DMZ – GESELLSCHAFT / LEBEN ¦ David Aebischer ¦
In einem klaren Bekenntnis zur Stärkung der psychischen Gesundheit findet der nationale Mad Pride Marsch 2023 in der Schweiz statt. Mehr als 30 Organisationen und Akteure aus verschiedenen Bereichen haben sich zusammengeschlossen, um gegen die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen anzutreten und die Bedeutung der psychischen Gesundheit zu betonen.
Der Marsch, der am 7. Oktober in Lausanne stattfindet, wird von künstlerischen Elementen begleitet und bietet eine Gelegenheit, gemeinsam für die psychische Gesundheit einzustehen und Vorurteile zu bekämpfen.
Der vorliegenden Medienmitteilung ist zu entnehmen, dass die neuesten Statistiken alarmierend sind und die Notwendigkeit solcher Veranstaltungen verdeutlichen. Im Jahr 2022 wurden gemäß Angaben 51% der IV-Renten aufgrund von psychischen Beeinträchtigungen gewährt. Trotz dieser alarmierenden Zahlen kämpfen Menschen mit psychischen Erkrankungen weiterhin gegen Vorurteile und Stigmatisierung. Besonders alarmierend sind die Auswirkungen des sozialen Wandels auf die psychische Gesundheit von Jugendlichen.
Die psychiatrischen Hospitalisierungen bei jungen Menschen stiegen im Jahr 2021 um 6% bei jungen Männern und sogar um alarmierende 26% bei jungen Frauen. Darüber hinaus verzeichneten wir einen Anstieg von 20% bei Arbeitsausfällen aufgrund psychischer Erkrankungen im Vergleich zu 2021.
Der Mad Pride Marsch wird von mehr als 30 Organisationen und Akteuren unterstützt und bietet eine einzigartige Gelegenheit, gemeinsam für die psychische Gesundheit einzutreten und Vorurteile zu bekämpfen. Künstler und ein Perkussions-Orchester werden den Marsch begleiten, und die Teilnehmer sind aufgerufen, in Gelb gekleidet zu erscheinen und Botschaften mitzubringen, die das Bewusstsein für psychische Gesundheit fördern. Dieser Marsch ist ein starkes Statement für die psychische Gesundheit in der Schweiz und unterstreicht die Dringlichkeit, Vorurteile und Stigmatisierung zu überwinden. In einer Zeit, in der die psychische Gesundheit mehr denn je im Mittelpunkt stehen sollte, sendet die Schweiz eine klare Botschaft: Psychische Gesundheit verdient unsere volle Unterstützung.
Wir waren neugierig und haben den Veranstalter befragt, um noch mehr Details zu erfahren.
DMZ: Warum ist die Mad Pride in der Schweiz so wichtig? Welche zentralen Ziele verfolgt diese Veranstaltung in Bezug auf die psychische Gesundheit?
Die Mad Pride macht psychische Erkrankungen sichtbar und trägt zur Enttabuisierung, Entstigmatisierung und Sensibilisierung von psychischen Erkrankungen bei. Das ist wichtig, weil die psychische Gesundheit ein hochaktuelles Thema ist: Verschiedene Studien und Befragungen kommen zu alarmierenden Resultaten. So zum Beispiel die diesen Monat publizierte Gesundheitsstudie der CSS, die einmal mehr zeigt, dass sich das Wohlbefinden der Bevölkerung der Schweiz in den letzten Jahren verschlechtert hat. Besorgniserregend ist auch, dass gemäß dieser Befragung über die Hälfte der Personen, denen es psychisch nicht gut geht, keine Hilfe holt. Die Mad Pride soll zeigen, dass auch andere Menschen betroffen sind und dass es gut ist, darüber zu sprechen.
DMZ: Können Sie die aktuellen Statistiken und Trends bezüglich psychischer Gesundheit in der Schweiz erläutern, insbesondere in Bezug auf psychische Erkrankungen bei Jugendlichen?
Die Zahlen zeigen, dass sich das Wohlbefinden der Bevölkerung der Schweiz in den letzten Jahren verschlechtert hat. Die Fachpersonen sehen verschiedene Gründe: Die Corona-Pandemie, der Angriffskrieg in der Ukraine, die Inflation etc. verunsichern. Dazu kommt die fortschreitende Digitalisierung. Das menschliche Gehirn konnte sich bis jetzt noch nicht daran gewöhnen. Die Nutzung von Social Media ist enorm gestiegen. Insbesondere bei jungen Frauen ist die Social-Media-Nutzung, die als problematisch beurteilt wird, in den letzten Jahren gestiegen (vgl. Obsan 2023). Fachpersonen gehen davon aus, dass der ständige Vergleich mit anderen die psychische Gesundheit der jungen Frauen negativ beeinflusst. Grundsätzlich befinden sich Kinder und Jugendliche in einer vulnerablen Lebensphase, in der wichtige Veränderungen stattfinden. Viele psychische Erkrankungen beginnen im Jugendalter, deshalb ist es wichtig, auf Alarmzeichen zu achten und Hilfe zu holen, wenn man es jemandem über längere Zeit nicht gut geht. Eine zusätzliche Herausforderung ist bei Kindern und Jugendlichen die Versorgungs-Knappheit.
DMZ: Wie wird die Mad Pride dazu beitragen, Vorurteile und Stigmatisierung gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen abzubauen? Welche kreativen Elemente sind in die Veranstaltung integriert?
Durch den farbenfrohen Umzug mit verschiedenen Menschen zeigt die Mad Pride, dass Menschen mit einer psychischen Erkrankung genau so unterschiedlich sind, wie Menschen ohne psychische Belastungen. Gleichzeitig zeigt sie, dass man eine psychische Erkrankung nicht verstecken muss. Mit Musik von Menschen mit einer psychischen Erkrankung, Kunstworkshop sowie Reden und Vorträgen rund um die psychische Gesundheit gibt die Mad Pride Inputs, wie man die psychische Gesundheit stärken kann.
DMZ: Welche konkreten Maßnahmen werden ergriffen, um die psychische Gesundheit in der Schweiz zu fördern und die soziale Integration von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen zu verbessern?
Es gibt beispielsweise die nationale Kampagne «Wie geht’s dir», die Anregungen gibt, wie über Gefühle gesprochen werden kann und Handlungsmöglichkeiten aufzeigt, wie man die psychische Gesundheit stärken kann. Zudem bietet die Stiftung Pro Mente Sana den ensa Erste-Hilfe-Kurs für psychische Gesundheit an. Dort lernen Laien, wie sie reagieren können, wenn es jemandem nicht gut geht. Bildungspolitisch läuft aktuell die Unterschriftensammlung für die Inklusionsinitiative. Diese fordert die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Menschen mit einer Beeinträchtigung. In der Westschweiz und im Tessin setzt sich die Kampagne santépsy für die Förderung der psychischen Gesundheit ein. Sie bietet eine Palette an Informationen, Hilfsmitteln, Ressourcen und praktischen Ratschlägen. Obwohl bereits verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, könnte noch viel mehr gemacht werden. Allerdings fehlt es im Moment leider an Ressourcen.
DMZ: Was sind die langfristigen Ziele der Mad Pride-Bewegung in der Schweiz, und wie können Bürgerinnen und Bürger aktiv zur Unterstützung der psychischen Gesundheit beitragen?
Die Mad Pride soll dazu beitragen, negative Stereotypen im Bereich psychische Erkrankungen aufzulösen und die Gesellschaft darauf aufmerksam zu machen, dass psychische Erkrankungen alle irgendwann im Leben treffen können. Um die psychische Gesundheit zu stärken kann man Vieles tun:
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Sich um die eigene psychische Gesundheit kümmern, indem man über Gefühle und die eigene psychische Gesundheit spricht. Eine Stütze kann dabei der Selbst-Check von www.wie-gehts-dir.ch sein. Zudem ist es wichtig, seine eigene psychische Gesundheit zu pflegen, in dem man z.B. Kontakte pflegt, sich Pausen gönnt, sich regelmäßig bewegt, sich beteiligt, an sich glaubt und wenn nötig um Hilfe frägt (bei Fachpersonen oder unabhängigen Beratungsstellen, wie zum Beispiel jener von Pro Mente Sana: 0848 800 858 oder rund um die Uhr jener der Dargebotenen Hand: 143).
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Bei Mitmenschen Warnsignale, wie Verhaltensänderungen oder Rückzug, wahrnehmen und diese ansprechen. Hilfreiches Wissen zur Erster Hilfe für die psychische Gesundheit vermittelt zum Beispiel der ensa Kurs (weitere Infos: www.ensa.swiss).
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Auch im Arbeitsumfeld die psychische Gesundheit ernst nehmen.
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