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AT: Chancen in Sicht: Wie Krisen neue Formen des Zusammenlebens und Zusammenarbeitens vorantreiben könnten

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                    

 

Die Gegenwart ist geprägt von multiplen Krisen, die Politik und Gesellschaft vor Herausforderungen stellen. Die Studie Arena Analyse widmet sich deshalb im Jahr 2023 dem Thema "Chancen in Sicht" und richtet damit den Fokus auf die Frage, in welchen Bereichen die aktuellen Krisen zu einem Wendepunkt hin zum Besseren werden könnten.

 

Die Arena Analyse wurde auf Einladung der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures gestern im Parlament präsentiert und gibt Einblicke in die Zukunftsanalysen von mehr als 50 Expert:innen, die in der Studie ausschließlich anonym zitiert werden. Es handelt sich um ein Projekt von Kovar & Partners, der Wochenzeitung DIE ZEIT und der Tageszeitung DER STANDARD.

 

Mit dem Titel "Chancen in Sicht" habe man für die diesjährige Arena Analyse einen bemerkenswert schönen Titel gewählt, betonte Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures in ihrer Eröffnungsansprache. Gerade in Zeiten multipler und erschütternder Krisen sei ein konstruktiver und optimistischer Zugang wichtig und richtig. Eine so positive Grundannäherung führe tatsächlich dazu, dass zwischen all den Brüchen und Konfrontationen aus der Analyse ersichtlich werde, dass so etwas wie ein vielversprechender Hoffnungsschimmer hervorscheine. So gebe es im Hinblick auf den Energiewandel beispielsweise in Europa derzeit durch intensive Forschung bei der Zwischenspeicherung von Wind- und Sonnenenergie große Entwicklungen. Gerade diese Forschung könne für den Erfolg der Energiewende auf unserem Kontinent von ganz entscheidender Bedeutung werden.

 

Die Analyse zeige aber auch Stolpersteine auf. Einer davon sei die aktuelle Arbeitsmarktkrise, die nicht nur durch gezielte Migration abzufedern sein werde. Daher müssten auch ungenutzte inländische Arbeitsmarktpotentiale mobilisiert werden, erklärte Bures. Gerade der Anteil an vollerwerbstätigen Frauen sei in Österreich besonders gering.

 

Nicht jede Krise sei eine Chance, aber man könne aus Krisen Chancen machen, betonte Walter Osztovics, Gesellschafter von Kovar & Partners. Dass dies gelingen kann, bedürfe es Menschen, die sich dafür zuständig fühlen, Veränderungsprozesse voranzutreiben und dabei Hartnäckigkeit und Ausdauer zeigen. Weiters seien Kooperation und gute Kommunikation für den Erfolg notwendig, denn nur so entstehe Akzeptanz und Konsens.

 

Der Blick auf die Krisen der vergangenen Jahre zeige, dass diese mehrere positive Entwicklungen ausgelöst haben. Zum einen hätten sie den sozialen Zusammenhalt gestärkt und zur Zunahme sozialer Innnovationen geführt, wie beispielsweise solidarischer Landwirtschaft und der Entstehung von Netzwerken für Nachbarschaftshilfe.

 

Die aktuelle Arbeitsmarktkrise führe dazu, dass die Anhebung des Pensionsantrittsalters unter anderen Gesichtspunkten diskutiert werden könne. Arbeitgeber:innen hätten durch den herrschenden Arbeitskräftemangel nun Interesse daran, ältere Arbeitnehmer:innen aufzunehmen und länger zu beschäftigen. Auch das Thema Zuwanderung müsse in diesem Hinblick neu diskutiert werden, gab Osztovics zu bedenken, denn man stehe vor dem großen Widerspruch, dass einerseits Kräfte aus dem Ausland händeringend gesucht werden, man andererseits aber jene Menschen nicht ins Land lassen wolle, die von sich aus kommen.

 

Besondere Chancen seien auch im Bereich der Politik zu verorten. Das Parlament bleibe zwar weiterhin die tragende Säule der Demokratie, doch die Vertrauenskrise in die Politik müsse gelöst werden. Daher bedürfe es neuer Formen der politischen Partizipation, wie beispielsweise Bürger:innenräte und partizipative Budgets.

 

Die anschließende Podiumsdiskussion, geleitet von Petra Stuiber, der stellvertretenden Chefredakteurin der Tageszeitung DER STANDARD und Florian Gasser, dem Leiter des Wiener Büros der Wochenzeitung DIE ZEIT mit Kulturwissenschaftlerin Judith Kohlenberger und Ökonom Harald Oberhofer drehte sich um Auswirkungen und Chancen der Arbeitsmarktkrise und um Bildungsthemen. "Krisen öffnen Zeit- und Möglichkeitsfenster", sagte Judith Kohlenberger. Es gelte diese Fenster zu nutzen, was aber nicht immer passiere. So habe sich beispielsweise gezeigt, dass viele jener Menschen, die in den Jahren 2015 und 2016 im Zuge der Flüchtlingskrise nach Österreich gekommen waren, während der Pandemie bereits wichtige Arbeitskräfte und in systemrelevanten Berufen überrepräsentiert gewesen seien. Ein schneller Berufseinstieg in medizinische Berufe schon vor dem Abschluss des Nostrifizierungsverfahrens der Bildungsabschlüsse dieser Menschen, die im Gesundheitsbereich tätig waren, sei damals zwar angekündigt, aber schlussendlich nicht umgesetzt worden.

 

Seit Ausbruch der Finanzmarktkrise vor rund 15 Jahren erlebe unsere Gesellschaft ständig neue Krisen und man müsse nun Wege finden, mit dieser Situation umzugehen, betonte Ökonom Harald Oberhofer. Dabei sei es besser, konstruktiv statt destruktiv zu sein. Zu sagen, dass früher alles besser gewesen sei und man daher zu dem zurückgehen wolle, wie es früher war, sei eine besorgniserregende Tendenz. Denn zum einen stimme es nicht, dass früher alles besser gewesen sei und zum anderen löse dieser Ansatz auch keine Probleme.

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

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