DMZ – POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦
Die EU-Jahresvorschau 2023 ( III-871 d.B.) von Klimaschutz- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler gibt einen Überblick über die wichtigsten Vorhaben 2023 aus dem Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission in den Bereichen Umwelt, Klima und Verkehr.
Das Arbeitsprogramm enthalte eine ambitionierte Agenda, mit der einerseits auf die aktuelle Krise reagiert und andererseits parallel dazu der grüne und digitale Wandel vorangetrieben werde, wird eingangs im Bericht betont. Die Europäische Kommission habe Vorschläge für die Umsetzung des Europäischen Grünen Deals vorgelegt. Nun gelte es auf eine Einigung hinzuarbeiten, insbesondere über das Paket "Fit for 55".
Die Kommission sei bestrebt, weitere Klima- und Umweltmaßnahmen, Vorschläge zur Verbesserung der Luft- und Wasserqualität sowie Initiativen im Bereich der Kreislaufwirtschaft auf den Weg zu bringen. Die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme sowie der Arten- und Naturschutz würden weit oben auf der Agenda stehen. Bei der Bekämpfung des Klimawandels wolle die Europäische Kommission ihrer "führenden Rolle" nachkommen. Ferner prüfe die Europäische Kommission Möglichkeiten, die Funktionsweise der europäischen Strommärkte zu verbessern, sowie die Gründung einer neuen Europäischen Wasserstoffbank. Ebenso sollen Maßnahmen zur Reduzierung von Abfällen ergriffen werden. Hinsichtlich intelligenter und nachhaltiger Mobilität sei die Europäische Kommission bestrebt, an der weiteren Ökologisierung des Güterverkehrs zu arbeiten, um die Emissionen zu reduzieren.
Verkehr: Übergang zu einer umweltfreundlicheren Mobilität
Im Rahmen des "Efficient and Green Mobility Package" soll das EU-Verkehrssystem modernisiert und der Übergang zu einer umweltfreundlicheren Mobilität unterstützt werden. Dazu sollen das transeuropäische Verkehrsnetz, intelligente Verkehrssysteme, der grenzüberschreitende Schienenfernverkehr sowie die städtische Mobilität verbessert werden. Ende 2022 wurde die allgemeine Ausrichtung im Rat der Verkehrsminister:innen beschlossen. Österreich hat dem Kompromiss zwar zugestimmt, bedauert aber die vorgenommenen Abschwächungen, wie etwa bei der Schieneninfrastruktur, wird im Bericht angeführt.
2023 soll es zu einer Einigung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe mit verpflichtenden Mindestvorgaben für die Lade- und Betankungsinfrastruktur insbesondere für rein emissionsfreie Antriebe kommen. Gemeinsam mit den CO2-Flotten-Standards für Fahrzeuge sei dies der zweite wesentliche Baustein für den Infrastruktur-Ausbau. Dieses neue 2035-Ziel bedeutet ein de facto-Verkaufsende für neue Benzin- und Dieselfahrzeuge in der EU.
Zudem sind im Verkehrsbereich Initiativen zur Ökologisierung des Güterverkehrs und zur Forcierung des kombinierten Verkehrs geplant. Kritisch sieht Österreich eine Überarbeitung der Richtlinie über höchstzulässige Gewichte und Abmessungen schwerer Nutzfahrzeuge als Teil der Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität.
Reduktion der Emissionen in der Luftfahrt
Der Kommissionsvorschlag ReFuelEU Aviation, der eine Beimischungsverpflichtung für alternative Treibstoffe in der Luftfahrt vorsieht, wird 2023 weiter verhandelt. Anfang 2023 sollen auch die Verhandlungen über eine Revision des EU-Emissionshandelssystems für die Luftfahrt abgeschlossen werden. Hinsichtlich des internationalen Klimaschutzinstruments CORSIA sieht Österreich Handlungsbedarf, um Rechtssicherheit zu schaffen. Keine Einigung zwischen den Mitgliedsstaaten gibt es bis dato über einen Vorschlag für einen einheitlichen europäischen Luftraum für mehr Sicherheit und weniger Emissionen. Eine Wiederaufnahme der Verhandlungen über die Neuregelung von Fluggastrechten bei Ausfällen ist derzeit nicht in Sicht. Ein Entwurf zur Stärkung der Passagier-Rechte aller Verkehrsträger wird hingegen erwartet.
Biodiversitätsstrategie für geschädigte Ökosysteme
Die Europäische Kommission hat 2022 einen Vorschlag zur Wiederherstellung und Renaturierung geschädigter Ökosysteme in der EU vorgelegt. Dieser sei einer der wichtigsten Legislativvorschläge zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie und der "Vom Hof auf den Tisch"–Strategie. Ziel des Vorschlags ist es, Ökosysteme wiederherzustellen.
Weitere Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgas-Emissionen
Das von der Europäischen Kommission vorgelegte Fit for 55-Paket ist eine unmittelbare Reaktion auf die Vorgaben aus dem Klimaübereinkommen von Paris. Sowohl das 2030-Ziel von 55 % weniger Treibhausgas-Emissionen als auch das Klimaneutralitätsziel bis 2050 sind dabei zentrale Eckpunkte. Damit soll sichergestellt werden, dass die globale Temperaturerhöhung auf deutlich unter 2°C – bzw. möglichst auf 1,5°C – eingedämmt wird. Bei der nächsten Klimakonferenz (COP28) Ende 2023 müsse es dringend ambitioniertere Beschlüsse als bei der letzten Konferenz 2022 geben, damit dieses Ziel in Reichweite bleibt, wird im Bericht angeführt.
Ende 2022 gab es eine politische Einigung über einen Kommissionsvorschlag, der eine Erhöhung des Reduktionsziels für den EU-Emissionshandel (EU-EHS) sowie ein eigenes Handelssystem für Emissionen aus den Sektoren Gebäude und Verkehr vorsieht. Gratiszuteilungen für abwanderungsgefährdete Branchen sollen weiter aufrechterhalten werden. Zudem sollen die bestehenden Fonds, die den Umstieg auf eine klimaneutrale Gesellschaft unterstützen, massiv ausgeweitet werden. 2023 soll auch ein Vorschlag finalisiert werden, der das Ziel zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen auf jene Sektoren herunterbricht, die nicht dem EU-Emissionshandelssystem (EHS) unterliegen.
Künftig soll verhindert werden, dass die niedrigeren Treibhausgasemissionen in der EU durch Einfuhren von CO₂-intensiven Erzeugnissen aus Drittländern, in denen die Klimaschutzmaßnahmen weniger ambitioniert sind, wieder zunichtegemacht werden. Der Vorschlag für eine neue EU F-Gase-Verordnung soll dazu beitragen, die Treibhausgasemissionen und den Anteil an fluorierten Gasen zu senken. Eine Überarbeitung der Ozon-Verordnung soll sicherstellen, dass die EU ihren Verpflichtungen aus dem Montrealer Protokoll nachkommt.
Luftqualität und Industrie-Emissionen
Der Vorschlag zur Überarbeitung der bestehenden Luftqualitätsrichtlinie beinhaltet strengere Normen ab 2030 sowie die Verankerung eines Null-Schadstoff-Ziels bis spätestens 2050. Der Vorschlag einer Aktualisierung der Richtlinie über Industrie-Emissionen sieht unter anderem strengere Genehmigungsverfahren sowie die Unterstützung innovativer Betriebe und der Kreislaufwirtschaft vor. Österreich fordert hier eine ausgewogene Mehrbelastung der Betriebe.
Kreislaufwirtschaft durch Ökodesign und mehr Nachhaltigkeit
Die Europäische Kommission hat 2022 einen Vorschlag für Ökodesign-Anforderungen vorgelegt. Dieser soll nachhaltige Produkte zur Norm machen, kreislauforientierte Geschäftsmodelle fördern und die Ressourcenunabhängigkeit Europas stärken. Ende 2022 hat die Europäische Kommission auch ein Kreislaufwirtschaftspaket vorgelegt, das unnötige Verpackungen einschränken und wiederverwendbare sowie nachfüllbare fördern soll. 2023 soll auch die Abfallrahmenrichtlinie mit den Schwerpunkten Textilien und Lebensmittelverschwendung überarbeitet werden. Illegale Abfallverbringungen sollen durch ein neues Konzept reduziert werden.
Ausbau erneuerbarer Energien und mehr Energieeffizienz
Mit der Überarbeitung der Erneuerbaren-Richtlinie verfolgt die Kommission das Ziel, dass der Anteil erneuerbarer Energien im Gesamtenergiemix bis 2030 mindestens 40 % beträgt. Zudem ist eine EU-Wasserstoffbank geplant, die die Produktion und die Importe künftig fördern soll. In Sachen Energieeffizienz soll das EU-weite Energieeffizienzziel weiter erhöht und die Mitgliedstaaten zu Energieeinsparungen verpflichtet werden. So sollen unter anderem drei Prozent der Gebäude in öffentlicher Hand jährlich auf Niedrigstenergie-Standard renoviert werden. Hinsichtlich der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden soll ein rechtlicher Rahmen zur Transformierung des Gebäudebestands auf ein klimaneutrales Niveau bis 2050 festgelegt werden. Fortschritte soll es 2023 auch über Vorschläge der Kommission zur Verringerung der Methanemissionen im Energiesektor sowie über das Gaspaket geben, das einen Rechtsrahmen für erneuerbare Gase und für Wasserstoff vorsieht.
Österreich begrüßt die Einrichtung eines Klima-Sozialfonds gegen die Energiearmut vulnerabler Gruppen, sieht aber die finanzielle Konstruktion (Eigenmittel) kritisch. Österreich soll aus diesem Fond 2025-2032 insgesamt ca. 644 Mio. € generieren können.
Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦
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