DMZ – BILDUNG ¦ Lena Wallner ¦
KOMMENTAR
Der Schweizer Verschwörungsguru Daniele Ganser darf vielerorts nicht mehr auftreten. Zum einen sind es vernunftbegabte Regierungen und/oder Veranstalterinnen und Veranstalter in Deutschland, der Schweiz und Österreich, die dem „Geschäftsmodell“ Ganser einen Riegel vorschieben wollen. So wurden geplante Auftritte seiner Vortragsreihe zum Ukrainekrieg (erst) nach öffentlicher Kritik in einigen Städten abgesagt, so z.B. in Steyr, Innsbruck, Dortmund und Nürnberg. Denn wer Desinformation unterstützt und eine Plattform bietet, macht sich mitschuldig. Trotzdem gibt es noch einige Veranstaltungsorte, denen offenbar Geld wichtiger ist als Verantwortung. So auch das Forum im Kanton Freiburg / Schweiz.
Unprofessionelle Kommunikation
Auf unsere Anfragen wurde gar nicht erst reagiert. So läuft die Kommunikation des Öfteren im umstrittenen Veranstaltungstempel, der immer wieder negativ in den Medien in Erscheinung tritt. Im Jahr 2019 wurde bekannt, dass das Forum jährlich einen Schaden von 420'000 Franken produziert. Die Gründe: Hohe Betriebskosten, Mangel an Investitionen, schlechte Kommunikation, strategischen Differenzen mit dem Haupteigentümer der Räumlichkeiten (der Kanton Freiburg) und das Verschwinden der Freiburger Messe aus dem Veranstaltungskalender.
Immerhin hat sich der Kanton auf unsere Frage, wieso die Veranstaltung des Verschwörungstheoretikers Daniele Ganser bewilligt wurde, gemeldet, aber nur, um uns mitzuteilen, dass er damit nichts zu tun habe. Dies, obschon der Staat Freiburg 47 Prozent der Aktien des Unternehmens hält.
Die Direktion für Bildung und kulturelle Angelegenheiten lässt uns gar mitteilen, dass wir uns wahrscheinlich in der Adresse geirrt hätten und verwies uns ans Kanzleramt, welches auch nach drei Tagen immer noch nicht geantwortet hat.
Daniele Ganser verbreitet Verschwörungstheorien, besonders zum 11. September 2001 und aktuell zum Russisch-Ukrainischen Krieg. Unsere Anja Zuercher hat Herrn Ganser auch schon auf den Zahn gefühlt. Wie viele Querdenker betrachtet auch Daniele Ganser die Ungeimpften als die neuen Juden und benutzt die Schoa, sich als Opfer darzustellen. Die RIAS-Leiterin Annette Seidel-Arpacı und Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftragter Michael Blume kritisieren Ganser scharf.
Wegen Äußerungen zur Coronapandemie werden Ganser Antisemitismus und Holocaust-Verharmlosung vorgeworfen. So hat er unter anderem die Impfung als Spaltung der Gesellschaft beschrieben und den Vergleich zum Naziregime gezogen, als zwischen Juden und Nichtjuden unterschieden wurde. Laut Christian Kreil („Stiftung Gurutest“) bedient Gansers Holocaustvergleich bewusst die Erwartung seines Publikums. Das sei „Teil des Geschäftsmodells eines Verschwörungsplauderers“, für das er den Verlust seines Ansehens in Kauf nimmt.
Auch beim “Manifest der neuen Erde” wirkte Daniele Ganser mit, ein Manifest, hinter welchem abstruse politische Vorstellungen stecken. Marko Kovic findet, dass solche esoterisch-verschwörungsideologisch angehauchten Ideen ein gefährlicher Vektor für die Verbreitung antidemokratischer Einstellungen sind.
Es ist wichtig, dass wissenschaftliche Arbeit und Forschungsergebnisse von Experten auf ihre Genauigkeit und Integrität überprüft werden, um sicherzustellen, dass sie zuverlässig und akkurat sind. Grundsätzlich ist es nicht akzeptabel, jemanden ohne stichhaltige Beweise oder basierend auf Meinungen und Vorurteilen zu diffamieren oder zu beleidigen. Im Fall Ganser liegen die Fakten allerdings klar auf und Kritik ist mehr als angebracht.
Ganser ist gefährlich
Es gibt Experten, die Ganser als gefährlich bezeichnen, so z.B. Klaus Gestwa, Professor an der Universität Tübingen, der u.a. sagt: „Ganser ist brandgefährlich, weil er demokratieskeptische Milieus durchdringt und so immer weiter vom demokratischen Diskurs entfremdet." Ludwig Spaenle, bayerischer Antisemitismusbeauftragter (CSU), sagt: "Herr Ganser nennt sich Publizist und Historiker, aber er ist ein Agitator, der im Dunstfeld der gängigen Verschwörungstheorien agiert, im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg eine einseitige Russland-blinde Form der Argumentation findet und sich in rechtslastigen bis rechtsextremen Kreisen bewegt".
Es ist wichtig, dass die Menschen in der Lage sind, eine informierte Meinung zu bilden und sich auf wissenschaftliche Fakten und Beweise zu stützen, anstatt sich auf unbestätigte Behauptungen oder Verschwörungstheorien zu verlassen. In der wissenschaftlichen Gemeinschaft ist es normal, dass verschiedene Standpunkte diskutiert und überprüft werden, um das Wissen und Verständnis zu verbessern. Viele Ganser-Kenner sprechen allerdings dem Ganser-Publikum eine solche Fähigkeit ab. Das macht Ganser zusätzlich gefährlich.
Zu den Auftrittsabsagen beklagt sich Ganser gerne und oft und stellt die Absagen als angebliche Unterdrückung seiner Redefreiheit dar und vergleicht sich sogar mit NS-Gegnern wie Sophie Scholl und der Weißen Rose. Dies wurde als Relativieren von NS-Verbrechen kritisiert.
Unsere Fragen, wieso einem Verschwörungstheoretiker eine Bühne geboten wird, wie die Qualitätssicherung im Forum aussieht, nach welchen Kriterien Veranstaltungen angenommen werden, wie solches Gebaren vor den Steuerzahlern gerechtfertigt wird, bleiben leider unbeantwortet. Dass Medien-(An)Fragen nicht beantwortet werden, sagt allerdings sehr viel über eine Unternehmung aus.
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