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CH: Mehr Sicherheit im Gesundheitswesen: PatBox.ch gibt Patienten und Angehörigen eine Stimme

Vorfälle können rund um die Uhr gemeldet werden
Vorfälle können rund um die Uhr gemeldet werden

DMZ – GESELLSCHAFT / LEBEN ¦ David Aebischer ¦  Vorfälle können rund um die Uhr gemeldet werden

 

In der Welt des Schweizer Gesundheitswesens hat eine wegweisende Online-Initiative das Licht der Öffentlichkeit erblickt: PatBox.ch. Diese innovative Meldeplattform, betrieben von den gemeinnützigen Organisationen Schweizerische Patientenorganisation SPO und der Stiftung Patientensicherheit Schweiz, ermöglicht es Patienten und ihren Angehörigen, ihre Erfahrungen und Erlebnisse zu teilen, sei es in einem Spital, Pflegeheim, zu Hause, in einer Arztpraxis oder Apotheke.

 

Egal, ob es sich um bereits geschehene Fehler handelt oder um beinahe passierte Ereignisse - alle Vorfälle können gemeldet werden.

 

Der Gedanke dahinter ist klar: Für ein sichereres und qualitativ hochwertigeres Gesundheitswesen müssen die Stimmen der Patienten gehört werden. Hierzu können Meldungen anonym oder mit Kontaktangaben gemacht werden, und die Vertraulichkeit der Daten wird gewahrt.

 

Es ist wichtig zu betonen, dass es bei PatBox.ch nicht nur darum geht, Fehler anzuprangern, sondern auch darum, präventiv zu handeln. Wenn Patienten das Gefühl haben, dass etwas nicht stimmt, sei es bei der Verschreibung eines Medikaments oder einer bevorstehenden Operation, können sie dies melden. Dadurch können potenzielle Fehler im Keim erstickt werden.

 

Die Schweizerische Patientenorganisation SPO bietet zudem medizinische Vorabklärungen an, um vermutete Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht zu überprüfen. Dieser Service kann nach einer vorherigen Beratung bei der SPO in Anspruch genommen werden.

 

Gerne wollte die DMZ weitere Einblicke in diese wichtige Initiative gewinnen und richtete deshalb folgende drängenden und nicht geklärten Fragen an die Verantwortlichen.

 

DMZ: Warum haben Sie sich entschieden, PatBox.ch ins Leben zu rufen, und welche Herausforderungen oder Vorfälle im schweizerischen Gesundheitswesen haben Sie dazu motiviert?

Viele Spitäler und zunehmend auch mehr ambulante Leistungserbringer haben ein lokales Fehlermeldesystem, in dem sicherheitsgefährdende Situationen und Beinahe-Unfälle anonym gemeldet werden können. Die Stiftung Patientensicherheit Schweiz betreibt seit vielen Jahren ein übergeordnetes Netzwerk (CIRRNET), in das Meldungen aus diesen lokalen Fehlermeldesystemen eingespeist werden können, um auf nationaler Ebene Risiken für die Patientensicherheit zu identifizieren. Diese Meldesysteme sind allerdings ausschliesslich Fachpersonen vorbehalten – jedoch bilden Patient:innen eine ebenso wichtige Perspektive im Gesundheitswesen ab. So kamen wir auf die Idee, dass es auch eine Möglichkeit geben müsste, dass Patient:innen (ebenfalls anonym) von ihren Erfahrungen und Erlebnissen berichten können. Die SPO ist zwar die Anlaufstelle für Patient:innen mit Beschwerden rund um das Gesundheitswesen – es gab jedoch bislang keine Online-Plattform und auch keine Möglichkeit, die eigenen Erlebnisse anonym zu teilen. Das Projekt setzt daher genau an der Schnittstelle beider Organisationen an.

 

DMZ: Seit dem Start von PatBox.ch - wie war die Reaktion von Patienten und Angehörigen? Haben Sie bereits bedeutende Erfolgsgeschichten oder Beispiele, bei denen Meldungen zu positiven Veränderungen geführt haben?

PatBox.ch ist kürzlich gestartet und es sind bereits diverse Meldungen eingegangen. Diese müssen wir nun erst auswerten. Wir werden im Herbst eine erste Analyse der eingegangenen Meldungen kommunizieren.

 

DMZ: Können Sie näher erläutern, wie die Sicherheit der Daten auf PatBox.ch gewährleistet ist und wie Sie sicherstellen, dass die Informationen streng vertraulich behandelt werden?

Die Übermittlung der Daten erfolgt verschlüsselt und die Datenserver liegen in der Schweiz. Zudem ist der Zugriff auf die Meldungen auf wenige Mitarbeitende bei der Stiftung Patientensicherheit Schweiz und der SPO Patientenorganisation beschränkt, die sich zu einem vertraulichen Umgang mit den Daten verpflichten. Weiterführende Informationen gibt die Datenschutzerklärung, die auf PatBox.ch einsehbar ist.

 

DMZ: Haben Sie eine Zusammenarbeit oder Kommunikation mit Gesundheitseinrichtungen in der Schweiz etabliert, um aufgrund von Meldungen Verbesserungen oder Veränderungen in den Abläufen vorzunehmen?

Beide Organisationen sind auf unterschiedliche Weise in engem Kontakt mit Gesundheitsinstitutionen. Patientensicherheit Schweiz ist in permanentem Austausch mit Leistungserbringern in der ganzen Schweiz, so dass Erkenntnisse und abgeleitete Massnahmen zu neuen Empfehlungen führen oder in bestehende Instrumente sowie in Aus- und Weiterbildungen integriert werden können. Die SPO ist als Ombudsstelle für sehr viele Leistungserbringenden tätig. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit werden auch Beschwerden von Patient:innen (anonymisiert) rapportiert. Es ist denkbar, dass die SPO die Meldungen auf PatBox.ch ebenfalls in dieses Reporting integriert.

 

DMZ: Wie wird PatBox.ch finanziert, und gibt es Möglichkeiten für die Öffentlichkeit oder Organisationen, die Initiative finanziell zu unterstützen?

PatBox.ch ist ein Pilotprojekt, das im Rahmen der Aktionswoche Patientensicherheit von der Eidgenössischen Qualitätskommission EQK finanziert wird. Eine Weiterfinanzierung des Projekts für ein erstes Jahr ist mit zusätzlichen Mitteln gewährleistet.

 

DMZ: Haben Sie Pläne, die Reichweite von PatBox.ch zu erweitern oder zusätzliche Funktionen hinzuzufügen, um die Patientenbeteiligung weiter zu fördern?

Hier ist noch wichtig zu erwähnen, dass PatBox.ch unter Patientenbeteiligung entstanden ist: Der Patientenbeirat der SPO hat das Projekt von Beginn an begleitet, sodass auch bei diesem Projekt die Patientenbeteiligung immer gewährleistet war. Je nach Erfahrungen mit PatBox.ch sind auch Weiterentwicklungen denkbar. Im Moment ist dies jedoch nicht geplant.

 

DMZ: Wie plant PatBox.ch, die breite Öffentlichkeit über die Plattform zu informieren und das Bewusstsein für die Bedeutung von Patientenmeldungen zu stärken?

Die Schweizerische Patientenorganisation SPO und Patientensicherheit Schweiz bewerben die Plattform im Rahmen ihrer Möglichkeiten über ihre bestehenden Netzwerke. Weiter ist eine öffentliche Kampagne in Planung, welche das Bewusstsein für die Thematik stärken soll. Und wir freuen uns natürlich, wenn auch andere Organisationen und Medien die Verbreitung unterstützen.

 

DMZ: Welche Kriterien verwenden Sie, um den Erfolg von PatBox.ch zu bewerten, und wie messen Sie den Einfluss auf die Patientenversorgung und das Gesundheitswesen insgesamt?

Bereits die Realisierung der Plattform ist ein grosser Erfolg für uns, denn sie bietet die Möglichkeit, Patient:innen eine Stimme zu geben. Für uns ist daher jede Meldung wichtig und somit ein Erfolg. Wir werden nach den ersten Wochen die Reichweite von PatBox.ch analysieren und zusätzliche, spezifische Kommunikationsmassnahmen ergreifen, um die breite Bevölkerung in allen Landesteilen über die neue Meldemöglichkeit zu informieren. Wir sind sehr zuversichtlich, dass die Meldungen einen positiven Einfluss auf die Gesundheitsversorgung haben werden – hier können wir auf die langjährige Erfahrung und gute Vernetzung unserer beiden Organisationen zurückgreifen.

 

DMZ: Haben Sie Pläne, PatBox.ch auf internationale Märkte auszuweiten oder Ihr Modell mit anderen Ländern zu teilen?

Unsere Organisationen sind ausschliesslich in der Schweiz tätig. Im Rahmen unserer internationalen Vernetzung sind wir aber bereits im Austausch mit anderen Ländern und werden unsere Erfahrungen zu PatBox.ch mit diesen offen teilen.

 

DMZ: Welche sind die größten Herausforderungen, denen Sie bei der Weiterentwicklung und Pflege von PatBox.ch gegenüberstehen, und welche Vision haben Sie für die Zukunft dieser Plattform?

Das Projekt steht erst am Anfang. Unsere Vision ist, dass jede Patientin und jeder Patient in der Schweiz weiss, dass es PatBox.ch gibt, für den Fall, dass Sie etwas erleben, was Sie gerne melden möchten. 

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