DMZ – POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦
Mit der am 16.2.23 im Bundesrat mehrheitlich angenommenen Novelle des Stromkostenzuschussgesetzes werden größere Haushalte mit mehr als drei Personen bei der sogenannten Strompreis- bzw. Stromkostenbremse, die bereits seit 1. Dezember 2022 in Kraft ist, durch den "Stromkostenergänzungszuschuss" stärker berücksichtigt.
Pro zusätzlich gemeldeter Person beträgt dieser 105 € im Jahr. Eine weitere Änderung betrifft jene Personen, die ihren privaten Strombedarf nur aus einem als land- und forstwirtschaftlich oder gewerblich eingestuften Stromlieferungsvertrag beziehen. Diese haben ab 1. Juni 2023 ebenfalls Anspruch auf den Stromkostenzuschuss.
Für die höhere Abgeltung der Netzverlustkosten war durch eine breite mehrheitliche Zustimmung der Länderkammer die verfassungsmäßig notwendige Zweidrittelmehrheit gegeben. 2023 werden demnach 558 Mio. € oder 80 % der Mehrkosten für Stromkund:innen abgefedert.
Stromkostenergänzungszuschuss für Haushalte mit mehr als drei Personen
Die Zielsetzung der Stromkostenbremse ist laut Vorlage der Koalitionsparteien weiterhin, die Kostenbelastung von Haushaltskundinnen und Haushaltskunden durch die Sicherstellung einer leistbaren Stromversorgung zu verringern. Befristet ist die Leistung wie schon bisher mit 30. Juni 2024. Klargestellt wird nun, dass die Unterstützung sowohl das Grundkontingent des Stromverbrauchs von bis zu 2.900 kWh/Jahr je Zählpunkt als auch den "Stromkostenergänzungszuschuss" - also das Zusatzkontingent für Haushalte mit mehr als drei Personen – umfasst.
Um Personen, die den privaten Strom für den Wohnsitz nur aus einem als land- und forstwirtschaftlich oder gewerblich eingestuften Stromlieferungsvertrag beziehen, nicht ungerechtfertigt zu benachteiligen, wird diesem Personenkreis mit der Novelle ab 1. Juni 2023 auch ein Zugang zum Stromkostenzuschuss eröffnet, und zwar bis Ende 2024, damit die Zuschussleistung ebenfalls 19 Monate umfasst.
Durch die ab 1. Dezember 2022 geltende Stromkostenbremse sei bereits eine Entlastung für Stromkund:innen spürbar, 700.000 Haushalte mit mehr als drei Personen würden nun zusätzlich mit 105 € pro Kopf und Jahr entlastet, zeigte sich Alexandra Platzer (ÖVP/O) erfreut.
Auch Doris Hahn (SPÖ/N) begrüßte grundsätzlich die Ausweitung der Strompreisbremse. Die SPÖ-Mandatarin vermisste jedoch die Treffsicherheit der Maßnahme und ortete einen aufgeblähten Administrationsapparat. Im besten Fall könne die Maßnahme die Inflation um 0,6% dämpfen, was bei mehr als 11 % Inflation "ein Tropfen auf den heißen Stein" sei.
Markus Steinmaurer (FPÖ/O) signalisierte ebenfalls Zustimmung, übte jedoch Kritik an der Abwicklung der Förderanträge durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft, die damit überfordert sei. Zudem forderte Steinmaurer ein Zurückfließen der inflationär bedingten steuerlichen Mehreinnahmen, etwa durch Steuersenkungen für Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen. Ein vom FPÖ-Mandatar eingebrachter Entschließungsantrag betreffend "Gerechtigkeit im Stromkostenzuschussgesetz herstellen", in dem etwa die Anwendung des Stromkostenzuschusses für Haushalte, die über keinen gesonderten Stromlieferungsvertrag verfügen, gefordert wird, blieb bei der Abstimmung in der Minderheit.
Laut Adi Gross (Grüne/V) handelt es sich um eine sozial treffsichere Maßnahme, die inflationsbremsend wirkt. Begrüßenswert sei auch die Ausweitung auf vorwiegend kleine landwirtschaftliche und gewerbliche Betriebe, erklärte Gross. Grundsätzlich gehe es aber darum, Bauernhöfe auf ihrem Weg zur Energieautarkie zu unterstützen.
Energieministerin Leonore Gewessler sprach von einem "weiteren Baustein" unter einer Vielzahl von Entlastungsmaßnahmen. Die Hälfte der 700.000 Haushalte werde die Entlastung automatisch ohne Antrag erhalten. Für alle jene, bei denen das nicht möglich sei, werde es ab Mitte April ein Antragsmodell geben.
Höhere Abgeltung der Netzverlustkosten: 2023 werden 558 Mio. € abgefedert
2023 wird die Kompensation der Netzverluste für Haushalte auf 558 Mio. € aufgestockt. Vorgesehen ist, damit 80 % der Mehrkosten abzugelten. Durch die hohen Energiepreise seien auch die Kosten für die Beschaffung von Netzverlustenergie signifikant angestiegen, wird von den Regierungsfraktionen angeführt. Ursprünglich waren dazu 675 Mio. € eingeplant. Zwischenzeitig seien die Energiepreise deutlich gesunken, sodass man aktuell von einem niedrigeren Kostenwert ausgehen könne, heißt es dazu in dem von ÖVP und Grünen im Nationalrat eingebrachten Abänderungsantrag zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010.
Es handle sich bei der Kompensation der Netzverlustkosten um eine schnelle und unbürokratische Hilfe, erklärte Christoph Stillebacher (ÖVP/T). Die Teuerung habe Österreich weiterhin fest im Griff, weshalb weitere Entlastungsmaßnahmen im Fokus der Regierung stehen würden.
Günther Novak (SPÖ/K) sprach von "absurd hohen Strompreisen" aufgrund der Verwerfungen auf den Energiemärkten. Dadurch seien auch die Netzverlustkosten enorm angestiegen. Der Weg führe nicht an einer systemischen und europarechtlichen Lösung vorbei. Nur der Ausbau der erneuerbaren Energien könne die Stromkosten in Zukunft nachhaltig senken.
Obwohl Johannes Hübner (FPÖ/W) dafür plädierte, die Erzeuger zu einem kostenlosen Ersatz der Netzverluste zu verpflichten, signalisierte er die Zustimmung seiner Fraktion. Dies sei jedoch nur deshalb erforderlich, da es die Regierung unterlassen habe, Maßnahmen gegen das Versagen des Strommarktes zu setzen.
Es gehe um eine technische Anpassung des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes mit sozialpolitischer Zielsetzung, um reduzierte Kosten für die Kund:innen sicherzustellen, betonte Adi Gross (Grüne/V). Um aus dem "Dilemma" herauszukommen, müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien das Ziel sein, unterstrich auch der Grünen-Mandatar.
Für Energieministerin Gewessler handelt es sich um eine weitere Maßnahme, die dazu beitrage, "dass die Österreicher:innen mit ihrem Geld auskommen". Es werde noch dauern, bis die aktuell gesunkenen Energiepreise bei den Endkund:innen ankommen würden. Man arbeite bereits an einer systemischen und europarechtlich haltbaren Lösung, dafür benötige man aber noch Zeit, so Gewessler.
Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦
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