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Covid 19 gefährlich oder harmlos? Eine Zusammenfassung einiger wissenschaftlichen Erkenntnisse

DMZ – WISSENSCHAFT ¦ Markus Golla ¦

 

Das ewige Streiten um die statistischen Zahlen nimmt kein Ende. Sind die Maßnahmen der Pandemie nun überzogen oder nicht? Es sterben seit dem Sommer wesentlich weniger Personen, wozu braucht es dann diese ganzen Regeln?

 

In den Diskussionen geht es nur noch um statistische Zahlen. Infektionsraten, Mortalität, Neuinfektionen und andere Zahlenberge werden wirr in jeder Argumentation benutzt, um seine eigene Meinung zu untermauern. Während die einen mit dem Ende der Welt drohen, erklären die anderen Covid-19 zu einer harmlosen Sommergrippe, die nur durch Mainstreammedien zur Pandemie wurde.

 

Fakt ist, dass wir nur bedingt Fakten haben oder um es genauer auszudrücken „Momentaufnahmen“ die wir in der Wissenschaft nicht verallgemeinern können. Je öfter sich diese Momentaufnahmen wiederholen, desto höher ist die Chance, dies in eine Hypothese einzubauen, um diese dann wissenschaftlich zu begutachten. Dies braucht Zeit und Geduld, denn ein solcher Prozess dauert. Allein hier sollte man schon skeptisch werden, wenn eine Person in einer Fernsehsendung, in einem Artikel oder Youtube-Video von globalen oder landesweiten Antworten, Lösungen oder Einsichten spricht. Gute Quellen sind anerkannte Wissenschaftsmagazine, die in einem Peer-Review Verfahren die Artikel auf deren Richtigkeit prüfen. Diese Fachzeitschriften haben ein Wertigkeitsranking welches regelmäßig begutachtet wird und selbst diese Magazine revidieren derzeit immer wieder Aussagen, weil die Situation der Pandemie Covid-19 noch zu unerforscht ist.

 

Neurologische Symptome und Folgeerkrankungen durch Covid-19

Als im April das International Journal of infectious Diseases vom ersten Fall berichtete, konnte man dies noch als Zufall werten. Ein japanischer Patient, der an Covid-19 erkrankt war, auf einmal über Kopfschmerzen, Müdigkeit und Übelkeit klagte. Im Liquor konnte der Virus nachgewiesen werden und das MRT zeigte Veränderungen. Es handelte sich aber nur um einen Einzelfall, welcher in der Flut der Pressemitteilungen kaum Beachtung fand. Im selben Monat veröffentlichte das Fachmagazin „JAMA Neurology“, dass bei Untersuchungen von 214 Patient*innen über ein Drittel Schädigungen des Nervensystems verzeichnet. Die Personen klagten über Kopfschmerzen, Schwindel, Riech- und Geschmackstörungen. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. spricht seit Juli mittlerweile vom Neurocovid, da zahlreiche Studien (exemplarisch: Journal of Alzheimer’s Disease, Oxford Journal of Neurology, Jama Network) darauf hinweisen, dass es bei Covid-19 zu neurologischen Begleiterscheinungen kommt. Das Oxford Journal kategorisiert die Symptomatik in Gehirnveränderungen (Enzephalopathien), entzündliche Erkrankungen des zentralen Nervensystems, Schlaganfälle und neurologische Störungen. Italienischen Studien sprechen von extremer Müdigkeit (Fatigue), Beeinträchtigungen des Geruchssinns, Geschmacksstörungen, Kopfschmerzen und Schwindel. Das Schlimme bei diesen ganzen Erkenntnissen ist aber, dass Folgeerkrankungen wie Schlaganfälle auch bei „gefäßgesunden“ Menschen, die sich mit SARS-CoV-2 infiziert haben, zu verzeichnen waren. Ein weiteres Phänomen, welches die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. klar ausweist, ist der Zuwachs an seltenen Erkrankungen, die nach einer Covid-19 Infektion vermehrt auftreten. Hier wird mehrfach das Guillain-Barré-Syndrom erwähnt. Bekräftigt wurden alle Ergebnisse durch eine Follow-Up-Studie im hochrangigen Magazin Lancet. 55% der gesundeten Patienten hatten im MRT zerebrale mikrostrukturelle Veränderungen. Für Krankenhäuser gibt es seit August eine Behandlungsleitlinie (S1 Leitlinie der DGN). Dies ist natürlich nur ein erster Schritt und es wird im Laufe der Zeit noch viele Änderungen geben.

 

Das Herz und Covid-19

Doch dies war in der Medizin nicht die einzige Entdeckung, die zu großer Sorge führte. Bereits in der Pandemie in China wurde bekannt, dass bei den Covidpatient*innen auch diverse Herzmuskelschädigungen auftraten. Eine potenziell weitere Bedrohung, die es zu erforschen galt. Auch deutsche Kardiologen des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung fanden den Virus im Herzmuskel, obwohl die Infektion als „durchlaufen“ galt. Die Ergebnisse wurden in der National Libary of Medicine und im Magazin der European Society of Cardiology publiziert. Mittlerweile arbeitet die Deutsche Herzstiftung an 2 Hypothesen:

  • Der Herzmuskel wird direkt vom Virus beeinflusst.
  • Eine Überreaktion des Immunsystems schädigt den Herzmuskel.

Die zweite Hypothese wurde bereits im April durch das Wissenschaftsmagazin Circulation Research in den Raum gestellt. „Für Covid-19-Patienten sind rasch Forschungserkenntnisse dringend nötig, damit wir früh und gezielt mit Therapien eingreifen können, noch bevor das Virus seinen lebensbedrohlichen Schaden im Herzen verursacht.“ schreibt Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, stellvertretender Vorsitzender der Herzstiftung. Mittlerweile gibt es auch zahlreiche Publikation in unterschiedlichen Fachzeitschriften, die diese Hypothesen bekräftigen.

 

Asthma, COPD und Covid-19

Die große Angst liegt natürlich bei Personen, die bereits eine Lungenerkrankung im Vorfeld hatten. Zu diesem Thema gab es aber letzte Woche Entwarnung. Das Allergy and Clinical Immunology Magazin präsentierte in einer Publikation, dass Personen mit Asthma keine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, einen schweren Verlauf bei einer Covid-19 Erkrankung durchlaufen zu müssen. Hierzu gab es gleich mehrere Publikationen.

Bei COPD scheint es aber anders auszusehen. Eine systematische Überprüfung der Publikationen, bei der zusätzlich eine Metaanalyse durchgeführt wurde, präsentierte folgende Ergebnisse: Obwohl die COPD-Prävalenz in Covid-19-Fällen in aktuellen Berichten niedrig war, war die Covid-19-Infektion mit erheblichen Schweregraden und Sterblichkeitsraten bei COPD verbunden. Im Vergleich zu früheren Rauchern und Nichtrauchern bestand bei gegenwärtigen Rauchern ein höheres Risiko für schwerwiegende Komplikationen und eine höhere Sterblichkeitsrate. Wirksame vorbeugende Maßnahmen sind erforderlich, um das Covid-19-Risiko bei COPD-Patienten und derzeitigen Rauchern zu verringern.

 

Bei den Bildgebungen der Lunge erkennt man ganz klare Veränderungen bei Covid-19. Schwere Krankheitsverläufen von Covid-19 bewirken starke Veränderungen der Gefäßarchitektur, zahlreiche Entzündungen, Thromben und so genannte hyaline Membranen, die sich durch Ausscheidung von Protein- und Zellresten auf die Alveolarwände legen und den Gasaustausch erheblich erschweren. Dies zeigten Ergebnisse der Institut für Röntgenphysik, Georg-August-Universität. Zum selben Ergebnis kam das Augsburger Universitätsklinikum das im Journal of the American Medical Association veröffentlicht wurde. Das Lungengewebe von verstorbenen Covid-19 Patienten zeigte sich irreversibel beschädigt. Ähnliche Publikationen gab es im New England Journal of Medicine und anderen Fachmagazinen.

 

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt an Schäden, die der Virus anrichten kann. Weitere Forschungsergebnisse betreffen andere Organe wie Nieren und Bauchspeicheldrüse. Ob all

diese Ergebnisse irgendwann zu verallgemeinern sind, wird uns erst 2021 / 2022 zeigen.

 

Was ich noch anmerken möchte

Natürlich gibt es viele stille Verläufe, die absolut keine Schäden durch eine Covid-19 Erkrankung erleben müssen. Eine hohe Prozentzahl der Infizierten kommen auch ohne der oben genannten Erkrankungen durch die Pandemie. Doch wer kann sicher sein, dass dies genau beim eigenen Verlauf sein wird? Wenn sie ohne Schaden eine Covid-19-Infektion überstehen, wer garantiert ihnen das es ihre Familie und soziales Umfeld tut? Was wäre, wenn sie durch Fahrlässigkeit diese Schäden fabrizieren. Wäre dann die geringe Schadensrate noch immer verschmerzbar?

 

Selbstverständlich sollen Sie nicht in Angst leben oder ihre sozialen Interaktionen nullifizieren. Es gilt die Situation mit Vorsicht zu begutachten und entsprechend zu handeln. „Vorsicht ist besser als Nachsicht“ ein altes Sprichwort, welches gerade in Covid-19 Zeiten gilt.

 

Wenn Sie das nächste Mal den Spruch „Covid-19 ist nicht schlimmer als Grippe“ hören, überlegen sie anhand der oben genannten Phänomene, ob sie hier zustimmend nicken oder mit der Person in einen Diskurs gehen. Sollten sich all diese Forscher*innen irren, was hätten sie verloren?

Doch sind alle Maßnahmen wirklich sinnvoll und nachvollziehbar? Was machen die Maßnahmen mit unserer Gesellschaft und wie wirken sie sich auf die Psyche aus? Mehr dazu im nächsten Artikel.


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