CH: Früherkennung von Krebs durch Blutzell-Analyse

G.V. Shivanshankar hofft, mit seiner neuen Methode und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz die Tumordiagnose zu verbessern. (Foto: Paul Scherrer Institut/Markus Fischer)
G.V. Shivanshankar hofft, mit seiner neuen Methode und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz die Tumordiagnose zu verbessern. (Foto: Paul Scherrer Institut/Markus Fischer)

DMZ – FORSCHUNG / MM ¦ AA ¦            G.V. Shivanshankar hofft, mit seiner neuen Methode und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz die Tumordiagnose zu verbessern. (Foto: Paul Scherrer Institut/Markus Fischer)

 

Villigen - Forschende des Paul Scherrer Instituts (PSI) haben einen bedeutenden Fortschritt bei der Entwicklung eines Tests für die frühzeitige Diagnose von Krebs erzielt. Der Schlüssel liegt dabei in Veränderungen in der Organisation des Zellkerns bestimmter Blutzellen, die auf einen sich entwickelnden Tumor im Körper hinweisen können. Mit Unterstützung künstlicher Intelligenz (KI) konnten die Wissenschaftler zwischen gesunden und erkrankten Personen mit einer Treffsicherheit von etwa 85 Prozent unterscheiden und sogar die Art der Tumor-Erkrankung korrekt bestimmen.

 

Die Forschungsgruppe unter der Leitung von G.V. Shivashankar, Leiter der Mechano-Genomik am PSI und Professor an der ETH Zürich, fokussierte sich auf Lymphozyten und Monozyten, die durch eine einfache Blutprobe gewonnen werden können. Diese Blutzellen, auch als mononukleäre Zellen des peripheren Blutes bekannt, zeigen Veränderungen in der Organisation ihres Zellkerns, wenn sie mit Substanzen in der Blutbahn in Berührung kommen, die von einem Tumor freigesetzt werden, dem sogenannten Sekretom.

 

Die Forscher analysierten das Chromatin dieser Blutzellen, die zu einer Art Knäuel verpackte Erbsubstanz DNA, mithilfe von Fluoreszenz-Mikroskopie. Dabei wurden rund zweihundert Merkmale wie die äußere Textur, die Packungsdichte oder der Kontrast des Chromatins erfasst. Diese Daten wurden in eine KI eingespeist, die durch "supervised learning" bekannte Unterschiede erlernte und dann durch "deep learning" selbst Unterschiede zwischen gesunden und kranken Zellen identifizierte, die für den menschlichen Betrachter nicht erkennbar sind.

In einer ersten Versuchsreihe unterschied die KI zwischen Blutzellen von zehn gesunden Personen und zehn Patientinnen und Patienten mit einer Genauigkeit von 85 Prozent. In einem zweiten Ansatz konnten sogar verschiedene Tumorarten, darunter Melanome, Gliome und Kopf-Hals-Tumore, mit einer Genauigkeit von mehr als 85 Prozent differenziert werden. In einem dritten Ansatz wurde die Methode erfolgreich angewendet, um den Verlauf der Protonentherapie bei Krebspatienten zu überwachen.

 

Damien Weber, Leiter und Chefarzt des Zentrums für Protonentherapie am PSI, sieht großes Potenzial in diesem diagnostischen Ansatz. Etwa 150 Patienten wurden um Zustimmung gebeten, ihre Blutproben für die Studie auswerten zu dürfen, mit dem Ziel, Diagnose und Therapieüberwachung zu verbessern.

 

Während weitere Studien erforderlich sind, um die Zuverlässigkeit und Anwendbarkeit in der klinischen Praxis zu validieren, zeigt sich Prof. Dr. G.V. Shivashankar zuversichtlich: "Die Methode steht!"

 

Die Forschenden betonen, dass die Anwendung des Verfahrens nicht auf die untersuchten Tumore beschränkt ist, sondern auf zahlreiche Krebsarten anwendbar sein könnte. Es könnte nicht nur die Protonentherapie, sondern auch andere Therapieformen wie Strahlentherapie, Chemotherapie und Operationen unterstützen. Eine Zulassung durch die Behörden bleibt jedoch noch Gegenstand weiterer Forschungsbemühungen.

 

Originalveröffentlichung:

"Imaging and AI based chromatin biomarkers for cancer diagnosis and therapy evaluation from liquid biopsies" - Kiran Challa, Daniel Paysan, Dominic Leiser, Nadia Sauder, Damien Weber und Shivashankar, G.V. - npj Precision Oncology, 14.12.2023, DOI: 10.1038/s41698-023-00484-8

 

 

Über das PSI:

Das Paul Scherrer Institut PSI entwickelt, baut und betreibt große und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Zukunftstechnologien, Energie und Klima, Health Innovation und Grundlagen der Natur. Die Ausbildung von jungen Menschen ist ein zentrales Anliegen des PSI, das größte Forschungsinstitut der Schweiz.

 

 

 

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Paul Scherrer Institut

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