DMZ – Wissenschaft ¦ Bildung ¦ Walter Fürst ¦
KOMMENTAR
Viele Menschen sind wegen der Corona-Krise ängstlich oder unsicher. Das ist verständlich, denn die Krise und was da noch kommen mag, birgt viele unbeantwortete Fragen. Das Finden nach Antworten kann noch eine Weile dauern. Deshalb ist es wichtig, mit den Ängsten und Unsicherheiten umgehen zu können. Einigen Menschen gelingt dies nicht mehr und verlieren sich. Meist ist die Panik nach den ersten vier Wochen vorbei. Menschen sind extrem anpassungsfähig und finden auch in gefährlichen Zeiten ihren Wohlfühlpegel wieder. Denken wir mal an Menschen, die in Kabul oder Johannesburg leben. Dort sind die täglichen Gefahren erheblich höher als bei uns, und dennoch behalten die Menschen ihre Lebensfreude. Aber auch hier verlieren sich diese Menschen bereits und den Blick für die Realität. Vieles wird natürlich für Klicks und Geld von Medien zusätzlich angeheizt: "Coronamüdigkeit", "Aufstand", "Demos" usw. - alles hochgekocht, nicht existent und überbewertet. Würde man die Minderheit der Corona-Lästerer nicht laufend medial pushen, gäbe es auch nichts, das einer Bewegung gleich kommen würde. Dabei spielt man gefährlich mit diesen verängstigten und unsicheren Menschen. Ignorieren ist wohl das erfolgreichste Mittel gegen diese Panik bei den Corona-Lästerern. Die Mehrheit der Menschen wird sich auch weiterhin vorsichtig verhalten. Beratungsresistente Corona-Leugner wird man ohnehin nicht mit Fakten erreichen. Deshalb muss deren Tun schlicht ignoriert werden.
Gerade Suchtkranke sind Meister des Widerstands und Verzerrung
Oft hängen rigider Widerstand oder pure Inflexibilität gegen notwendige, schnelle Veränderungen mit zugrundeliegenden Persönlichkeitseigenschaften zusammen und sind kein Zeichen echter Zivilcourage oder Intelligenz. Der Beitrag führt in die psychologischen Hintergründe für mangelnde Einsicht und Flexibilität in Zeiten der pandemischen Krise ein.
Die Zustände, in Ländern, wo am meisten demonstriert wird, sind die besten, die man sich ausdenken kann. Wer hier lebt, kann frei seine Meinung sagen, ohne Repressionen oder Schlimmeres befürchten zu müssen; die Demokratie ist stabil, die staatlichen Strukturen funktionieren reibungslos, es gibt sauberes Trinkwasser und ein dichtes soziales Netz. Vor allem ist das Gesundheitssystem immerhin einigermassen so gut, dass es selbst eine Pandemie etwas in Schach halten kann, die es nach Meinung vieler Corona-Lästerern gar nicht gibt. Wer deshalb ernsthaft davon überzeugt ist, das Tragen von Papier- oder Stoffmasken sei ein Akt staatlicher Bevormundung und ein massiver „Eingriff in unsere Freiheitsrechte“, der hat offenkundig noch nie von Ländern gehört, in denen Freiheitsrechte wirklich massiv eingeschränkt werden, von Nordkorea über Weissrussland bis nach China oder Tschetschenien. Die Kritik an den angeblich so „repressiven“ Massnahmen in der Corona-Pandemie entbehrt deshalb jeder Verhältnismässigkeit.
Meinungsfreiheit wird durch Radikalisierung ersetzt
Diejenigen, die für sich selbst bei jeder Gelegenheit auf "Meinungsfreiheit" und Anerkennung ihrer Überzeugungen pochen, zwingen anderen ihre Position auf, vielfach schreiend, in der Gruppe, an anderesdenkende gerichtet. Die Protestierenden glauben, für skeptische Abwägung und kritische Aufgeklärtheit zu stehen. Tatsächlich aber durchlaufen viele Corona-Lästerer eine bisher so nie gesehene, pandemische Echtzeitradikalisierung. Sie lässt sich nicht nur an solchen Situationen erkennen, sondern auch an den Leitfiguren der Szene. Wenn Beweggründe oft anders sind in diesen Gruppierungen, haben alle eines gemeinsam: Antisoziale, impulsive und narzisstische Persönlichkeitsmerkmale. Antisozialität hängt mit einem Mangel an Empathie gegenüber anderen, wie z.B. Älteren oder Kranken, zusammen. Ein rücksichtsloses Missachten der Interessen und des Wohlergehens anderer steht im Zentrum der Antisozialität genauso wie manipulatives und oft auch gewalttätiges Verhalten. Im Hintergrund stehen meist kognitive Grundannahmen, wie „meine Interessen sind wichtiger“, „ich lasse mir von keinem etwas sagen“, „ich mache mir alle Regeln selbst“ oder „die anderen sollen gefälligst tun, was ich will“.
Die impulsive Persönlichkeit wirkt auch oft antisozial. Im Unterschied zur ausschliesslich antisozialen Persönlichkeit ist sie aber weniger strategisch und manipulativ, sondern kann sich viel schlechter steuern und kontrollieren. Wenn es etwa gilt, wahrgenommene oder auch nur diffus gespürte Bedürfnisse zu befriedigen, vergisst die impulsive Persönlichkeit Vorsätze und Regeln, um zu ihrem vermeintlich einzig wichtigen Ziel zu kommen. Daraus entstehen oft automatisierte unbewusste Verhaltensroutinen bis hin zu Zwängen.
Die Bewegung der riesigen Minderheit
Die emotionale Beweisführung ist inzwischen der wohl wichtigste Mechanismus der Bewegung, weil Gefühle über soziale Medien ansteckend wirken können. Denn genau dafür wurden soziale Medien gebaut, die virale Verbreitung des "Engagements", wie man die meist emotional gefärbte Beteiligung am Netzgetöse bezeichnet. Wenn man Angst hat, existiert definitiv ein Grund, um Angst zu haben. Wenn man spürt, da sei etwas faul, dann ist etwas faul. Wenn man sich wütend fühlt, dann ist das der Beweis dafür, dass etwas schiefläuft und jemand verantwortlich sein muss. Die narzisstische Persönlichkeit muss sich selbst in den Mittelpunkt stellen, um das Gefühl der Wichtigkeit zu erlangen und nicht an Selbstwertmangel zu leiden. Sie braucht kontinuierlich Bestätigung und Aufmerksamkeit. Sie verhält sich wie ein Luftballon, der ständig mit heisser Luft aufgepumpt werden muss. Im Grunde überdehnt sie die Grenzen ihres kleinen Ichs und kann damit andere nachhaltig schädigen. Wenn andere sie dann einschränken, empfindet sie dies schnell als Herabsetzung oder Kränkung. Entweder sie setzt sich an die Spitze der Bewegung oder sie rebelliert dagegen und hintertreibt die geforderten Veränderungen. Dieses Verhalten zeigt sie auch in der Krise, denn für die jetzige krisenhafte Situation der Gesellschaft gilt, dass die sonst mehr oder weniger kaschierten Persönlichkeitsanteile nunmehr unter Stress deutlicher und intensiver hervortreten.
Oft neigen Menschen dazu, Sichtweisen zu entwickeln, die mit ihrem Selbstbild übereinstimmen. Nimmt sich eine Person als selbstbestimmtes Individuum wahr, ist sie eher geneigt, COVID-19 zu verharmlosen – zum Beispiel, indem sie es mit der Grippe vergleicht. Nicht-Experten greifen oft zu vereinfachten und aus dem Zusammenhang gerissenen Argumenten, solange sie ihre Sichtweise stützen (motiviertes Denken). Das verleitet sie auch zu der irrigen Schlussfolgerung, dass ihr eigenes Urteil den Ansichten der Experten ebenbürtig sei. Verschwörungstheorien sind eine extreme Form des motivierten Denkens. Jede Tatsache, die die vertretenen Überzeugungen untergräbt, wird durch das „eigene Wissen“ der Verschwörungstheoretiker über die wahren Gründe und „Machenschaften“ überdeckt. Die Medien geben durch ihre Berichterstattung eine Art Sicherheit an diese Gruppierung ab, die es definitiv nicht braucht und kontraproduktiv in der Bewältigung der Krise ist.
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