DMZ - KULTUR ¦ Matthias Walter ¦
Es gibt wohl zwei Pessimisten (die mir bekannt sind), die noch radikaler sind als Schopenhauer: Emile Cioran und Philipp Mainländer, der in der Sache noch konsequenter sein sollte als der Rumäne Cioran.
Philipp Batz - so ist "Mainländers" eigentlicher Name - wird am 5. Oktober 1841 in Offenbach am Main geboren.
Mainländer beginnt nach der Real- und Handelsschule zunächst eine kaufmännische Lehre (der Wille des Vaters), später ist er in einer Bank angestellt (beim Wiener Börsenkrach verliert er sein ganzes Vermögen). Letztlich wird er als Philosoph und Dichter in die Geschichte eingehen.
Sehr früh in seinem Leben entdeckt er die Philosophie Schopenhauers, die ihn massgeblich beeinflussen wird (die "Welt als Wille und Vorstellung" verschlingt er regelrecht). In Anknüpfung an Arthur Schopenhauer offenbart sich die Denkweise des jungen Philosophen (er bezeichnet sich selbst als Schüler Schopenhauers). Beide haben auffällige Schnittpunkte in ihrem Weltbild - aber Philipp Mainländer ist noch weitaus pessimistischer.
Laut Mainländer ist nur gut, was nicht ist. Der Wille ist ein blinder Drang, ziellos, sinnlos - im ganzen Universum (hier sehen wir auffällige Parallelen zu Schopenhauer). Die Welt bedeutet Leid und zerfällt stetig (der Zerfall ist bei Mainländer - wie auch bei Cioran - ein Leitbegriff) - alles verwest, langsam aber sicher. Der Mensch ist des Menschen Wolf und forciert den Zerfallsprozess - der homo sapiens vermehrt die Unordnung auf der Welt, vernichtet zahlreiche Arten, kurz: er sei die grösste Katastrophe der Erde (können wir Mainländer und Cioran philosophische Blutsbrüder nennen?).
Schopenhauers Philosophie steht unter dem Leitstern des "Willens zum Leben". Und genau hier ist Mainländers Weltauffassung geradezu diametral entgegengesetzt: Denn bei ihm ist es der "Wille zum Tode". Das Ziel ist der Zerfall in das absolute Nichts. In seinem sogenannten "Weltallgesetz" wird die Kraft Gottes (Gott habe sich in eine Welt der Vielheit zerstreut) fortwährend vernichtet (dies gilt bei Mainländer auch als "Gesetz des Leidens"). Die Welt sehne sich nach der absoluten Vernichtung.
Hier liegt der Gedanke auch nicht fern, dass es für Mainländer unmöglich ist, die Welt zu verbessern (es sei sowieso egal, was der Mensch macht). Er empfiehlt, keine neuen Menschen zu zeugen und möglichst schnell wieder aus dem Leben zu scheiden. Dies bedeutet für Mainländer ewige Ruhe im Nichts.
Im Jahr 1875 erscheint Mainländers Hauptwerk die "Philosophie der Erlösung". Im gleichem Jahr verschlechtert sich der Zustand des jungen Autors drastisch. Er ist seelisch am Ende und leidet zudem unter Grössenwahn.
Am 1. April 1876 - einen Tag nach dem Erscheinen seines Hauptwerks - erhängt sich Philipp Mainländer, im Alter von nur 34 Jahren, in seiner Wohnung.
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