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Es gibt kein "Immunitätsdefizit" und keine "Immunschuld".

DMZ – WISSENSCHAFT  ¦ Anton Aeberhard ¦

 

Die Theorie des "Immunitätsdefizits" macht immer noch die Runde, insbesondere im Zusammenhang mit der aktuellen Welle von respiratorischem Syncytialvirus (RSV). Doch Wissenschaftler klären auch in einem aktuellen Beitrag von Roula Khalaf der Financial Times, dass diese Theorie nichts taugt, da sie nicht nur irreführend, sondern auch gefährlich sein kann. Es gibt kein "Immunitätsdefizit" und keine "Immunschuld".

 

Die Diskussion um das "Immunitätsdefizit"und/oder der "Immunschuld" entstand aufgrund des Rückgangs von RSV-Infektionen bei Kindern während der COVID-19-Pandemie. Einige behaupten, dass die pandemiebedingten Maßnahmen, wie Lockdowns und Maskenpflicht, zu einem schädlichen "Immunitätsdefizit" geführt haben könnten, das Kinder anfälliger für Infektionen macht.

 

Experten, wie Professor Peter Openshaw von der Imperial College London, widersprechen dieser Idee. Openshaw betont, dass die Vorstellung eines "Immunitätsdefizits" fälschlicherweise darauf hindeutet, dass Immunität aufgebaut und zurückgezahlt werden müsse. Dies wäre eine bedenkliche Botschaft für die öffentliche Gesundheit. Er vergleicht es mit der absurden Idee, dass wir, um gesund zu bleiben, weiterhin offene Abwasserkanäle nutzen sollten.

 

Die Immunologin Deborah Dunn-Walters von der University of Surrey hebt hervor, dass zwischen individueller Immunität und Bevölkerungsimmunität unterschieden werden muss. Die Idee eines "Immunitätsdefizits" auf individueller Ebene wird in der Immunologie nicht anerkannt. Das Immunsystem sei kein Muskel, der ständig verwendet werden müsse, und Infektionen seien nicht notwendigerweise förderlich für die Gesundheit.

 

Die Theorie des "Immunitätsdefizits" mag auf den ersten Blick plausibel erscheinen, wird jedoch von Experten als irreführend und gefährlich abgelehnt. Statt auf Infektionen zu setzen, betonen sie die Sicherheit von Impfungen, um eine robuste Bevölkerungsimmunität aufzubauen. In einer Zeit, in der die Debatte um COVID-19-Maßnahmen weitergeht, ist es entscheidend, wissenschaftlich fundierte Informationen von spekulativen Theorien zu unterscheiden.

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