIF empfehlen aufgrund dieser vorbestehenden Immunität nur gefährdeten Personengruppen ab 16 Jahren im Herbst/Winter eine einzelne Impfdosis gegen COVID-19.
"Im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung haben besonders gefährdeten Personen (BGP; Personen ≥65 Jahre, Personen ≥16 Jahre mit Vorerkrankung, Personen ≥16 Jahre Trisomie 21) ein deutlich erhöhtes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf.
Harmlosigkeit von Reinfektionen
Eine weitere Annahme von Herrn Berger besagt, dass Reinfektionen mit SARS-CoV-2 harmlos oder sogar vorteilhaft sind. Diese Behauptung wurde von verschiedenen Experten in Frage gestellt, die auf fehlende wissenschaftliche Unterstützung hinweisen.
Die offizielle Antwort der Behörden legt nahe, dass Personen unter 65 Jahren ohne Risikofaktoren ein sehr geringes Risiko für schwere COVID-19-Erkrankungen haben, aufgrund ihrer vorbestehenden Immunität. Die besonders gefährdeten Personen (BGP) hingegen haben ein deutlich erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf, weshalb BAG und EKIF diesen Gruppen im Herbst/Winter eine zusätzliche Impfdosis empfehlen.
In Anbetracht dieser Informationen und der Reaktionen von Experten auf die Aussagen von Herrn Berger möchten wir die Gelegenheit nutzen, erneut Klarheit und Transparenz in diesem wichtigen Diskurs zu schaffen.
"Es gibt keine Meldepflicht für Covid-19-Impfungen in der Schweiz, weshalb das BAG keine Angaben zum Bevölkerungsanteil der BGP machen kann, die sich im Herbst 2023 gegen Coivd-19 haben impfen lassen.
Berger irrt in seiner Annahme, dass die Förderung der Viruszirkulation positive immunologische Effekte hätte, so die Experten. Die vermehrten Krankheitsfälle zeigen, dass die vorhandene Immunität nicht ausreichend ist. Die Grundimmunität zu betonen, steht im Widerspruch zur Realität und unterstreicht die Notwendigkeit von Maßnahmen wie Impfungen.
Prof. Antoine Flahault sagt auf Twitter, dass Christoph Bergers Strategie auf zwei nicht überprüften Annahmen basiere und betont:
- "Dass ältere Menschen, Schwangere und immungeschwächte Personen korrekt geimpft sind: Es ist bekannt, dass dies in der Schweiz nicht der Fall ist.
- Dass Reinfektionen mit dem #SARSCoV2 harmlos oder sogar vorteilhaft sind: Das ist falsch."
""Impfungen, Masken, Belüftung müssen gefördert werden. Die Vorschläge von Reinfektionen als Strategie im Kampf gegen #COVID19 senden eine gefährliche Botschaft aus und lassen die vulnerabelsten Bevölkerungsgruppen zurück: die Älteren, Schwangere, Neugeborene und immungeschwächte Menschen.Prof. Antoine Flahault, MD, PhD, Epidemiologe und Direktor des Instituts für globale Gesundheit in Genf
Vaccines, masks, ventilation must be promoted.
— Antoine FLAHAULT (@FLAHAULT) December 3, 2023
Proposing reinfections as a strategy to fight #COVID19 is a dangerous message, leaving behind the most vulnerable segments of the population: the elderly, pregnant women and newborns, immunocompromised people. https://t.co/2MxRxZV6hF
Die Virologin Isabella Eckerle warnt vor Restrisiken, selbst bei Geschützten, und betont die eindrücklichen Auswirkungen von SARS-CoV-2 auf den Körper, einschließlich Long COVID. Bergers Verharmlosungen könnten dazu führen, dass Menschen Impfungen meiden, was schwerwiegende Folgen für Geimpfte und Ungeimpfte hat.
Wiederholte Infektionen bergen erhebliche Gesundheitsrisiken. Eine ausgewogene Diskussion über Impfstrategien und Viruszirkulation ist entscheidend, um Gesundheit und Wohlbefinden zu schützen. Medien tragen die Verantwortung, kritisch zu hinterfragen und präzise Informationen zu liefern.
Unsere Recherche zielt darauf ab, genaue und ausgewogene Informationen für eine informierte Diskussion über COVID-19-Strategien bereitzustellen.
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