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AT: FPÖ ortet Zerstörung des österreichischen Gesundheitssystems

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                    

 

Knapp drei Jahre "Corona-Politik" hätten die österreichische Gesundheitsversorgung ruiniert, urteilt die FPÖ in der Bundesratssitzung im Rahmen einer Dringlichen Anfrage. Darin stellten sie 131 Fragen an Gesundheitsminister Johannes Rauch, die sich vor allem auf den finanziellen und personellen Zustand des Gesundheitssystems beziehen. Rauch analysierte die gesundheitspolitischen Problemfelder aus seiner Sicht und legte seine Lösungsansätze dar.

 

Im Zuge der Debatte brachte die FPÖ einen Entschließungsantrag ein, in dem sie von Gesundheitsminister Rauch die Vorlage einer Novelle des Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetzes (EEZG) fordern, damit eine steuer- und abgabenfreie Auszahlung der 2.000 € an Pflegeprämie im Dezember 2022 erfolgen kann. Die Abgaben- und Steuerfreiheit für die Pflegeprämie soll laut Antrag für 2023 und die Folgejahre gesetzlich verankert werden, habe für alle Bundesländer zu gelten und sich auch auf Zusatzprämien der Länder, Gemeinden und Pflegeheimträger zu erstrecken. Der Antrag blieb in der Minderheit.

 

FPÖ-Anfrage zum Gesundheitssystem "am Abgrund"

Die COVID-19-Maßnahmen der Bundesregierung hätten nicht nur Gesellschaft, Wirtschaft und Arbeitsmarkt geschädigt, sondern auch das Gesundheitssystem organisatorisch, finanziell und personell "an den Abgrund" gebracht, führen die Freiheitlichen in ihrer Dringlichen Anfrage unter dem Titel "Türkis-Grün zerstört das österreichische Gesundheitssystem" aus. Sowohl das Spitalswesen als auch der niedergelassene Bereich sei "massiv betroffen", wie sie mit zahlreichen Meldungen aus den Medien illustrieren. Inzwischen sei es zum Standard geworden, lange auf notwendige Untersuchungen zu warten und auf der Suche nach einem Spitalsbett mehrere Krankenhäuser "abklappern" zu müssen. Weder Gesundheitsminister Rauch, noch die zuständigen Landesrät:innen in den Bundesländern würden auf die wachsende Bedrohungslage reagieren, wodurch Sozialversicherten medizinische Leistungen vorenthalten, Patient:innenrechte verletzt und die "österreichische Volksgesundheit" bedroht werde.

 

Auch das Gesundheitsbudget für 2023 stellt laut FPÖ einen "Anschlag" auf die österreichische Gesundheitsversorgung dar, die weiter "ausgehungert" werde, während Milliarden in die COVID-19-Maßnahmen wie die Impfstoffbeschaffung, Testungen und die Finanzierung eines in Aussicht genommenen Lockdowns investiert würden. Gesundheitsminister Johannes Rauch bescheinigen sie angesichts dieser Entwicklungen Inaktivität und richteten dazu 131 Fragen an ihn.

 

Im Plenum sprach Anfragesteller Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) von einer "Politik des Versagens" der Bundesregierung und berichtete von "täglichen Horrormeldungen" aus den heimischen Krankenanstalten. Es hätte drei Jahre und drei grüne Gesundheitsminister gebraucht, um das Gesundheitssystem "an den Abgrund" zu führen. Die aus Spanrings Sicht evidenzlose und überzogenen COVID-19-Politik hätten dieses nachhaltig geschädigt. Schon vor der Pandemie sei das Gesundheitssystem angespannt gewesen. Doch anstatt die Krise für eine Sanierung zu nutzen, würden die Warnungen zahlreicher Ärzte und der Bundeskurie der angestellten Ärzte ignoriert, wie Spanring bemängelte.

 

Gesundheitsminister Rauch über strukturelle Probleme des Gesundheitswesens

Gesundheitsminister Rauch hielt bei seiner Anfragebeantwortung eingangs fest, dass seine Vorgängerin, FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein, eine "Verwüstung angerichtet" habe und es drei Jahre für die darauf folgenden Gesundheitsminister der Grünen gedauert habe, "einigermaßen wieder aufzuräumen" und parallel dazu eine Pandemie zu managen. Rauch teilte die Problemanalyse der Freiheitlichen teilweise und erklärte, dass die Arbeitsbedingungen insbesondere für Kassenärzt:innen wenig attraktiv seien und daraus ein Mangel in diesem Bereich resultiere. Den Patien:innen bleibe vielfach nur mehr die Möglichkeit entweder zu Wahlärzt:innen oder in Spitäler zu gehen, weshalb wiederum letztere mehr Geld fordern. Dies könne laut Rauch jedoch nicht die Lösung sein, sondern der niedergelassene Bereich müsse gestärkt werden. Problematisch sei auch, dass Österreichs Gesundheitswesen nur die zwei Zustände krank und gesund kenne, weshalb die Gesundheitsvorsorge gegenüber der Behandlung oftmals vernachlässigt werde.

Rauch sah auch Schwierigkeiten, die sich aus der dreigliedrigen Finanzierung des Gesundheitssystem (Bund, Länder und Sozialversicherung) und aus dem Demographie-bedingten Wegfall von Beitragszahler:innen der Krankenkassen ergäben. Ziel könne hier nicht sein, einfach mehr Geld in das System zu "schütten", sondern strukturelle Reformen in Richtung einer "Finanzierung aus einer Hand" umzusetzen. So werde bei den Finanzausgleichsverhandlungen ein bundesweit einheitliches Gesundheitssystem mit einheitlichen Qualitätsstandards angestrebt. Generell verfüge Österreich jedoch bereits über ein gut funktionierendes Gesundheitswesen, wie auch die OECD unter Verweis auf eine vergleichsweise hohe Spitalsdichte und eine große Zahl an ausgebildeten Mediziner:innen bescheinige.

 

Bei der Beantwortung der Fragen der FPÖ verwies Rauch oftmals auf die Zuständigkeit der Länder, in die etwa die Frage der Personalbesetzungen im Gesundheitswesen falle. Die Länder seien auch nicht verpflichtet, Meldungen über fehlendes Gesundheitspersonal an den Bund zu richten. Er stehe jedoch im ständigen Austausch mit den Landeskrankenanstalten um sich ein Bild der Situation zu machen und die Versorgung sicherstellen zu können. Auch die angekündigte Pflegemilliarde sei Sache der Länder, doch der Bund sei hier in Vorleistung gegangen. Rauch bezeichnete diese als "Notmaßnahme", da die Länder dahingehend keine Einigung erzielen konnten. Im kommenden Jahr werde die Prämie als Lohnbestandteil an das Pflegepersonal ausbezahlt. Weiters nannte Rauch unter anderem die Entlastungswoche, einen Ausbildungszuschuss sowie ein Pflegestipendium, um die Ausbildung zur Pflegekraft attraktiver zu machen, was sich auch bereits in einer gestiegenen Nachfrage niederschlage.

 

Plenardebatte um Verantwortlichkeiten im Gesundheitssystem

Unzufrieden mit Rauchs Beantwortung zeigte sich die FPÖ. Er habe lediglich die Verantwortung für das "zusammenbrechende" Gesundheitssystem auf seine Vorgängerin Beate Hartinger-Klein abgeschoben, meinte etwa Marlies Steiner Wieser (FPÖ/N). Dieser sei jedoch nicht das Gesundheitspersonal "weggelaufen", wie dies unter Rauch geschehe. Steiner Wieser wandte sich abermals gegen die bisherigen COVID-19-Schutzmaßnahmen, die einer "Politik der Pharma-Industrie" entspreche und die Menschen in ihren persönlichsten Lebensbereichen einschränke. Ihr steirischer Fraktionskollege Markus Leinfellner sprach von einer "Zwei-bis-drei-Klassen-Medizin", da sich viele Patient:innen keine Wahlärzt:innen leisten könnten. Zudem sei das Immunsystem der Bevölkerung durch die COVID-19-Maßnahmen derart geschwächt, sodass eine Grippe viele bereits wochenlang ans Bett fessle. Im Endeffekt hätten die Maßnahmen den Menschen also zunächst die Freiheit und dann die Gesundheit genommen, so Leinfellner.

 

Der Steirische ÖVP-Bundesrat Karlheinz Kornhäusl äußerte seine Empörung angesichts der Anschuldigungen durch die Freiheitlichen. Dieser Stil würde nachhaltig dem Image der Politik schaden, was sich auch in Studien niederschlage. Kornhäusl attestierte der FPÖ eine "naive" Vorstellung davon, wie Politik funktioniere, wenn sie glaube, man könne die Mittel zur Bewältigung der Pandemie einfach für andere Zwecke im Gesundheitssystem nutzen. Er gestand jedoch zu, dass Österreich gesundheitspolitisch vor großen Herausforderungen stehe und COVID-19 für bereits vorhandene Problemlagen als "Katalysator" gewirkt habe. Nichtsdestotrotz verfüge Österreich über eines der "besten Gesundheitssysteme auf der Welt", das es gemeinsam zu erhalten gelte, ohne parteipolitisches "Kleingeld" zu wechseln, so Kornhäusl.

 

Einen Notstand beim Pflegepersonal, der Ausbildung der Mediziner, der praktischen Ärzt:innen am Land, der Fachärzt:innen, der Medikamentenversorgung und in den Pflegeheimen konstatierte Ingo Appé (SPÖ/K). Eine Entspannung der Lage in den Spitälern sei auf absehbare Zeit ebensowenig zu erwarten wie eine Trendumkehr bei den niedergelassenen Kassenärzt:innen. Eingeleitet worden sei diese Entwicklung jedoch bereits durch die türkis-blaue Bundesregierung. Die von dieser veranlasste Kassenfusion hätte die Verwaltungskosten zwischen 2028 und 2020 um 21 % ansteigen lassen, wie Appé mit Verweis auf den Rechnungshof ausführte. Wichtige Kontrollinstanzen seien dadurch weggefallen. Auch die von "Kurz und Co" versprochene Patientenmilliarde existiere nicht. Günter Kovacs (SPÖ/B) plädierte dafür die Selbstverwaltung der Kassen in den Bundesländern wieder zu ermöglichen, um die vergangenen Fehlentwicklungen wieder rückgängig zu machen.

 

Angesichts multipler Krisen, wäre es notwendig, konstruktiv an Lösungen zu arbeiten und nicht ständig "mit Dreck zu werfen", sagte Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O) im Hinblick auf die Dringliche Anfrage der FPÖ. In ganz Europa stünden die Gesundheitssysteme gegenwärtig vor großen Herausforderungen und die Pandemie habe dahingehend wie ein "Brennglas" gewirkt. Zudem fielen zahlreiche der Missstände in Länderkompetenz, und Gesundheitsminister Rauch könne nicht ohne weiteres Einfluss auf diese nehmen.

Karl-Arthur Arlamovsky von den Wiener NEOS plädierte für mehr Besonnenheit zugunsten nachhaltiger Reformen und identifizierte einige "Baustellen" im Gesundheitssystem. Mehrere davon resultierten aus zu geringem Mitspracherecht des Ministeriums im Vergleich zu den Ländern. Eine Strukturreform in Richtung klarer Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten sah er als "einzigen Ausweg" für das Gesundheitssystem. Weiters sprach er sich für bessere Anreize für das Kassensystem, mehr Rechte für nicht-ärztliche Gesundheitsberufe und eine Attraktivierung der Krankenhäuser als Arbeitsplätze aus. 

 

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

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