DMZ – GESELLSCHAFT / LEBEN ¦ Walter Fürst ¦
KOMMENTAR
Ganz in Xavier Naidoo-Manier nimmt sich nun doch auch noch ein Schweizer (in Persona Marco Rima) - und ebenfalls mitten in der Nacht - Zeit in beinahe Flüsterton eine Mitteilung auf
FB an die Nationen der Welt zu platzieren. Das 11minütige Pamphlet, in dem er sich engagiert, überspitzt und polemisch zu wissenschaftlichen und
politischen Fakten und Entscheidungen äussert strotzt von Fake-News und Verschwörungstheorien. Die sachliche Argumentation tritt komplett in den Hintergrund; die leidenschaftliche
Parteinahme gegen Wissenschaft und Politik überwiegt bei der Argumentation. Die Herabsetzung betroffener Personen wird dabei billigend in Kauf genommen oder scheint teilweise
sogar das eigentliche Ziel des Pamphlets. Vielleicht sollte man der Sache nachgehen, was genau jeweils Nachts mit solchen Menschen genau geschieht, dass sie sich zu solchen Märchenstunden
hinreissen lassen.
Einige finden es witzig
Tatsächlich gibt es auch einige Personen, meist Leute, die auch sonst also Corona-Leugner auf ihren Profilen auftreten, die die gemachten Lügen und Falschaussagen als Wahrheit bezeichnen oder gar
als ihre eigenen Gedanken. Auffallenderweise sind es vor allem Frauen, die in das Horn der Leugnerschaft blasen und seinen Post gut finden. Allerdings gibt es auch massive Kritiker, von
faktentreuen Menschen, die sich auch von einem Promi nicht in die Irre führen lassen. Rima geht gar soweit, dass er über 338'000 Tote und 5.2 Millionen (Stand: Samstag 23.05.2020 -
John-Hopkins Universität) als Witz abtut. Er streitet gar ab, dass es eine Pandemie
gibt. Auch die Wirkung des Lockdowns verleugnet er. Sichtlich bemüht bei diesem ernsten und schlimmen Thema lustig zu sein, ist unglaublich und peinlich zugleich. Er findet 1950 Tote in der
Schweiz lächerlich. Viermal mehr Menschen als an seinen Auftritten im Publikum sitzen findet er lächerlich, darunter vielleicht sogar Fans von ihm? Was geht in einem Menschen vor, der solche
Äusserungen leichtfertig und für alle zugänglich ins Netz stellt? Auch der Zweck dieses Vorstosses ist unklar.
Grosse und berechtigte Kritik
So z.B. ist in den Kommentarspalten auch zu lesen: "Lieber Marco Rima, sonst keine Möglichkeit mehr, Aufmerksamkeit zu erzeugen? Oder ist der Beitrag doch Comedy? Von Ihrer Mimik her
könnte man das meinen. Sie lassen sich über medizinische Themen aus, von denen Sie keine Ahnung haben: „Pandemien dauern 70 Tage, dann gibt es noch wenige Fälle, und dann ist es wieder
aus.“ Haben Sie dafür Belege? Sie sagen: „Es ist nichts geschehen.“ Sind denn die Tausenden Toten, die überfüllten Krankenhäuser und Massengräber dort, wo nicht man nicht so strenge
Vorgaben hatte, „nichts“? Ich finde es unverantwortlich, dass Sie so etwas in die Öffentlichkeit hinaus posaunen." Eine Dame kommentiert seinen Beitrag mit: "äusserst
unsymphatisch und dann noch die unpassende Gesichtsmimik. Unglaublich und respektlos gegenüber den Menschen die diesen Virus durchmachen oder daran sterben."
Und ein weiterer Kommentar: "Was soll das sein, übst Du da an Deinem neuem Auftritt, wie mache ich mich lustig über eine Pandemie? Was ist passiert, einen Schlaganfall
erlitten? Vielleicht bist Du ja dabei, wenn die 2. Welle gekommen ist, dann kannst Du Deinen Text noch einmal vortragen.
Natürlich ist alles nicht so gekommen wie am Anfang vermutet und warum ist das so, genau, weil die Massnahmen des Bundes, welche uns allen verordnet wurden, gegriffen
haben und die schlimmsten Szenario verhindert haben. Nicht zuletzt aber auch durch den zum Glück grösseren Teil der Bevölkerung, welche sich daran gehalten haben. Man muss
auch sagen, trifft es solche wie Dich ist das Mitleid in hintersten Eck zu finden."
Schadensbegrenzung
In der Zwischenzeit übt sich Rima im Versuch Schadensbegrenzung
für seinen Fauxpas zu betreiben mit einem weiteren Post auf seiner Facebookseite:
"Hier eine kurze
Zwischenmeldung.
Herzlichen Dank für alle Kommentare und Nachrichten. Ja, man muss nicht meiner Meinung sein. Und nein, ich sehe nicht über die Toten hinweg, die mit oder an
Corona gestorben sind. Ich werde Euch auch nicht mit Statistiken oder neuen Erkenntnissen zu texten. Ich weiss um die Zahlen. Und nein, Ich werde mich auch nicht
bei den Menschen, die sich zu Hause eingeschlossen und Maske getragen haben, bedanken. Ich persönlich setze auf Eigenverantwortung, Vertrauen und Verzicht. Wie
gesagt; wer krank ist, bleibt zu Hause. Wer starken Husten oder einen Schnupfen hat, bitte ich um Abstand. Das hat mit Respekt, Anstand und einer guten Erziehung
zu tun. Und ja, wer krank ist, zu Hause bleibt und gewillt ist, zu verzichten, handelt erwachsen und schützt andere vor Ansteckungen. Ganz einfach. Gesunder
Menschenverstand und Rücksicht sind gute Begleiter. Und Bauchgefühl ist eine grundlegende Kompetenz und darf durchaus Bestandteil eines professionellen
Risikomanagements sein. Und der gesunde Menschenverstand ist zu erstaunlichen Leistungen fähig, wenn es um Risikoeinschätzung geht. Aber wenn es dem Willen der
Mehrheit entspricht, den Kopf in den Sand zu stecken, dann muss ich das wohl akzeptieren. Aber mit jeder Woche wird die Rechnung, die wir bzw. unsere Kinder noch
zu bezahlen haben, höher. Und deshalb will ich zurück zur Arbeit und dafür sorgen, dass unsere sozialen Errungenschaften weiterhin existieren und uns erhalten
bleiben. In diesem Sinne alles Liebe und Gesundheit."
Eine klare Verschlimmbesserung
seiner gemachten Aussagen. Mit seinem Statement "Gesunder Menschenverstand und Rücksicht sind gute Begleiter. Und Bauchgefühl ist eine
grundlegende Kompetenz und darf durchaus Bestandteil eines professionellen Risikomanagements sein", wirft er mit seiner Aktion gleich selber über den Haufen,
flüsternd und mitten in der Nacht. Ohne Menschenverstand und Rücksicht veröffentlicht er ein Pamphlet der übelsten Sorte. Verletzend und verstörend zugleich.
Ein Kommentar von einem seiner
Follower zu seiner "Zwischenmeldung": "Es gibt einen Überlegungsfehler. Wir äusserten uns auch einmal, dass wir uns der Situation "mit gesundem
Menschenverstand" stellen wollen. Ein Chefarzt meinte damals: "Vergesst den gesundem Menschenverstand. Dieser setzt Erfahrung voraus. Im Umgang mit Covid-19 haben
wir keine Erfahrungen."
Wir müssen Mit Vorsicht und Rücksicht agieren und lernen mit dem Virus umzugehen.
Jetzt ist durchaus etwas mehr positiver Optimismus möglich und wir können weiter öffnen. Aber mit Vorsicht und Rücksicht ...".
Einziger Trost, ein Grossteil seiner Gefolgschaft teilt seine Ansichten und sein Niveau. Das sollte Strafe genug sein. Einzige Hoffnung: Marco Rima kommt
wieder zur Besinnung und macht was er kann und entschuldigt sich öffentlich für sein Vergehen.
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