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Natalies Diary: Humorlos in den Untergang

DMZ –  Natalie Barth ¦                                

KOLUMNE

 

„Wer nicht geniesst, wird ungeniessbar“

(Konstantin Wecker)

 

„Das Passwort fürs Leben heisst Humor!“

(unbekannt)

 

Wenn Du Dir selbst zum Hals raushängst, dann weisst Du, jetzt ist es Zeit für einen Kurswechsel. Jaja, ich weiss schon: Das Leben spielt einem oft übel mit, das Schicksal schlägt wieder erbarmungslos zu, die Welt ist ungerecht…. oder wie auch immer man Gegebenheiten beschreiben mag, die einem widerfahren und es scheint, als hätte man keine Kontrolle mehr. Wäre hilflos ausgeliefert. Es gibt Dinge, die können äusserst übel, schmerzhaft und sogar traumatisch sein.

Ich weiss.

Ich weiss es.

Nur zu gut.

 

Das ändert nichts daran, dass manchmal einfach das Fass gefüllt mit Selbstmitleid und Gejammere überläuft. Ich habe vor kurzem wieder einmal so einen Punkt erreicht. Mir war alles zu schwer. Ich habe nur noch wahrgenommen, dass vieles in meinem Leben ziemlich daneben läuft. Neben dem Tod von Mutter und Katze, auch die Finanzen, meine Figur, die Falten im Gesicht, zwischenmenschliche Reibereien, unerfüllte und ungeliebte Pflichten, Ungeklärtes und Unbeeinflussbares und und und ….

 

„Ich armer bemitleidenswerter Mensch. Ich komme einfach nicht aus der Scheisse raus.“

 

Hilflos. Ausgeliefert. Wertlos.

 

„Werft mich in einen Fluss und ertränkt mich, ich habe es nicht verdient zu leben!“

 

Oje, wie tief kann man sinken!? Das Dumme ist, wenn man sich in so eine Spirale hineinredet (ja, unsere Gedanken über uns selbst haben durchaus grosse Macht und sind mitunter grausamer als die Gedanken anderer Leute über uns), dann ist es schwer auch nur einen lebendig grünen Grashalm unter einer scheinbar kilometerweit vertrockneten Wiese zu finden. Vielleicht gibt es sogar wesentlich mehr grüne Grashalme, als wir uns vorstellen können. Aber wir sehen sie nicht, weil wir uns ausschliesslich auf die vertrockneten Stängel konzentrieren.

 

Wenn ich so tief sinke, was durchaus immer wiedermal vorkommt in meinem Leben, dann gibt es einen Punkt, an dem ich mir tatsächlich selbst auf die Nerven gehe. Weil mir im Grunde meines Herzens bewusst ist, dass ich in dem Moment einfach gnadenlos undankbar bin. Undankbar und blind für all das Schöne, das es eben auch noch gibt in meinem Leben.

Und wenn ich dann noch realistisch betrachte, wie gut es mir im Vergleich zu den meisten Menschen auf dieser Erde geht, einfach nur weil ich in Deutschland und zu dieser Zeit geboren wurde, weil ich in einem wunderbaren Land – der Schweiz – lebe, mit einem tollen Mann an meiner Seite, ein paar Tieren, die das Leben schöner machen, mir genug zu essen und sauberes Wasser zur Verfügung stehen, ich bis jetzt von Krieg und Diktatur in meinem Land verschont geblieben bin……

…dann schäme ich mich schon ein wenig für mein Gejammer.

 

 

Hirnloser Extremismus, egal ob politisch, religiös, psychologisch, sprachlich, weltanschaulich, gesundheitlich, beim Gendern oder whatever verträgt Humor meist ganz ganz schlecht!

 

 

Nachdem ich mir also nun wieder mal eine Weile die Tragödien meines Lebens vorgesungen habe, stellte ich fest, dass mir ein so humorloses Leben irgendwie keine Freude macht. 

Tragödie hin, Tragödie her….. Das Lachen darüber oder TROTZDEM bringt mir doch erst die Erleichterung zurück, nach der ich mich so sehr sehne! Das Lachen - grundlos und auch über mich selbst. Ich betrachte mich von aussen und denke mir: «So Natalie, jetzt reichts wirklich! Mit der miesgelaunten Fratze werden die Falten im Gesicht leider immer tiefer. Das ist doch auch nicht schön!»

 

Eine interessante Beobachtung habe ich, übrigens, an mir selbst gemacht: Je humorloser und ungeniessbarer ich bin (für mich selbst und für meine Umgebung), desto verurteilender, perfektionistischer und extremistischer werde ich in meiner Einstellung und meinem Handeln.

 

Ja, ich würde sagen, wo der Humor fehlt, ist der Extremismus nicht weit. Und das sehe ich nicht nur im Innen (also bei mir), sondern auch im Aussen. Hirnloser Extremismus, egal ob politisch, religiös, psychologisch, sprachlich, weltanschaulich, gesundheitlich, beim Gendern oder whatever, verträgt Humor meist ganz ganz schlecht. Und zwar deshalb, weil zu einem absoluten Wahrheitsanspruch meist noch ein paar kleine oder grössere Auswüchse von übersteigertem Narzissmus hinzukommen. Ein flotter Spruch – vielleicht auch unter der Gürtellinie – kommt einer «Hoheitsbeleidung» gleich. Und das geht ja mal gar nicht! Statt darüber zu lachen und ebenfalls einen flotten Spruch zurückzuschleudern, zieht man sich beleidigt zurück oder schlägt wütend um sich. Dazu empfehle ich nebenbei ein Video: «Lisa Eckhart – Ist das lustig? Sternstunde Philosophie | SRF Kultur» (Quelle: https://youtu.be/Sellnm7PbdA)

 

Und auch noch eine ganz blöde, paradoxe Sache, die mich furchtbar stört: Je perfektionistischer ich bin, desto unvollkommener ist im Grunde das, was ich erschaffen will. Denn Perfektionismus ist einfach sterbenslangweilig. Perfektionismus bedeutet, dass das, was jetzt gerade ist, nicht gut genug ist und permanent verbessert werden muss. Statt sich hinzusetzen und das Leben zu geniessen, muss es optimiert werden bis zum Erbrechen. Was einem dabei alles entgeht!

 

Ja, das Leben spielt einem manchmal übel mit, das Schicksal schlägt wieder erbarmungslos zu, die Welt ist ungerecht….Es gäbe – nein, es GIBT - so viele Gründe dafür, dass das Leben einfach zum Kotzen ist und einem gar nichts anderes übrigbleibt, als sich zu beschweren.

 

Es gäbe – und es GIBT - aber auch so viele Gründe dafür, dass das Leben auch wunderschön ist und das Schicksal es eigentlich ganz gut mir meint. Eine Frage der Perspektive? Vielleicht. Und manchmal auch einfach nur eine Frage der Entscheidung für das eine oder das andere.

 

 

 

Natalie Barth schreibt für den Blog www.nataliesdiary.com, auf dem es viele Artikel zu allen möglichen Themen auch zum Anhören gibt. Ausserdem betreibt sie den Aufklärungskanal auf YouTube «Natalie Barth – Die Sekte und das Leben danach». 

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