DMZ – POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦
In Kooperation mit dem Österreichischem Städtebund und dem Urban Forum wurde in diesem Rahmen die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in heimischen Städten und Gemeinden erörtert. Konkrete Handlungsfelder wurden von der Rektorin der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) Eva Schulev-Steindl anhand von Forschungsprojekten in den Bereichen Energie, Verkehr und Gebäudebau aufgezeigt.
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion sprachen Nationalratsabgeordneter Maximilian Köllner (SPÖ), Wiener Landtagsabgeordneter und Gemeinderat Stephan Auer-Stüger (SPÖ), die Vizebürgermeisterin der Stadt Graz Judith Schwentner (Grüne) und die Fachreferentin für Stadtplanung und Mobilität beim Österreichischen Städtebund Stephanie Schwer über die Umsetzung von Klima- und Mobilitätszielen.
Grundtenor: Klimaschutz kann nur gemeinsam gelingen
Ohne die Einbindung der Städte und Gemeinden seien die Herausforderungen unserer Zeit, wie der Klimaschutz und die Mobilitätswende, nicht zu bewältigen, meinte Bundesratspräsident Günter Kovacs. EU, Bund und Länder seien gefordert, entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Auf Ebene der Länder, Städte und Gemeinden gebe es bereits zahlreiche Initiativen, Ideen und Projekte. Trotz Unterschieden zwischen dem ländlichen und dem urbanen Bereich sei entscheidend, die Anstrengungen gemeinsam voranzutreiben und alle Potentiale zu nutzen, um die Klima- und Mobilitätsziele zu erreichen, meinte er. Die Fachtagung soll einen dazu Beitrag leisten.
Den demokratiepolitischen Aspekt von Verkehr hob der Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes Thomas Weninger hervor. Bei der Teilhabe an der Mobilität und Fragen des Klimawandels gehe es um gesellschaftliches Miteinander. Er sprach sich für den Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs mit langfristigen Vorplanungsmaßnahmen und einen Fonds für Infrastruktur aus.
Energieraumplanung als Lösungsansatz
Die Rektorin der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) Eva Schulev-Steindl präsentierte exemplarisch Studien und Pilotprojekte zur Energieraumplanung und nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen. Angesichts des Klimawandels suchen die Wissenschaft, aber auch Städte und Gemeinden nach Lösungen für dessen Eindämmung. Die auf Umweltrecht spezialisierte Wissenschaftlerin zeigte drei Handlungsfelder auf: die Dekarbonisierung der Energieversorgung, klimafreundliche Mobilität und klimafreundliches Wohnen.
Die Klimakrise komme einer Energiekrise gleich. Daher könne eine Wärmewende nur gelingen, wenn Städte und Gemeinden die Infrastruktur dafür aufbereiten und systemorientiert vorausschauend planen, sagte die Expertin. Die "Energiemosaik-Datenbank" der BOKU liefere eine Planungsgrundlage für die Energieraumplanung.
Für eine Mobilitätswende sollte der öffentliche Raum mit mehr Flächen für Fuß- und Radwege neu aufgeteilt werden, um eine aktive Mobilität zu fördern, meinte Schulev-Steindl. Den motorisierten Individualverkehr gelte es in Städten durch sogenannte "Umweltzonen" zu reduzieren und durch neue Formen von Mobilitätsangeboten wie Car-Sharing zu ergänzen sowie die Nutzung von E-Fahrzeugen voranzutreiben. In peripheren Gebieten sei eine integrierte Verkehrs- und Siedlungspolitik mit guter öffentlicher Anbindung und PKW-Alternativen von Nöten, so ihre Einschätzung. Auch die Reduktion von Tempolimits sieht sie als eine Möglichkeit zur Erreichung der Klimaziele.
Ob diese erreicht werden können, hänge auch davon ab, wie Gebäude genutzt und errichtet werden, plädierte die Expertin für eine Dekarbonisierung im Gebäudebereich, eine effiziente Energieraumplanung und die Errichtung von "Plusenergiegebäuden", die Energie bereitstellen und über einen bestimmten Zeitraum speichern können. "Nur gemeinsam schaffen wir die Wende", resümierte Schulev-Steindl.
Versiegelung reduzieren - Bepflanzung vorantreiben
Baumpflanzungen und Begrünungsoffensiven tragen wesentlich zur Verbesserung des Klimas bei, zeigten sich die Teilnehmer:innen der anschließenden Podiumsdiskussion überzeugt. Um einen Beitrag zu leisten, könne die Bodenversiegelung reduziert werden, so Maximilian Köllner. Zudem sprach er sich für einen sorgsamen Umgang mit Grundwasser aus und warb für den Abgang von wasserintensiven Kulturen in der Landwirtschaft.
Bäume stehen stellvertretend für die Neugestaltung des öffentlichen Raums, pflichtete Judith Schwentner bei. Dem Baumschutz wurde in den vergangenen Jahren zu wenig Beachtung geschenkt, kritisierte sie. Ein alter Baum könne durch einen kleinen, neuen Baum nicht ersetzt werden, unterstrich sie. Die Verkehrswende beginne mit aktiver Mobilität. Um zu Fuß gehen und Rad fahren attraktiv zu gestalten, bedürfe es gut ausgebaute Radwege und ausreichend Schattenraum.
Es müsse gelingen, die Menschen bei der Transformation mitzunehmen, betonte Stephan Auer-Stüger. Transformation führe bei Erfolg zu einem besseren Leben für alle, zeigte er sich überzeugt. Der hohe Versiegelungsgrad in den Städten wirke sich bei extremer Hitze besonders aus. Mehr Klimaschutz bedeute daher mehr Lebensqualität für alle, bedachte er Kreislaufprobleme bei älteren und kranken Personen.
Verkehrswende: Radwege statt Parkplätze
Graz habe einen Klimaschutzplan mit ambitionierten Zielen, hob Schwentner hervor. Stadtplanung und Verkehrsplanung werden darin gemeinsam bedacht. Bis 2030 wollen die Grazer Stadtverwaltung und die städtischen Unternehmen klimaneutral arbeiten. Bis 2040 soll Graz klimaneutral sein. Der Schlüssel zur Verkehrswende liege beim Verkehr in den Städten, betonte die Vizebürgermeisterin der Stadt Graz und trat dafür ein, Straßenraum neu zu verteilen. Dazu seien Parkplätze durch Radwege zu ersetzen und Straßenbahn sowie S-Bahn flächendeckend auszubauen. Schwentner sprach sich dafür aus, dass Städte direkt mit dem Bund an den Klimazielen arbeiten.
Zu Fuß gehen müsse angenehm und sicher sein, betonte auch Auer-Stüger. Gleiches gelte für das Rad. Wien setze dabei auf Rad-Highways, die Schnellverbindungen ermöglichen. Das Burgenland habe zum Ziel "Radland Nummer 1" zu werden, unterstrich Köllner. Kernaufgabe der Politik sei es, gemeinsam ein besseres öffentliches Verkehrssystem anzubieten.
Die Radinfrastruktur müsse massiv ausgebaut werden, betonte auch Stephanie Schwer vom Österreichischen Städtebund. Dazu bräuchte es eine Verzehnfachung der Investitionen, sagte sie. Kostensparender wäre die gemeinsame Nutzung der Straße von Autos und Radfahrer:innen. Studien würden belegen, dass dies bei Einhaltung der Geschwindigkeitsgrenze von 30 km/h möglich sei. Schwer wies aber auf strukturelle Tempoüberschreitungen hin. Die Fachreferentin sprach sich dafür aus, die Geschwindigkeitsüberwachung in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden zu übertragen und automatisierte bildgebende Verfahren auf Ebene der Gemeinden rechtlich zu ermöglichen. Durch eine dahingehende Änderung der Straßenverkehrsordnung könnte der Verkehr schnell beruhigt werden, zeigte sie sich überzeugt.
E-Mobilität alleine reicht nicht
Nachhaltige Klimapolitik bedürfe Gestaltung, so Auer-Stüger. Dabei gelte es bei Gebäuden und Mobilität anzusetzen. Ziel sei nicht, alle Autos in E-Autos umzutauschen. Vielmehr gelte es den Anteil der Autos am Gesamtverkehr zu reduzieren und diesen Teil umzustellen, führte Auer-Stüger aus. Dazu bedürfe es ausreichend Kapazitäten, wie etwa Ladestationen für E-Autos.
Etwa ein Drittel der Treibhausgasemissionen in Österreich würden durch den Verkehr verursacht, so Schwer. Dieses Drittel steige massiv, daher reiche Elektromobilität alleine nicht. Um die Klimaziele zu erreichen, müsste der Pkw-Verkehr um ein Drittel reduziert werden. Um Verhaltensänderungen zu bewirken, müssten die Menschen überzeugt werden. Dazu bedürfe es entsprechender Angebote auf lokaler Ebene, sagte sie.
Neben den Städten nahm Schwer auch den Bund in die Verantwortung. Durch Subventionen habe dieser großen Einfluss. Schwer sprach von "kontraproduktiven Subventionen" anstelle von rechtlichen Rahmenbedingungen für Gemeinden, die Planungssicherheit schaffen würden. Städte benötigen finanzielle Mittel für den laufenden Betrieb von öffentlichen Verkehrsmitteln ebenso, wie für deren Ausbau. Denn ein elektrischer Bus koste in der Anschaffung zwei- bis dreimal so viel, wie ein herkömmlicher Bus. Mangels Planungssicherheit könnten Städte nicht investieren. Beim Klimabonus ortete Schwer neben kontraproduktiven Anreizen auch eine unsachliche Diskriminierung der Städter:innen.
Neusiedlersee: Zusammenwirken von Bund, Ländern und Gemeinden notwendig
Am Beispiel des Neusiedlersees schilderte Köllner das Problem der Austrocknung. Obgleich die umliegenden Gemeinden "ihre Hausaufgaben machen", um der Austrocknung entgegenzuwirken, bedürfe es ein Zusammenwirken von Bund, Ländern und Gemeinden. Neben dem Ausbaggern von Schlamm, gebe es Gespräche über Zuleitungen. Mit dem Ziel das "Naturjuwel abzusichern" werde eine innerösterreichische Lösung oder ein Projekt mit Ungarn angedacht."
Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦
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