DMZ – GESUNDHEIT/WISSEN/LEBEN ¦ S. Koller ¦
LONG-COVID-BERICHTE
Long Covid - ein Begriff, der in den letzten Jahren verstärkt in den Medien aufgetaucht ist, doch was bedeutet er für die Betroffenen? Allzu häufig werden Menschen mit Long Covid fälschlicherweise als zwangsläufig depressiv oder ihre Erkrankung als rein psychosomatisch betrachtet, und man unterstellt ihnen, dass sie es sich in der Rolle Opferrolle „bequem machen“. Tatsächlich ist jedoch eher das Gegenteil der Fall: Die meisten von ihnen konzentrieren sich vor allem darauf, ihren Alltag trotz der Herausforderungen zu bewältigen, und mobilisieren dafür all ihre verfügbaren Kräfte.
In diesem Artikel möchten wir Ihnen die persönliche Geschichte einer 71-jährigen Frau vorstellen, die nach einer Covid-19-Infektion von den verheerenden Langzeitfolgen betroffen
ist.
Eine einst gesunde Frau
Frau Ulrike Bliefert ist 71 Jahre alt und genoss zuvor gute Gesundheit, abgesehen von ihrer Diagnose mit Hashimoto, einer Schilddrüsenerkrankung. Sie war nicht nur voll berufstätig, sondern hatte
auch drei Impfungen gegen Covid-19 erhalten. Ihr Leben war geprägt von Aktivität und Produktivität, sowohl als Schauspielerin als auch als Autorin.
Die unerwartete Wende
Doch Ende März 2022 sollte sich alles ändern. Sie wurde mit Covid-19 infiziert, und obwohl ihr Verlauf als "mild" eingestuft wurde, begannen die Schmerzen, insbesondere Kopf- und Muskelschmerzen,
sie zu quälen. Was zuerst wie vorübergehendes Unwohlsein erschien, entwickelte sich rasch zu einem beständigen Albtraum.
Der tägliche Kampf
Seit ihrer Infektion hat Ulrike Bliefert keinen einzigen schmerzfreien Tag erlebt. Das Stehen ist ihr nur für wenige Sekunden möglich, und sie ist auf Gehhilfen
angewiesen, um sich fortzubewegen. Diese physischen Einschränkungen haben es ihr unmöglich gemacht, ihren Hauptberuf als Schauspielerin auszuüben. Doch das war nicht alles. Auch ihr Zweitberuf
als Autorin musste aufgegeben werden, da die eingeschränkte Belastbarkeit, Konzentrationsprobleme und Wortfindungsschwierigkeiten es ihr unmöglich machten, weiterhin Bücher zu schreiben.
Die Anerkennung von Long Covid
Ihrem Hausarzt und seinem Engagement für das Thema "Long Covid" verdankt sie, dass ihr die Pflegestufe 1 zugesprochen wurde. Doch sie glaubt, dass sie eigentlich Pflegestufe 2 erhalten sollte.
Diesbezüglich hat sie bisher keinen Widerspruch eingelegt, in der Hoffnung, dass sich ihr Zustand irgendwann bessern wird. Auch ihr Schwerbehindertenstatus wurde mit lediglich 60% eingeschätzt,
was sie als unverhältnismäßig niedrig empfindet. Sie kann ihr Haus nicht mehr eigenständig verlassen und ist auf die Unterstützung ihres Mannes, einer Putzfrau und einer Gärtnerin angewiesen.
Doch seit Monaten wartet sie vergebens auf ihren Schwerbehindertenausweis.
Der steinige Weg zu Hilfe und Unterstützung
Der Weg zu Hilfe und Unterstützung gestaltet sich für viele Menschen mit Long Covid schwierig. Die nächstgelegene Beratungsstelle für Long Covid ist ganze 150 Kilometer entfernt in der Charité
Berlin. Doch selbst mit einer Überweisung konnte sie keinen Termin erhalten, da die Einrichtung aufgrund hoher Nachfrage keine Patienten über 60 mehr aufnimmt.
Ein Blick in die Zukunft
Ihre beiden Traumberufe, Schauspielerin und Autorin, musste sie aufgrund von Long Covid aufgeben. Dennoch ist sie dankbar für ihre langjährige glückliche Beziehung und die unterstützende
Gemeinschaft, in der sie lebt. Trotz der anhaltenden Schmerzen und physischen Einschränkungen ist sie psychisch stabil und findet in ihrem Zuhause und ihren Freundschaften Trost.
Die Geschichte von Ulrike Bliefert verdeutlicht die drängende Notwendigkeit, die Forschung und Unterstützung für Long Covid-Betroffene zu verstärken und auf ihre individuellen Bedürfnisse einzugehen. Long Covid ist nicht nur eine gesundheitliche Herausforderung, sondern eine zutiefst menschliche Erfahrung, die viele Aspekte des Lebens betrifft.
Links:
- Studie: Schwere Langzeitfolgen von COVID-19 unabhängig von Virusvarianten
- SARS-CoV-2-Antigene können nach der akuten Phase der Infektion nachgewiesen werden
- Post-Covid-Syndrom ist keine psychosomatische Erkrankung
- Untersuchung der Prävalenz und Schwere von Langzeit-COVID-Symptomen nach Branchen und Berufen
- "Die "Long COVID"-Herausforderung: Vorbereitung auf Langzeitfolgen und Behinderungen
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