CH: «Mining the Atmosphere»: CO2-Reduktion aus der Luft

DMZ –  FORSCHUNG / MM ¦ AA ¦                          Der «Mining the Atmosphere»-Ansatz: Ziel ist es, ein gänzlich neues globales Wirtschaftsmodell und den dazugehörigen Industriesektor zu entwickeln, der CO2 als Rohstoff der Zukunft in wertbringende Materialien umwandelt. Illustration: Empa 

 

Dübendorf, St. Gallen und Thun - Angesichts der Notwendigkeit, irreversible Veränderungen des Klimasystems zu verhindern, hat die Empa eine ehrgeizige Forschungsinitiative namens «Mining the Atmosphere» ins Leben gerufen. Diese Initiative zielt darauf ab, überschüssiges, vom Menschen verursachtes CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen. Die Forschung wird mit zwei Veranstaltungen eingeläutet, einer für Fachleute und einer für die Öffentlichkeit.

 

Fossile Brennstoffe sind zweifellos beeindruckend: Sie sind einfach zu handhaben, weisen eine hohe Energiedichte auf und sind äußerst vielseitig einsetzbar. Sie bilden das Fundament für unseren technologischen Fortschritt und unseren Wohlstand der letzten 200 Jahre.

 

Allerdings zahlen wir einen hohen Preis dafür: Unsere unkontrollierte Emission von Kohlenstoffdioxid (CO2) in die Atmosphäre treibt die Erde unaufhaltsam in Richtung eines Klimakollapses. Jedes Jahr tragen wir netto etwa 9,4 Milliarden Tonnen Kohlenstoff (in Form von CO2) zur Atmosphäre bei. Natürliche Prozesse, insbesondere durch die Vegetation und die Ozeane, kompensieren einen Teil dieses gigantischen Ausstoßes. Dennoch bleibt jedes Jahr ein Überschuss von etwa 5,1 Milliarden Tonnen atmosphärischem Kohlenstoff zurück. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre liegt seit 1988 konstant über 350 ppm («parts per million»), einem als kritisch geltenden Grenzwert für die Klimastabilität. Wird dieser Wert über einen längeren Zeitraum überschritten, droht eine unumkehrbare Destabilisierung des globalen Klimasystems.

 

Die Fortsetzung unseres gegenwärtigen Kurses ist somit keine Option, und das Ziel einer Netto-Null-Emission von CO2 ist nur ein Zwischenschritt. Erforderlich ist eine umfassende Lösung, die nicht nur technisch machbar, sondern auch finanzierbar ist. Hier kommt «Mining the Atmosphere» ins Spiel. Im Gegensatz zur herkömmlichen Praxis, CO2 einzufangen und im Boden zu speichern (ein notwendiger erster Schritt), geht der Ansatz von «Mining» wesentlich weiter. Das Ziel ist die Schaffung eines völlig neuen globalen Wirtschaftsmodells und des zugehörigen Industriesektors. Dieser Sektor soll CO2 als Rohstoff der Zukunft nutzen und in werthaltige Materialien umwandeln, um herkömmliche Baustoffe und Petrochemikalien zu ersetzen.

 

Der Ansatz erfordert einen Paradigmenwechsel: Statt der herkömmlichen Rohstoffgewinnung aus Minen unter der Erde, liegt der Fokus auf einer atmosphärischen «Mine». Gleichzeitig betrifft dies die gesamte Gesellschaft, die sich in den nächsten 20 Jahren von einer CO2-emittierenden Gesellschaft über die Energiewende hin zu einer CO2-bindenden Gesellschaft entwickelt.

 

Das Konzept ist ambitioniert und stellt eine Jahrhundertaufgabe dar, die die Zusammenarbeit zahlreicher Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft erfordert. Es geht darum, schätzungsweise 400 Milliarden Tonnen Kohlenstoff (entsprechend etwa 1.500 Milliarden Tonnen CO2) aus der Atmosphäre zu entfernen.

 

Aber das ist erst der Anfang. Danach gilt es, diesen Kohlenstoff in werthaltige Materialien umzuwandeln, darunter Polymere, Baumaterialien und mehr. Besonders der Bauindustrie kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, da Materialien wie Beton aufgrund ihrer Masse eine erhebliche Menge an atmosphärischem Kohlenstoff binden können. Diese kohlenstoffhaltigen Materialien könnten am Ende ihres Lebenszyklus als finale Kohlenstoffsenken dienen, nachdem sie mehrfach recycelt wurden.

 

 

Herausgeber:

Eidg. Materialprüfungs- und Forschungsanstalt

http://www.empa.ch

 

Hinweis: Dieser Artikel vermittelt einen Überblick über die Empa-Initiative «Mining the Atmosphere», die sich mit der Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre und seiner Verwendung als nachhaltige Ressource befasst. Weitere Details und Informationen zur Veranstaltung sind auf der Website der Empa verfügbar.

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