DMZ – BILDUNG ¦ Walter Fürst ¦ Anton Aeberhard ¦
KOMMENTAR
Ein Versuch eines Überblicks über verirrte Schlafschafe
Wie oft musste man in den letzten Monaten den sinnbefreiten Satz "Die Wahrheit liegt in der Mitte" lesen oder hören. Komplett falsch, denn richtig heisst es "Die Wahrheit liegt NIE in der Mitte". Wer etwas anderes glaubt oder behauptet ist auf dem Holzweg der Irrungen zur Mitte oder sonst wohin. Wahrheit wird er da allerdings niemals finden. Alle Menschen sind gleich viel wert - aber nicht alle Meinungen. Dieser Unterschied bringt uns manchmal in schwierige Situationen. Aktuell stellen uns wirre Organisationen wie SVP, AfD, Verschwörungstheoretiker, Esoteriker, Coronaleugner, Qanon usw. auf eine harte Probe. Genau die sind es dann auch, die in ihrer "Argumentation" gerne solche Phrasen verwenden, um ihre verdrehte "Wahrheit" glaubhafter zu machen. Aber egal wie oft man Mist behauptet, es bleibt Mist und wird nie zur Wahrheit.
Letztlich ist nicht alles im Leben Ansichtssache! Es gibt auch Fragen, auf die es eine klare, eindeutige Antwort gibt. Die Wissenschaft kann uns Ergebnisse liefern, an denen einfach nicht zu zweifeln ist: Z.B. Die Erde bewegt sich um die Sonne und ist rund, COVID-19 wird durch Coronaviren hervorgerufen und Impfungen retten Menschenleben. Das schleckt keine Geiss weg. Die Wahrheit lässt sich nicht belügen. Fakten sind und bleiben Fakten und sind nicht bloss Meinungen, sondern wissenschaftliche erwiesene Tatsachen. Natürlich kann man trotzdem anderer Meinung sein, aber dann hat man eben nicht recht. In einer Auseinandersetzung zwischen Aussagen, die wissenschaftlich belegt wurden und Aussagen, die wissenschaftlich widerlegt wurden, gibt es keine Gleichberechtigung.
Wer behauptet, dass Corona harmlos, Masken nutzlos und Impfungen gefährlich sind, hat nicht recht. Er hat auch kein kleines bisschen recht, sondern er hat überhaupt nicht recht. Hier dürfen wir nicht nach einem Kompromiss suchen. Ein Kompromiss zwischen Wahrheit und haarsträubendem Unsinn ist immer noch haarsträubender Unsinn (frei nach Florian Aigner).
Es gibt in der Schweiz kaum eine Partei, die mehr Widersprüche lebt, als die SVP. Kaum eine Partei, die RECHTES Gedankengut gerne als NICHT solches verkaufen will. Ein weiterer herausragender Punkt ist die Meinungsfreiheit, die die stets meinungsverhindernde Partei SVP auf ihre Fahne schreibt. Stets führt die SVP die Meinungsfreiheit ins Feld der politischen Debatte. Dabei hat sie selbst das wohl fragwürdigste Verständnis von diesem Grundrecht. Die aktuelle Situation der SVP verrät viel über den derzeitigen Zustand der Partei und ihr Verständnis von Meinungsfreiheit. Auf berechtigte Fragen reagieren die Exponenten der Partei stets gereizt. Antisemitische Ressentiments sind unter SVP-Anhängern denn auch weit verbreitet. Das belegen diverse "Fälle" die aus der Partei an die Öffentlichkeit traten, an Äusserungen ihrer Exponenten und die unzähligen Kommentarspalten im Sozialen Netz, in welchen sich die Anhängerschaft jeweils auskotzt. In der Partei reihen sich die Einzelfälle aneinander. Aktuell stechen Fehlverhalten und Empathielosigkeit im Zusammenhand mit der Pandemie heraus. Bisher lag diese Partei immer falsch, analog der AfD. Es wird von Dingen geredet, die man offensichtlich nicht versteht, stellt Behauptungen auf, lügt, täuscht, beleidigt und glaubt sich stets in der Position Forderungen zu stellen. Ohne Leistungsausweis. Natürlich nehmen der Grossteil der Bevölkerung solche Parteien und/oder Gruppierungen nur noch als lächerliche Störenfriede wahr. Trotzdem wird diesen kaum einmal ein Riegel vorgeschoben.
Die SVP gerät immer weiter in die Isolation - und das ist auch gut so
Das Politikkonzept bei der SVP beruht auf Ausgrenzung, Verächtlichmachung von Minderheiten und der Relativierung des historischen Nationalsozialismus. Leider sind die meisten Tabubrüche der SVP von der Meinungsfreiheit gedeckt. Das ist keine Meinungsfreiheit. Gerne wird auch Kritik an den Äuserrungen der Partei versehen mit dem Schlagwort #Lügenpresse. Aus der Strategie dahinter macht die Partei nicht einmal ein Geheimnis.
Die Dauerangriffe der SVP schüren das Misstrauen gegen etablierte Medien. So werden für Anhänger der Partei Angebote interessanter, die zwar nicht den Nimbus der Seriosität haben. Aber wenn ohnehin alle nur die halbe Wahrheit schreiben, warum sollte man sich dann nicht für ein Angebot entscheiden, das die eigenen Interessen in den Mittelpunkt rückt? Das funktioniert parteiintern wunderbar, auch wenn es ausserhalb nur Kopfschütteln und Unverständnis hervorruft.
SVP-Kernthemen sind dann auch immer radikaler Natur: angeblich grenzenlose Migration oder Islamisierung, eine drohende "Öko-Diktatur" oder "Gender-Gaga". Bereits heute macht die Partei die Grünen verantwortlich für die momentane politische Entwicklung, obschon die neu gewählten Parlamentarier noch gar nicht im Einsatz sind. Auch hier Widersprüche, die nur Parteiunabhängige Menschen zu verstehen und begreifen scheinen. Zunehmend verabschiedet sich die SVP ohnehin in ihre eigene Echokammer. Wie weit dieser Prozess gediehen ist, zeigt sich daran, dass hochrangige Vertreter der Partei selbst vor Wahlen klassischen Medien überhaupt keine Interviews mehr geben. Allerdings sind diese Exponenten immer dankbare Opfer für Boulevard Geschichten. Dies Satire ist es, die viele Menschen lesen wollen. Auch in TV-Formaten lädt man gerne diese Leute ein, um die Einschaltquote zu erhöhen. Das ist der einzige und letzte Grund, wieso man immer noch durch die wirren Ansichten solcher fehlgeleiteten Personen gestört wird.
Gleichzeitig ist Meinung aus Sicht der SVP nur dann frei, wenn negative Reaktionen darauf ausbleiben. Beabsichtigt man, in der Gesellschaft immer mehr Platz zu schaffen für einen ausgrenzenden, minderheiten- und menschenfeindlichen Diskurs, ist dieser Umgang mit Meinungsfreiheit freilich ein strategisch nachvollziehbarer Schritt. Egal wie man es dreht und wendet, es gibt keine Argumente, beweise oder Ansätze, die die Aussagen dieser Partei unterstreichen oder begründen würden. Einzig der persönliche Nutzen steht allzeit Im Blickfeld.
Meinungsfreiheit
Die Vertreter solcher widerlegter Thesen argumentieren gerne mit „Meinungsfreiheit“ – doch das ist ein grobes Missverständnis. Jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung, aber niemand hat das Recht auf seine eigenen Fakten. Meinungsfreiheit bedeutet, dass man auch falsche Dinge sagen darf, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten. Es bedeutet nicht, dass man falsche Dinge sagen darf, ohne Widerspruch zu ernten – und schon gar nicht bedeutet es, dass man das Recht hat, damit in den Medien vorzukommen. Die Meinungsfreiheit, genauer Meinungsäusserungsfreiheit, ist das wohl am häufigsten missverstandene Recht und eines der meist angeführten „Legitimationsargumenten“ für allerhand Dummheiten, die verbreitet werden.
Denn letztlich ist es nur das Recht auf freie Rede sowie freie Äusserung und (öffentliche) Verbreitung einer Meinung in Wort, Schrift und Bild sowie allen weiteren verfügbaren Übertragungsmitteln, wenn sich dies auch im rechtlichen Rahmen bewegt. Und sonst nämlich nicht. Und hier endet dann meistens bereits das zumeist sehr arrogant angeführte „Meinungsfreiheit“ hinter einer abstrusen Idee.
Darf man im Namen der Meinungsäusserungsfreiheit alles sagen und wie können strafbare Äusserungen von nicht strafbaren unterschieden werden? Diese Fragen stellt sich ein weiteres Mal die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR).
Steht die Rassismusstrafnorm im Widerspruch zur Meinungsäusserungsfreiheit? Wo hört die Meinungsäusserungsfreiheit auf, wo fängt die Hassrede an?
Die Meinungsäusserungsfreiheit in den sozialen Netzwerken wird seit Langem überstrapaziert, deshalb setzt sich das neue TANGRAM, das Bulletin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR), mit diesen Fragen auseinander. Endlich und hoffentlich nachhaltig und mit den nötigen Instrumenten und dem Einsatz der Rechtssprechung.
Rechtliche Grenzen der Meinungsfreiheit (kleiner Auszug)
- der Schutz der persönlichen Ehre gegen Beleidigung oder Verleumdung,
- die Weitergabe als geheim klassifizierter Informationen,
- die übermässige Kritik an eigenen oder ausländischen höchsten Staatsvertretern wie Staatsoberhaupt, Gerichten oder manchmal selbst einfachen Beamten,
- die Grenzen der Sittlichkeit und des Jugendschutzes,
- die Grenze der öffentlichen Sicherheit
- der unlautere Wettbewerb durch Diskreditierung der Ware oder Dienstleistung eines Konkurrenten.
- die nicht autorisierte Weitergabe urheberrechtlich geschützter Informationen
- Auch die Rassendiskriminierung steht in Europa meist auch unter Privatleuten unter Strafe (siehe Volksverhetzung).
Die Meinungsfreiheit ist ein Menschenrecht und wird in Verfassungen als ein gegen die Staatsgewalt gerichtetes Grundrecht garantiert, um zu verhindern, dass die öffentliche Meinungsbildung und die damit verbundene Auseinandersetzung mit Regierung und Gesetzgebung beeinträchtigt oder gar verboten wird. Nicht mehr und nicht weniger. Eine gute Sache. Heute gilt die Meinungsfreiheit ebenfalls als einer der wichtigsten Massstäbe für den Zustand eines demokratischen Rechtsstaates.
"Die Juristin Vera Leimgruber hat in ihrer Analyse der aufgrund der Rassismusstrafnorm gefällten Urteile gezeigt, dass Artikel 261bis extrem zurückhaltend angewendet wird, und dass dem Argument der Meinungsäusserungsfreiheit in den Gerichtsurteilen immer grosses Gewicht gegeben wurde. «Meinungsäusserungsfreiheit ist [...] nicht die allumfassende Freiheit, Beliebiges zu sagen», schreibt hingegen der Strafrechtsprofessor Gerhard Fiolka. Äusserungen, welche die Menschenwürde angreifen, könnten in keinem Fall durch die Meinungsäusserungsfreiheit geschützt sein. Doch laut Gerhard Fiolka genügt das Gesetz allein nicht: «Eine staatliche symbolische Reaktion auf die Meinungsäusserungen erlaubt es, […] zu verdeutlichen, welche Äusserungen in einem demokratischen Rechtsstaat zulässig sind und welche nicht. »"
Die Meinungsfreiheit ist also durchaus keine Legitimation (Berechtigung) für Beleidigungen, Verleumdungen und Shitstorms gegen Menschen, Rassendiskriminierung, Verbreiten von Lügen, Übler Nachrede usw. Also schlicht nichts von fast alle dem was im Internet so kursiert, was dann vom jeweiligen Verfasser als Meinungsfreiheit deklariert wird. Man kann also mit einiger Sicherheit Lügner bereits daran erkennen, dass sie sich hinter der Meinungsfreiheit tarnen (wollen).
Von Anfang an wurde die Rassismusstrafnorm immer wieder mit dem Argument kritisiert, Artikel 261bis des Strafgesetzbuchs sei eine Einschränkung und eine Bedrohung für die Meinungsäusserungsfreiheit, was sich als nicht gegeben herausgestellt hat.
"Das TANGRAM beschäftigt sich auch mit der wachsenden Problematik der Hassrede, für die das Internet den idealen Nährboden bietet. Im Netz dient die Meinungsäusserungsfreiheit häufig zur Rechtfertigung von Äusserungen gegen Minderheiten. «Was im „virtuellen“ öffentlichen Raum geschieht, hat durchaus einen Einfluss auf die Realität [...]. Auch wenn Rassismus, Mobbing und Einschüchterung über verschiedene digitale Medien aus Distanz zum Ausdruck kommen, sind ihre Folgen keineswegs abstrakt», wie Thomas Jammet und Diletta Guidi darlegen."
«Hassreden sind in den europäischen Ländern zu einem grossen gesellschaftlichen Problem geworden. Die Staaten müssen ihre Verantwortung mehr denn je wahrnehmen und fest auftreten [...]».
«Niemand darf das Gesetz missachten. Wer es übertritt, muss die Folgen gewärtigen. Dies ist der Preis für jede unserer Freiheiten, auch für die Meinungsäusserungsfreiheit», sagt die Präsidentin der EKR, Martine Brunschwig Graf.
Quelle: Kommissionen des EDI - Eidgenössische Kommission gegen Rassismus - https://www.ekr.admin.ch/home/d112.html
Ein treffender Kommentar von Dirk Bachhausen klärt auf. "Leute, die gegen Corona-Massnahmen demonstrieren, wie heute wieder, sind Leute, die für ihr Recht demonstrieren, von der Komplexität der Welt überfordert zu sein. Mehr aber auch nicht. Sie liegen immer falsch, es wird auch bei Demo 2000 nicht wahrer. Gegner einer Impfung, verhutzelte Rentnerinnen, die im Rausch der Euphorie den Tag der Freiheit ausrufen, Menschen die tatsächlich glauben, die Maskenpflicht würde dadurch sofort abgeschafft. Langhaarige Rocker und Metalfans tragen die Flagge eines Reichs umher, in dem sie für ihre Frisur zusammengeknüppelt worden wären und in der die Impfpflicht polizeilich durchgesetzt wurde. Thor Steinar T-Shirts und Pegida-Schilder. Hitlergruss, Impfen macht frei Slogan, Angriff auf Kapitol - die ganze Welt scheint verrückt geworden zu sein. An der Spitze und am Anheizen: immer rechte Parteien und Gruppierungen, die mehrheitlich vom Weg abgekommen sind und niemals mehr auf den richtigen zurückfinden werden/wollen. Je mehr man ihnen vor Augen führt und beweist, dass sie falsch liegen, desto aggressiver verhalten sich diese Leute. Und irgendwo sitzt eine junge Frau in Hippie-Klamotten mit einem Schild auf dem Rücken: „Deutschland braucht Jesus“, oder Schweizerfahnen, die missbraucht werden, um auf Patrioten zu machen, indem sie auf alles was ihr Land ausmacht kacken. In der Sucht nach Anerkennung und Relevanz verlieren diese Leute aus den Augen, dass sie auch nur Ameisen in einem Haufen sind. In der Egozentrik des Zeitgeistes und mit der Fähigkeit jeden Hirnfurz über Social Media öffentlich machen zu können, haben sie aus den Augen verloren, dass sie selber ausserhalb des persönlichen Umfeldes für andere Menschen keinerlei Relevanz haben.
Und zum anderen der Verlust eines demokratischen Miteinanders. Diese "Patrioten" (Leerdenker) reden sich Bedeutung und Freiheiten ein, die sie nie hatten. Und als kleinster Teil einer Gesellschaft niemals haben werden. Denn wenn man demokratisch leben will - und die deutliche Mehrheit will, dass man z.B. eine Maske trägt, dann hat man verfickt das auch zu tun.
Das und nichts anderes bedeutet Demokratie!!!
Entscheidend in einer Demokratie ist nicht gegen etwas zu sein, sondern für etwas
- Man muss Alternativen anbieten
- Lösungskonzepte
- in den politischen Diskurs gehen. Und zwar nach den Regeln der Gesellschaft, deren Demokratie man einfordert und die man mitgestalten will.
Genau deshalb ist Pegida gescheitert. Und genau deshalb wird die AfD, die SVP langfristig keine politische Wirkkraft entfalten. Und deshalb wir nie etwas dabei herauskommen, wenn Impfgegner sich mit freiheitsliebenden Rentnern, Rechtspopulisten und fundamentalchristlichen Hippies zusammentun.
Und sie werden an ihrem Dunning-Kruger-Effekt scheitern. Der Dunning-Kruger-Effekt bezeichnet die kognitive Verzerrung im Selbstverständnis inkompetenter Menschen, das eigene Wissen und Können zu überschätzen. Diese Neigung beruht auf der Unfähigkeit, sich selbst mittels Metakognition objektiv zu beurteilen. Metakognition könnte man anschaulich als Denken über das eigene Denken bzw. das Wissen über das eigene Wissen bezeichnen.
In ihrer Kompetenzlosigkeit verstehen diese Leute nicht einmal, welche Kompetenzen ihnen fehlen.
Plötzlich ist jeder Epidemiologe, Virologe, Klimaforscher, Migrationsanalyst, Religionswissenschaftler und Jurist. Dabei haben die meisten nicht einmal das Grundgesetz verstanden. Und einige Verstehen nicht, dass es unsere Verfassung ist.
Sie plappern im psychologischen Bestätigungsfehler das nach, was Rattenfänger ihnen aus eigennützigen Gründen vorbeten. Getrieben von ihren Ängsten, ihrer Überforderung und davon, sich plötzlich ihrer Unwichtigkeit bewusst zu werden und einen Kontrollverlust zu erleben. Der nur darin begründet ist, dass sie sich vorher eine Kontrolle eingeredet haben, die sie nie hatten.
Wir leben in keiner „Meinungsdiktatur“. Wir leben in einer Kompetenzdiktatur. Denn wir leben in einer Demokratie, in der man bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss, um die Gesellschaft mitgestalten zu können.
Die Gefahr ist, dass diese Menschen aber den Weg bereiten, um eine tatsächliche Diktatur heraufzubeschwören. Denn nach Jahren Frieden und Freiheiten, wie sie noch kein Volk zuvor jemals gekannt hat, haben sie offenbar völlig aus den Augen verloren, welche Freiheiten sie tatsächlich haben.
Sie demonstrieren für Freiheit und merken nicht einmal, dass sie dabei eine der grössten Freiheiten bereits in Anspruch nehmen. Sie kommentieren auf Social Media über den Verlust von Meinungsfreiheit und bemerken den Widerspruch nicht einmal.
Sie glauben tatsächlich die demokratische Mehrheit seien die Diktatoren, weil sie vor lauter Freiheit vergessen haben, was Unfreiheit tatsächlich bedeutet."
Rechte Parteien Hand in Hand mit Leerdenker, Leugnern, Verschwörungstheoretikern
Thesen vermeintlicher Experten, dass alles nicht so schlimm sei, dass es gar keine Pandemie gebe, verunsichern immer noch viele Menschen und lassen sie an wichtigen Massnahmen zweifeln, um das Coronavirus SARS-CoV-2 noch einzudämmen. Doch Besserwisser und Leugner gibt es in jeder Krise. An der Front mischen immer dieselben mit: Gruppierungen und Parteien wie QAnon, Querdenker, SVP, AfD, Trumpisten u.a. Solche Vertreter sollte man einfach links liegen lassen, anstatt sie zu sharen und zu liken.
"In den sozialen Medien und mittlerweile auch auf der Strasse formiert sich in Sachen Corona gerade eine Allianz des Schwachsinns. In Teilen gewaltbereit. C-Prominente mit Sehnsucht nach Aufmerksamkeit machen mit."
Christian Stöcker, Journalist
Fake-News
Falschinformationen zur COVID-19-Pandemie und zu SARS-CoV-2, in Teilen als „Corona-Mythen“ oder „Corona-Lügen“ bezeichnet, werden seit dem Ausbruch der Krankheit COVID-19 vor allem in sozialen Medien verbreitet.
Sie umfassen Falschmeldungen, Fake News, pseudowissenschaftliche Gesundheitstipps, Desinformation und Verschwörungstheorien zu allen Aspekten der Krankheit. Zu ihren Verbreitern gehören verschiedene verschwörungstheoretisch orientierte Gruppen und Personen, Antisemiten, Rechtsextremisten, Esoteriker, Impfgegner, Religionsvertreter, Geschäftemacher, einige Staatsregierungen und Staatsmedien, aber auch verunsicherte Einzelpersonen. Sie berufen sich zum Teil auch auf legitime wissenschaftliche Minderheitenmeinungen; Vorschub wurde aber auch durch eine relative wissenschaftliche Unkenntnis angesichts eines neuen, bisher unbekannten Virus geleistet. Endlich werden international auch Strafverfolgungsbehörden aktiv, die die Verbreitung dieser Straftaten verfolgen.
Verantwortung von Ärztinnen und Ärzten
Die Verantwortung, die den Ärztinnen und Ärzten in solchen Situationen zuwächst, ist eine, die wir aus dem ärztlichen Beruf sehr gut kennen: Es geht darum, im Arzt-Patienten-Verhältnis in Entscheidungssituationen für den Patienten Mitverantwortung zu übernehmen. Dementsprechend ist der Arzt auch für die Folgen dessen, was er rät, mitverantwortlich. Das sollte auch dann die Richtschnur sein, wenn man sich in einer solchen übergeordneten öffentlichen Debatte äussert.
"Aus ärztlicher Perspektive kann ich mich auf keinen Fall gegen gesetzlich verbindliche Richtlinien stellen und Menschen davor
warnen, ein Infektionsschutzgesetz zu befolgen, das in strukturierter Art und Weise versucht, den aktuellen Erkenntnistand zusammenzutragen. Als Person kann ich sagen, ich befolge keine
Hygieneregeln, da bin ich frei – davon abgesehen, dass das dann vielleicht sanktioniert wird. Aber als Berufszugehöriger kann ich das sicherlich nicht tun."
Professor Dr.
med. Drs. Eckhard Nagel
Verschwörungsgerüchte sind leider nicht nur komisch
Verschwörungsmythen haben fast immer einen politischen Aspekt. Sie verunsichern und destabilisieren das Vertrauen in die Verantwortlichen.
Die Sozialwissenschaftlerin Nora Pösl, Ruhr-Universität Bochum, stellt einen Zusammenhang her zwischen dem Glauben an sogenannte alternative Heilmethoden und dem Einstieg in unwissenschaftliche, simplifizierende Weltanschauungen. Nebenwirkungen von Behandlungen würden als absichtsvolles Handeln der Pharmaindustrie konstruiert.
Eine prinzipielle Wissenschaftsfeindlichkeit könne den Glauben an Fake-News und populistische Welterklärungsmodelle befördern, was wiederum anknüpfungsfähig an rechte Ideologien sei. Die Gemeinsamkeiten: einfache Erklärungen für komplexe Probleme, die auf einem Gut-Böse-Dualismus, einem Sündenbock und der Abgrenzung von wissenschaftlichen Methoden beruhen.
Spätestens an dieser Stelle muss sich eine Ärzteschaft fragen, inwieweit sie dem Treiben, das ihren Berufsstand belastet, zuschauen möchte.
Erste Freistellungen und Kündigungen von Ärzten mit Falschaussagen
In der Schweiz hat man aktuell (14.8.2020 - wir berichteten) den Amtsarzt per sofort freigestellt, ebenso sein Arbeitgeber Medbase entliess Schregel. Nach einem Artikel über seine streitbaren Äusserungen in Sachen Corona teilte der Wattwiler Amtsarzt Rainer Schregel aus und griff eine Tagblatt-Journalistin persönlich an. Dies nach ihrem Artikel über den Auftritt von Rainer Schregel bei Stricker.TV, teilt AfD- und Verschwörungstheorien. Es wird also bereits richtig reagiert bei Ärzteschaften.
Die Ärztekammer Hamburg findet es wenig hilfreich, wenn sich einzelne Ärztinnen oder Ärzte mit persönlichen Meinungsäusserungen hervortun, denen jegliche Evidenz fehlt.
Die Ärztekammer Schleswig-Holstein wird deutlicher: Selbstverständlich bestünde in Deutschland Meinungsfreiheit, auch für Ärztinnen und Ärzte. Da ihren Worten jedoch besonders viel Vertrauen entgegengebracht wird, müsse die persönliche Meinung erkennbar von der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit abgegrenzt sein. Der Patient dürfe durch das Ausleben persönlicher Weltanschauungen des Arztes keinesfalls Schaden erleiden, sei es durch Ablehnung anerkannter Hygiene- und Schutzmassnahmen seitens des Arztes oder Attestausstellungen ohne vorherige Untersuchung. Das wäre nicht hinnehmbar und verstosse gegen ärztliche Kodizes. Die Kammern stünden bundesweit dazu im diskursiven Austausch.
Verschwörerärzte an Podiumsdiskussion
«Pro und Contra Corona-Pandemie» war der Titel der Podiumsdiskussion vom 14.8.2020 auf dem Schlossplatz in Aarau, ein Anlass der "Lösungs-Orientierten Volksbewegung" (LOVB). Dabei sollten gemäss Einladung grundsätzliche Fragen diskutiert und alle Meinungen zu Wort kommen. Darunter waren vor allem Leute, die gar in Abrede stellen, dass das Corona-Virus überhaupt existiert und eine Manipulation der Regierenden und der Wissenschaftler dahinter sehen wollen. Einer davon ist der deutsche Unternehmer Samuel Eckert, der seine Anhänger via Youtube und an Demonstrationen einschwört, sich zu erheben gegen das Corona-Regime. Björn Riggenbach, Arzt aus Neuenburg und der mittlerweile entlassene Amtsarzt Rainer Schregel waren ebenfalls zugegen und warteten einmal mehr mit unbelegbaren, bzw. längst widerlegten Beispielen auf. Ein Anlass übrigens, der an Unprofessionalität kaum zu überbieten war. Nebst der Einseitigkeit und Pro Verschwörer - Haltung der Veranstalter und der beiden schlechten ModeratorInnen, versuchte sich der Verschwörungstheoretiker und Esotheriker Roger Bittel, mit seinem Youtube-Kanal (als Produzent der Aufnahmen des Podiums) als Märtyrer hervorzutun, in dem er eine vor Eigenlob triefende Ansprache an das Publikum richtete.
Die Aggressionen aus dem Publikum (es waren fast ausschliesslich Corona-Leugnerinnen und -leugner anwesend) waren unüberhörbar. Die Argumente hohle Phrasen. Es ist offensichtlich geworden, dass diese Leute vermeintlichen Experten bloss nach dem Mund reden und sich leider keine eigene Meinung bilden oder vielleicht bilden können.
Arzt ist nicht gleich Experte
Während der Corona-Krise meldeten sich immer wieder Ärzte zu Wort - in Medien, gerne auch auf Youtube (weil es sonst niemand hören oder lesen will). Doch kaum einer von ihnen ist ein Experte für Pandemien. Nun meldete sich ein bayerischer Arzt zu Wort. Dr. Daniel Schölz forderte in seinem Aufruf von seinen Ärztekolleginnen und -kollegen: Allgemeinmediziner sollten sich nicht als Virologen aufspielen. Er sagt seinen Kollegen, dass er auch Arzt sei. Dass er sich jetzt auch hinstellen könnte, blasiert irgend einen Mist über SARS-COV-2 von sich geben und sein Ego polieren, bis es transparent ist. Es gebe ein paar Kollegoiden , die so was machen würden. Und die Leute würden denen wie die Lemminge folgen, weil sie "doch Ärzte sind."
"Allgemeinärzte haben recht viel Ahnung von sehr vielen Gebieten, aber auch eben kein Expertenwissen. Und auch die tun gut daran, wenn sie verantwortungsvoll handeln, die Patienten zu Spezialisten zu schicken."
Dr. Daniel Schölz
Die Ärztekammern sollten auf die Instrumentalisierung des Berufsstandes im Rahmen der Coronaproteste reagieren. Denn die Rolle von Ärztinnen und Ärzten, die eine Ablehnung der Coronamassnahmen politisieren, ist kritisch zu sehen. Dazu hat Medical Tribune mit Professor Dr. med. Drs. Eckhard Nagel ein Interview veröffentlicht.
Auch Dr. Andreas Keusch, Patientenvertreter sieht es so: "Je nach zugrundeliegenden Hauptinteressen geht dabei vergessen, dass Labor-Diagnostik stets ein Bestandteil der gesamten ärztlichen Diagnosekunst ist. Deswegen: Man frage stets die Ärzte an der Front! Dann wird es für diese Herren schnell einmal peinlich. Aber eben, es reicht für das Volk, angeblich plausibel und glaubwürdig argumentieren zu können. Aber eben, an der Spitze der medizinischen Forschung stehen ganz andere Kaliber."
Letzten Endes haben wir es meistens mit Medizinern zu tun, die über eine medizinische Ausbildung verfügen und Ahnung haben, aber auf einem gefährlichen Niveau stehen geblieben sind, sich nicht auf dem Niveau der aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Evaluationen befinden.
Dr. Andreas Keusch, Patientenvertreter
"Wenn nun eine Pandemie wie SARS-CoV-2 ausbricht, wo drastische Schutzmassnahmen getroffen werden müssen, in unglaublich wissenschaftlicher Schnelligkeit Evaluationen und Lösungen eingefordert werden, dann treffen diese 2 Welten knallhart aufeinander, wo diese ignoranten und arroganten Leistungserbringer ansonsten im sonst normalen Tempo von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen langsam vorbereitet werden können. So treffen neueste wissenschaftliche Erkenntnisse brutal hart auf eingerostetes medizinisches altes Gedankengut. Alles geht viel zu schnell, ohne eben die normale medizinisch-wissenschaftliche ansonsten gewohnte Evaluation im gewohnten Rahmen abzuwarten, bis die medizinischen Standesgesellschaften auf internationaler und nationaler Ebene die Status Quo Empfehlungen für die Praxis aussprechen."
Verschwörergruppe von Ärzten und Homöopathen
Die Gruppierung „Ärzte für Aufklärung“ hat Anfang August eine Videokonferenz auf Youtube veröffentlicht. Ein Ausschnitt des Videos kursiert nun in den Sozialen Netzwerken. Er enthält teils irreführende Behauptungen zu Gesichtsmasken, PCR-Tests und einem möglichen Covid-19-Impfstoff. Wieder Ärzte und keine Experten, die krude Behauptungen verbreiten.
Die Gruppierung „Ärzte für Aufklärung“ verbreitet in einem Video irreführende Behauptungen zum Tragen von Masken, PCR-Tests und einem möglichen Impfstoff gegen Covid-19. Das originale Video haben die „Ärzte für Aufklärung“ am 5. August auf ihrem Youtube-Kanal hochgeladen. Es ist insgesamt mehr als 17 Minuten lang.
Das Video zeigt Gründer der Initiative „Ärzte für Aufklärung“, die in den vergangenen Wochen durch Kritik an den Corona-Massnahmen aufgefallen ist: Olav Müller-Liebenau, Heiko Schöning und Walter Weber (von links nach rechts, Minute 01:13 im Originalvideo). In der Kurzfassung auf Facebook äussert sich vor allem Walter Weber.
"Walter Weber ist nach eigenen Angaben auf dem Gebiet der Psychosomatik und Krebstherapie tätig und vertritt eine Theorie, nach der Gesundheit vor allem von der „Harmonie von Körper und Seele“ abhängt. Marc Fiddike ist nach eigenen Angaben Hausarzt und Homöopath, und auch Olav Müller-Liebenau ist laut Einträgen in Ärzte-Datenbanken praktischer Arzt, spezialisiert auf Naturheilverfahren." Also keine Wissenschaftler oder Virenexperten.
Homöopathie
Bis heute existiert weder ein formaler, reproduzierbarer Nachweis noch eine akzeptable naturwissenschaftliche Begründung für eine Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel, die über den Placebo-Effekt hinausgeht. Von der wissenschaftlichen Medizin wird die Homöopathie daher als pharmakologisch wirkungslose, in einigen Fällen sogar riskante Behandlung abgelehnt. Der Homöopathie wird diesbezüglich vorgeworfen, nicht in angemessener Weise auf diese Befunde zu reagieren. Es fehle an Systematizität.
Homöopathie wird deshalb als Pseudowissenschaft angesehen.
Verschwörungstheoretiker von Nebenan
Es irritiert auch, wenn man mit einem Mal Verschwörungstheorien von Personen hört, denen man das nie zugetraut hätte: von Verwandten, Bekannten, Nachbarn, Kollegen. Menschen, die man bisher für vernünftige, aufgeklärte Demokraten hielt. Und plötzlich schicken sie über Whatsapp angebliche „Beweise“, wonach ein Coronavirus gar nicht existiere. Dass alle Abstandsregeln bloss Panikmache seien und dahinter ein teuflischer Plan geheimer Mächte stecke. Wieso auf einmal?
Bislang gibt es kaum wissenschaftliche Studien darüber, welche Menschen empfänglich für Verschwörungstheorien sind. Klar ist: Männer sind gefährdeter als Frauen. Und es trifft sie vor allem in Lebensphasen, in denen sie sich vor Isolation, der Einengung persönlicher Freiheiten und Kontrollverlust fürchten.
"Nichts ist wie es scheint. Zufälle gibt es nicht. Und: Alles hängt mit allem zusammen. Das sind die drei wichtigsten Merkmale von Verschwörungstheorien. In Zeiten der Corona-Pandemie haben ausgeklügelte Theorien über den angeblichen Ursprung des Virus und die angeblichen Drahtzieher hinter der Pandemie Hochkonjunktur."
Prof. Dr. Michael Butter
Wir haben Daniel Birkhofer, Psychologe lic. phil. FSP, gefragt, in wiefern das gefährlich sein kann oder welcher Schaden sensible Menschen dabei nehmen, die auf solche Theorien hereinfallen. Ausserdem wollten wir wissen, wie es dem Umfeld dabei gehen kann, das ohnmächtig zusehen muss, wie ihnen ein Mensch entgleitet. Letztlich die Frage, ob Verschwörungstheorien, Bewegung gar mit Sekten vergleichbar ist.
Gefährlichkeit
Der Frage nach dem Potential einer – wie auch immer sich äussernden – Gefahr bzw. Gefährlichkeit hat man sich mit einer gewissen Vorsicht anzunähern. Gefährlich wird es insbesondere dann, wenn AnhängerInnen von Verschwörungstheorien aus dem «Schatten der Verbalisierungen» heraustreten und mittels militanten und somit handfesten Massnahmen konkrete Handlungs-Taten folgen lassen; umgekehrt sind die auf dem verbalen Niveau platzierten und verbleibenden Äusserungen zwar fragwürdig bis dumm, sie verfolgen aber dann eher den Charakter einer Art «Psychohygiene». Ebenfalls beachtenswert ist aber auch der Aspekt der «Stellvertretungshandlungen» und der sozialen Übertragung. Diejenigen Kräfte also, welche z.B. Konformismus unkritisch fördern und damit Individuen in einer anonymisierten Gruppe aufgehen lassen; das Zugehörigkeitsgefühl oder das «Wir-Gefühl» hat eine relativ hohe Bindungsattraktivität für Menschen mit eher geringer ausgeprägter Reflexions- und Selbstreflexionsfähigkeit sowie vermindertem Selbstwertgefühl.
Sensibilität
Sensibilität unter der Annahme einer Kontinuumsbetrachtung (kaum sensibel bis hochsensibel) kann bedeuten, dass vor allem kaum sensible Menschen eher bereit sind, irgendwelchen Verschwörungstheorien unkritisch nachzueifern; bei hochsensiblen Menschen ist bekannt, dass sie psychisch sehr darunter leiden können, wenn sie selber keine oder zu geringe eigene Bewältigungs- und Umgangsstrategien haben, um Verschwörungstheorien widerstehen und damit in eine «gesunde Distanz» zu diesen zu treten vermögen. Die Frage eines Schädigungsgrades ist zufolge dessen eher schwierig zu beantworten, weil verschiedene personale (z.B. Naivität oder unreflektierte Gutgläubigkeit) und situative Faktoren (z.B. Gruppendruck, Grad der Konformitätsbereitschaft) jeweils eine Rolle spielen im konkreten Umgang mit der Auseinandersetzung mit Verschwörungstheorien und damit – je nach Ausprägung – sowohl eine Rolle als Stressor oder aber auch als Ressource bilden können.
"Das Zugehörigkeitsgefühl oder das «Wir-Gefühl» hat eine relativ hohe Bindungsattraktivität für Menschen mit eher geringer ausgeprägter Reflexions- und Selbstreflexionsfähigkeit sowie vermindertem Selbstwertgefühl."
Daniel Birkhofer, Psychologe lic. phil. FSP
Umfeld
Jedes Umfeld spielt immer eine zentrale Rolle als eine Art Referenzpunkt für jeden Menschen. Wenn also das Umfeld sogenannt «unsicher» wirkt oder sich als ohnmächtig repräsentiert, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass genau diese «Unsicherheitsüberzeugungen» auf AnhängerInnen von Verschwörungstheorien übertragen werden können. Die Vorbildfunktion und vor allem aber auch -wirkung ist eine entscheidende Komponente im Aufbau und auch der Zementierung von Überzeugungen und Menschenbildern. Wer gelernt hat, dass es ein «So ist es und nicht anders» gibt, wird diese Haltung der Rigidität und der Ausgeschlossenheit von weiteren Möglichkeiten tendenziell übernehmen, wenn nicht andere Rollenmodelle Alternativen dazu überzeugend aufzuzeigen vermögen. Menschen trachten immer so gut wie möglich danach, Kohärenz/Stimmigkeit bei sich selber und ihrer Umwelt zu erreichen und dies kann sich auch in der Möglichkeit äussern, sich Erklärungen, Argumenten oder vermeintlichen Wahrheiten hinzugeben, die aber schlichtweg keine sind; die Hauptsache ist, dass die Stimmigkeit so hergestellt werden kann.
Sekte?
Der Vergleich zu Sekten oder anderen rigide auftretenden Bewegungen ist insofern gegeben, als dass so etwas beobachtbar und vorherrschend zu sein scheint, wie «Abschottungsmechanismen» gegenüber nicht-verschwörungstheoriekonformen Äusserungen oder der Selbstüberhöhung der eigenen Theorien oder den Nicht-Zugehörigen mit Untergang zu drohen oder diese zu Entpersonalisieren bzw. «schlecht zu reden» und Bagatellisierungsäusserungen. Sind die entsprechenden Communities verbindlicher organisiert, so bestehen durchaus «Bestrafungssysteme» und «-rituale» für abtrünnige Mitglieder; der Zugehörigkeits-Code unterliegt einer hohen sozialen Kontrolle und erhöht damit den psychischen Druck eines Individuums einer solchen Gruppierung stark; das Gefühl «den Rest der Welt gegen sich zu haben» ist eine grosse Beeinflussungs- und damit Konformismus förderliche Grösse, die in solchen Organisationen bewusst initiiert werden (man hat sich unterzuordnen um jeden Preis). Das Kollektiv wird dannzumal als höherwertig eingestuft als das Individuum; das Gefügigmachen wird als «normal» und systemerhaltend erachtet. Solche organisationalen Haltungen und Menschenbilder sind also eine Gefahr für Individuen, die sich kaum getrauen eine eigenen Meinung aufzubauen und diese auch argumentativ zu vertreten.
Gruppen von Verschwörungstheoretikern, Hassreden, Falschinformationen, Mobbing werden immer mehr von Facebook, Twitter usw. entfernt
QAnon
Noch gibt es viel zu tun, aber es wird täglich besser. Dumme, wie auch gefährliche Seiten werden von Facebook gelöscht, mit dem Ziel in einem Jahr alle Fake-Maker-Seiten gelöscht zu haben. Aktuell hat Facebook eine Gruppe mit 200.000 Mitgliedern gesperrt. Sie stand den Verschwörungstheorien von QAnon nahe.
Facebook selber hat diese Woche bekannt gegeben, dass es eine der grössten öffentlichen Gruppen in seinem Netzwerk, die sich den QAnon-Verschwörungstheorien gewidmet hatte, nach wiederholten Verstössen gegen die Unternehmensrichtlinien entfernt hat. Diese sachliche Begründung dient zum Selbstschutz von Facebook. Denn auf dieser Seite waren ausschliesslich Fake-News platziert worden.
Offiziell Q/Qanon
Die Gruppe, die sich Offiziell Q/Qanon nennt, habe fast 200.000 Mitglieder gehabt. Einer Facebook-Sprecherin zufolge ist sie aus dem Netzwerk entfernt worden, nachdem mehrere Einzelpostings gelöscht werden mussten, weil sie die Grenzen zu Mobbing und Belästigung, Hassrede und falschen Informationen überschritten hätten. Ähnlich und mit selben Argumenten operieren die Verschwörungstheoretiker auf allen Sozialen Portalen. Gut, dass es nun allen an den Kragen geht und viele sogar mit empfindlichen Strafen rechnen müssen. Endlich!
Die Sprecherin, die nicht namentlich genannt werden wollte, sagte, Facebook habe die Massnahme bereits am Dienstag ergriffen. In seinem Bemühen, die Einhaltung der Nutzungsrichtlinien in diesem Bereich zu stärken, überwache das Unternehmen zudem noch weitere QAnon-Gruppen in dem sozialen Netzwerk. Diese würden sicherlich ebenfalls in den nächsten Tagen gelöscht werden müssen, da es nichts Faktenbasierendes auf diesen Seiten befände. Allerdings wolle man keine juristischen Fehler begehen, damit diesen Gruppen nicht plötzlich doch noch Möglichkeiten eröffnet würden weiter ihren Unfug zu verbreiten.
Im Mai hatte Facebook bereits ein kleineres Netzwerk von QAnon-Konten entfernt, die falsche Informationen über das Coronavirus verbreitet hatten. Auch Twitter ist bereits gegen QAnon-Anhänger vorgegangen. Im Juli sperrte das Unternehmen 7000 Konten von Nutzern, die im Zusammenhang mit QAnon-Verschwörungstheorien standen.
QAnon oder kurz Q ist das Pseudonym einer mutmasslich US-amerikanischen Person oder Personengruppe, die auf Imageboards, auf die Diskussion von Bildern ausgerichteten Internetforen, eine Verschwörungstheorie mit teilweise rechtsradikalem Hintergrund verbreitet, und vorgibt, Zugang zu geheimen Informationen über Donald Trumps Präsidentschaft, dessen Kampf gegen einen vorgeblichen „Deep State“ sowie über Trumps Widersacher zu haben. Xavier Naidoo weint vor Erschütterung, Sido glaubt, "dass sowas sein kann": Die Verschwörungstheorie QAnon über Kinder folternde Geheimbünde entbehrt jeder Grundlage, wird in Corona-Zeiten aber populärer. So absurd die Geschichte anmuten mag, so gefährlich ist die Bewegung dahinter.
QAnon ist mittlerweile auch zu einer Bezeichnung für die verbreiteten Verschwörungstheoretischen Ansichten selbst geworden. Q beschuldigte u. a. zahlreiche Hollywoodschauspieler, Politiker und hochrangige Beamte, an einem internationalen Kinderhändlerring zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung beteiligt zu sein. Die Anschuldigungen, die hauptsächlich von Trump-Unterstützern unter Namen wie „The Storm (Der Sturm)“ oder „The Great Awakening (Die grosse Erweckung)“ weiterverbreitet werden, wurden weithin als „unfundiert“, „verwirrt“ und „beleglos“ eingeschätzt.
Chatgruppe "QAnons Channel Deutschland"
Die gute Nachricht erreicht die Mitglieder der Chatgruppe "QAnons Channel Deutschland" am Montagabend: "Einer mehr. Wir werden täglich mehr", jubelt der Moderator der Gruppe und verlinkt eine ntv.de-Meldung über Sido. Der Rapper bekennt in einem Interview, er glaube, an den Berichten über Promi-Behandlungen mit dem Blut entführter Kinder sei etwas dran.
Sido stellt zwar im weiteren Gesprächsverlauf klar, er nehme die im Internet kursierenden Verschwörungstheorien nicht für bare Münze. Für die fast 20.000 Mitglieder des Telegram-Kanals "QAnons Channel Deutschland" aber ist der Berliner nun ein weiterer Anhänger einer wachsenden Gemeinschaft an Bürgern, die einem unfassbaren Verbrechen auf der Spur sind, das unter dem Kürzel QAnon bekannt ist.
Das Märchen
Ein mit den höchsten Kreisen verknüpfter Geheimbund hält Tausende entführter Kinder in Kellern und Tunnelsystemen gefangen. Dort erleiden sie satanische Folterrituale, in denen ihnen Blut abgenommen wird. Es gibt Variationen: Die Kinder werden demnach als Sexsklaven gehandelt oder ihr Blut für ein der Elite vorbehaltenes Supermedikament verwendet.
Zu den Verschwörern zählen demnach die Partei der US-Demokraten, jüdische Zirkel und andere Geheimbünde. Eine wichtige Rolle spiele dabei die frühere US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. Ihr Gegenspieler, der Mann, der jetzt schon Tausende Kinder im Rahmen von Geheimoperationen befreit habe, ist demnach niemand Geringeres als US-Präsident Donald Trump. Der spricht wie die QAnon-Gläubigen oft von einem "tiefen Staat", gegen den er anzukämpfen habe. Zudem verbreitete er selbst schon Dutzende Tweets von QAnon-Aktivisten.
Republikaner - Märchenliebhaber
Viele Republikaner - einfache Trump-Anhänger wie Abgeordnete - bekennen sich zu QAnon.
Der Name geht zurück auf einen Eintrag im Internetforum 4Chan, in dem schon 2017 ein Nutzer dieses Namens den Grundstein für die ungeheuerliche Geschichte legte. Wer auch immer der Autor war: Er behauptete, als hochrangiger Regierungsmitarbeiter supergeheime Dokumente einsehen zu können, und versorgt seither das Internet mit kryptischen Informationen. "Es gibt viele Gruppen, die behaupten, QAnon zu sein, das kann ja im Grunde jeder sein", sagt Andre Wolf, Sprecher des Vereins Mimikama, der über Falschinformationen im Internet aufklärt.
Mit Corona kam QAnon nach Deutschland
Märchenerzähler und - Fanatiker auch in Europa
Spätestens mit den kruden Videos des Sängers Xavier Naidoo wurde das Phänomen auch einem breiteren Publikum in Deutschland bekannt. Der Zeitpunkt hat viel mit einem ganz anderen Ereignis zu tun: "Bei den Gelbwesten-Protesten in Deutschland waren die Warnwesten eines Herstellers mit einem grossen Q schon sehr beliebt, aber diese Explosion der QAnon-Anhänger verzeichnen wir erst seit Corona, in etwa seit Mitte März", sagt Miro Dittrich, der für die Amadeu-Antonio-Stiftung Extremismus im Internet beobachtet.
Den gleichen Zusammenhang beobachtet Wolf in den sozialen Medien: "Seit Anfang April, also mit der Corona-Krise, schwappt das ganz stark nach Europa." Die QAnon-Popularität wächst dabei beinahe parallel zur Verbreitung des Messenger-Dienstes Telegram. Vieles wird zwar auch auf Whatsapp, Facebook und Youtube verbreitet. Allerdings greifen die Betreiber der grossen, etablierten Plattformen auf Druck der Gesetzgeber immer strenger durch im Kampf gegen Fake News. Deutschsprachige Videos zum Thema verzeichnen Hunderttausende Aufrufe. Pathetisch, krawallig, aber erstaunlich professionell künden sie von einem Endkampf der Wissenden gegen die Verschwörer.
"Stars", die Quatsch verbreiten
Die QAnon-Legende sei in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich, sagt Dittrich: "Verschwörungstheorien erzählen normalerweise aus der Perspektive des Verlierers und nicht der Mächtigen. Aber diese dient dazu, alles, was beim Machthaber Donald Trump schlecht läuft, zu rechtfertigen - weil Kräfte gegen ihn arbeiten würden, der sogenannte tiefe Staat, oder alles Teil eines grösseren, noch geheimen Planes ist." In Deutschland führe das zu besonders unerwarteten Volten: "Es mutet kurios an, dass die Gleichen, die behaupten, Deutschland sei eine von den Alliierten unterdrückte GmbH, jetzt darauf hoffen, dass Trump Deutschland in einer Geheimoperation mit 200.000 US-Soldaten befreit."
Was sind das für Leute, die derart krude Theorien verbreiten? "Die Gruppierung ist alles andere als homogen. Da gibt es Trolle, die das ins Lächerliche überspitzen, und bei anderen nimmt das teilweise gefährliche, krankhafte Züge an", sagt Mimikama-Sprecher Wolf. "Die Leute befinden sich in einem kollektiven Wahn", beobachtet Dittrich. Beide sehen Parallelen zu Sekten, wobei die Elemente der QAnon-Geschichte alte Bekannte seien: "Prinzipiell sind alle darin enthaltenen Erzählungen nichts Neues", sagt Dittrich. "Der blutabnehmende Ritualmord an Kindern durch die Elite: Das kennen wir schon aus antisemitischen Erzählungen aus dem 15. Jahrhundert."
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Dass zunehmend auch Normalbürger den bösen Märchen anheimfallen oder zumindest glauben, dass "da schon etwas dran sein" müsse, ist wohl der Ausnahmesituation der vergangenen Wochen geschuldet. "Die Anziehungskraft liegt in den einfachen Antworten auf komplexe Fragen", erklärt Wolf. "Die Menschen suchen Halt und auch ein böses Märchen gibt den Menschen zumindest Orientierung."
So sieht es auch Dittrich: Es sei für viele Menschen einfacher, solche Geschichten zu glauben, als sich einen unsichtbaren Feind - etwa eine Viruspandemie - vorzustellen, der eine Reihe komplexer, unglücklicher Zufälle zugrunde liegt. "Das sind die letzten Anhänger einer geordneten Welt", sagt Dittrich über die von der Realität überforderten QAnon-Anhänger.
Zumal das Misstrauen in die Eliten in Politik und Wirtschaft schon vor Corona gross war. Rund jeder Zweite glaubt, dass geheime Organisationen die Politik beeinflussen würden. Jeder Vierte nimmt an, Politik und Medien steckten unter einer Decke.
Niedrige Schwelle zur Gewalt
Auch die Attentäter von Halle und Hanau beriefen sich in ihren Pamphleten auf Elemente verbreiteter Verschwörungstheorien. Der Mann, der in Hanau neun Menschen wegen ihres vermeintlich migrantischen Aussehens erschoss, schwurbelte in einem Youtube-Video ebenfalls davon, dass ein Geheimbund, der die US-Politik steuere, Kinder misshandele. In den USA stehen Dittrich zufolge zwei Morde, ein versuchter Mord und zwei Entführungen in Zusammenhang mit QAnon-Anhängern. "Es wird zu zivilem Ungehorsam aufgerufen und Unruhe gestiftet", sagt Wolf über die Inhalte von Chats und Videos.
Die Schwelle zur Gewalt ist bei QAnon-Anhängern womöglich besonders niedrig. Eine Frau, die den US-Präsidentschaftskandidaten Joe Biden töten wollte, habe überhaupt erst einen Monat vor dem Mordversuch begonnen, QAnon-Themen zu posten, sagt Dittrich. "Wenn man in einer apokalyptischen Welt lebt, erzeugt das sehr grossen Handlungsdruck." Wer von Tausenden misshandelten Kindern erfahre, könne nicht tatenlos bleiben, gibt Dittrich zu bedenken. "Wenn Prominente diese Geschichten verbreiten, ist das sehr gefährlich."
Die sektenartigen Denkmuster machen es Angehörigen von QAnon-Anhängern nicht leicht. "Man kann jemanden, der da einmal eingetaucht ist, sehr schwer wieder einfangen", sagt Wolf. Dittrich rät: "Auf jemanden einwirken kann man Studien zufolge, wenn es eine persönliche Beziehung gibt. Man kann dann versuchen, kritisch zu hinterfragen, ohne zu sagen, 'Du bist ja ein Trottel.'"
Ursprung und Identität
Am 28. Oktober 2017 erschien im „/pol/“-Kanal von 4chan ein Beitrag unter dem Titel „Calm Before the Storm“ (Ruhe vor dem Sturm) eines „Q clearance patriot.“ Der Titel dürfte sich auf Trumps kryptische Beschreibung eines Treffens mit seinen militärischen Führern beziehen, das er als „Ruhe vor dem Sturm“ bezeichnet hatte. Q setzte seine Tätigkeit später auf 8chan fort unter der Angabe, 4chan sei von Widersachern („bad actors“) unterwandert.
Die Wahl des Nicknamens soll offenbar darauf hindeuten, dass der Autor die Sicherheitseinstufung „Q clearance“ besitzt, die vom US-Energieministerium erteilt wird und Zugang zu streng geheimen Informationen über Atomwaffen und nukleares Material verschafft. Das dem Q angehängte „'Anon' steht für anonym“.
Es gibt zahlreiche Spekulationen über Qs Identität. So wurde vermutet, es handele sich – wie er selbst andeutet – um einen hochrangigen Militär oder Geheimdienstmitarbeiter, um ein Alternate Reality Game von Cicada 3301 oder um Trump selbst. BuzzFeed wies Anfang August 2018 auf Gemeinsamkeiten der Verlautbarungen QAnons mit den Aktivitäten und Veröffentlichungen einer links-anarchistischen italienischen Gruppe namens Wu Ming hin; möglicherweise sei QAnon ein Produkt dieser Gruppe, um die radikale Unterstützerszene Trumps dazu zu verleiten, sich selbst zu diskreditieren. Personen, die Wu Ming zugeordnet werden, wiesen dies jedoch unter Hinweis auf die Gefährlichkeit solchen Handelns zurück. Im Übrigen würden fanatische Trump-Anhänger auch einen enttarnten Hoax in ihr „paranoides System“ einbauen.
Eine Kommentatorin des Magazins Wired vermutete hinter QAnon einen „Kader“ von „Informationsterroristen“, der erstmals um 2014 im Zusammenhang mit der GamerGate-Kontroverse in Erscheinung getreten sei, die Art des Medienkonsums in der Gesellschaft verändere und neben QAnon auch weitere Gruppierungen, Verschwörungstheorien und Internetphänomene wie Pizzagate, Unite The Right und #releasethememo propagiere.
Rechercheuren der NBC gelang es, die Quelle der Verschwörungstheorie auf zwei Moderatoren bei 4chan zurückzuverfolgen, die diese an die YouTuberin Tracy Diaz weitergeleitet hatten. Diaz machte aus der Verbreitung der Verschwörungstheorie ein Geschäftsmodell: Seit sie sich in ihren Videos mit QAnon befasste, wuchsen deren Klickzahlen auf jeweils bis zu acht Millionen an, was Diaz monetarisieren konnte. Auch die beiden 4chan-Moderatoren begannen mit QAnon Geld zu verdienen: Erst verschoben sie die Diskussionen auf Reddit, dann auf Facebook, was ihre Reichweite deutlich erhöhte, und schließlich eröffneten sie einen eigenen YouTube-Kanal, auf dem sie um Spenden bitten.
Wissenschaft
Die Politikwissenschaftler Nancy L. Rosenblum und Russell Muirhead sehen QAnon als Beispiel für „new conspiracism“, einer neuen Form des Verschwörungsglaubens, die anders als klassische Verschwörungstheorien wie etwa zum Attentat auf John F. Kennedy gänzlich auf Belege und Indizien verzichte und sich allein auf Behauptungen und insinuierende Fragen stütze. Insofern bezeichnen sie QAnon als „Kampfnamen der bizarrsten verschwörungsideologischen politischen Narrative“. Es erhebe einen Besitzanspruch auf die Realität, der nicht durch Fakten, sondern nur durch Wiederholung und Zustimmung scheinbar verifiziert werde. Wenn dieser Angriff auf den gesunden Menschenverstand in die Parteipolitik und die Wahlkämpfe eindringe, bestehe Grund zur Sorge. Es komme darauf an, diesen gesunden Menschenverstand (im Sinne Thomas Paines) zu stärken als Schutz der Demokratie gegen Verschwörungsideologien.
Auch Trump verschwindet vom Netz
Nachdem Joe Biden (78) zum neuen Präsidenten der USA gewählt wurde, überschlagen sich die Ereignisse in den Vereinigten Staaten. Wahlverlierer Trump will sich mit dem Ergebnis nicht zufriedengeben und schiesst immer wieder öffentlich gegen die Demokraten. Zuletzt stürmten seine radikalen Anhänger das Kapitol und versetzten Washington D.C. in Ausnahmezustand. Kurz darauf wurde der Politiker vorübergehend auf Instagram, Twitter und Facebook gesperrt. Jetzt legt Twitter nach: Trump wird permanent gesperrt.
Es wird weitergehen... wir bleiben dran...
Quellen: ntv.de ¦ Altman, Howard (4. Dezember 2018) "Double trouble for Broward deputy: One patch for QAnon conspiracy, another for his SWAT team" Tampa Bay Times ¦ Hochspringen nach: a b c Paris Martineau: The Storm Is the New Pizzagate – Only Worse. In: New York Magazine, 19. Dezember 2017. Abgerufen am 26. März 2018. ¦ Hochspringen nach: a b Joshua Philipp: The ‘Q’ Phenomenon. In: theepochtimes.com. 2. Juli 2018, abgerufen am 9. August 2018 (englisch). ¦ Hochspringen nach: a b Mike Rothschild: Who is Q Anon, the internet's most mysterious poster? (en-US). In: The Daily Dot, 29. Mai 2018. Abgerufen am 5. Juli 2018. ¦ Hochspringen nach: a b Henry Brean: Suspect in Hoover Dam standoff writes Trump, cites conspiracy in letters (en-US). In: Las Vegas Review-Journal, 13. Juli 2018. Abgerufen am 14. Juli 2018. ¦ Jane Coaston: The Mueller investigation is over. QAnon, the conspiracy theory that grew around it, is not. 29. März 2019, abgerufen am 31. Mai 2019.
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