DMZ - In eigener Sache ¦ Sagen und Märchen aus dem Mittelland ¦
In unregelmässigen Abständen veröffentlichen wir an dieser Stelle Sagen und Märchen aus dem Mittelland.
Wir sind dankbar, wenn unsere Leserinnen und Leser uns auch solche Geschichten zukommen lassen via Email redaktion@mittellaendische.ch. Vielen Dank!
Und nun viel Spass!
Burg Steinach
Bei Arbon und seiner hohen Burg vorüber, in welcher der unglückliche Königssohn Konradin seine Jugend verlebte, längs dem Bodensee und dem Städtchen Rorschach zu, oberhalb des Dorfes Steinach, erblickt man am Rand des Bergrückens gegen den See hin einen grauen Turm mit breitem Überbau, der wie ein Riesenhut auf dem weiten Mauerstock sitzt.
Es ist die Burg Steinach oder, nach dem Volksmund, die Steiner- oder Stauerburg.
Auf dieser alten Burg lebte Anfang des 12. Jahrhunderts der bekannte Dichter der Ritterzeit, Blikker (Bligger) von Steinach, als Stammherr. Die Burg sank in spätem Zeiten in Ruinen; von ihren Mauern und Doppelgraben ist wenig mehr übrig; nur der altertümliche Turm steht noch.
Der letzte Burgmann von Steinach lebte als rauher gefühlloser Herrscher einsam auf seiner Burg. Die Untertanen erschraken, wenn der Zwingherr aus seiner Festung trat; denn ohne Erbarmen und aufs Härteste züchtigte er die, welche ihm nicht gefielen oder seinen Befehlen ungehorsam waren. Sein Herz verschloß sich vollends, als eine bittere Fehde zwischen ihm und dem Herrn von Wartensee ausbrach. Mit kaltem Blut verbrannte er die Dörfer und Höfe und erschlug die Leibeigenen und Knechte seines Feindes nebst Frauen und Kindern. Wartensee suchte umsonst seinem Gegner beizukommen. Bei Tage war er immer wohlbewacht, wenn er auf die Jagd ritt, und in der Nacht zog er die Fallbrücke auf, schob gewaltige Riegel vor das Burgtor, und blutgierige Hunde wachten hinter den Mauern.
Ein Mädchen endlich, das bei dem Herrn von Steinach hauste, wurde von dem von Wartensee gewonnen. Es sollte, wenn sein Herr zur Nachtzeit am Fenster sitze, das gegen Wartensee hinauf schaut, ein weißes Tuch heraushängen. Das geschah, und sogleich flog ein Pfeil durch das Fenster und durchbohrte Rücken und Brust des Zwingherrn mit solcher Gewalt, daß die Spitze im Tisch steckenblieb. Den Blutflecken dieses Mordes vermochte kein Wasser zu vertilgen.
Quelle: Philip von Steinau (Ferdinand Philip Grimm). Volkssagen der Deutschen. Zeitz 1838. S. 81 - 83
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