DMZ - GESETZ / RECHT ¦
Wenn man der KOBIK (Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität) eine Meldung macht über rassistische, faschistische, antisemitische oder andere Kommentare und Äusserungen im Internet (z.B. auf Facebook, bei Twitter oder Instagram, Zeitungsartikeln in den Kommentarspalten), erhält man verschiedentlich auch eine "Antwort", die schlicht nachvollziehbar ist. Die Schweiz zeigt auch hier eindrücklich, dass sie noch nicht in der Gegenwart angekommen ist und echte Probleme zu verkennen scheint. Trotzdem können sich Hetzerinnen und Hetzer nicht freuen. Bestraft werden alle, die sich nicht an geltende Gesetze halten.
"Nicht jede rassistische Äusserung oder Handlung ist strafbar"
Diese und ähnliche Äusserungen kann man in einer Standardantwort der KOBIK lesen. Da hilft auch mehrfaches Augenreiben nichts. Das steht da wirklich. Bei dieser "Feststellung" könnte man davon ausgehen, dass es für die Schweiz eine Art "Rassismus Light" gibt, was natürlich absoluter Blödsinn ist. Allerdings versteckt man sich hinter fadenscheinigen Ausreden, um nicht handeln zu müssen. Dies ist sehr gefährlich und könnte auch leicht von Hetzerinnen und Hetzern missverstanden werden und als Legitimation ihrer Handlung verstanden werden. Denn wenn man den üblichen Argumenten und Rechtfertigungsversuchen der Spezies "Hetzer" folgt, lässt es nur diesen einen Schluss zu.
Der Gesetzgeber sieht sich nicht zur Anwendung des Strafrechts verpflichtet
Zumindest muss man dies so deuten, wenn einem auf eine Anzeige (Rassismus, Antisemitismus, Faschismus, Hetze o.Ä.) eine automatisierte Antwort zugestellt wird, woraus wörtlich zu entnehmen ist: "Es ist nicht die Aufgabe des Strafrechts, Menschen zu sagen, was moralisch richtig oder falsch ist. Vielmehr besteht der Zweck des Strafrechts darin, Verhalten zu sanktionieren, welches das friedliche Zusammenleben in einer Gemeinschaft auf Dauer gefährdet." Genau hier besteht ein extremer Widerspruch. Einerseits wollen sie nichts sagen zu diesen strafrechtlich relevanten Straftaten und andererseits aber bestrafen, was das Zusammenleben in einer Gesellschaft auf Dauer gefährdet. Aber genau das ist die Aufgabe - aufzeigen was moralisch falsch ist und dann auch zu bestrafen, wenn diese unmoralische Aktionen ausgeführt wurden. Wenn jemand auf der Strasse verprügelt wird, sagt man dem Täter auch nicht, dass das soweit OK ist und er selber wissen müsse, ob das moralisch für ihn vertretbar ist. Sondern er wird verhaftet, massgeregelt und bestraft.
"Auch ausserhalb des Privaten Rahmens ist es zulässig, sich kritisch über Menschen mit einer bestimmten Hautfarbe, Ethnie, Religion oder Herkunft zu äussern"
Wunderbar, dann ist das quasi das OK für alle Hetzerinnen und Hetzer weiter munter drauflos zu hetzen, denn es ist ja erlaubt. Falsch! Auch wenn das Standartantwortschreiben sehr schlecht und missverständlich formuliert ist, ist und bleibt das Internet kein rechtsfreier Raum. Weitere Beispiele von unglücklichen Formulierungen der KOBIK: "Rassistische Äusserungen erreichen dann die sozial schädliche Schwelle, wenn einem Menschen oder einer Menschengruppe in der Öffentlichkeit das gleichberechtigte Dasein oder die Existenzberechtigung wegen einer anderen Hautfarbe, Ethnie oder Religionszugehörigkeit abgesprochen wird. Sanktioniert werden also nur rassendiskriminierende, entwürdigende und den sozialen Frieden auf Dauer gefährdende Äusserungen in der Öffentlichkeit." Also doch "Rassimus Light"?
Weitere Widersprüche, in einem kleinen Absatz, die verunsichern: "Auch ausserhalb des Privaten Rahmens ist es zulässig, sich kritisch über Menschen mit einer bestimmten Hautfarbe, Ethnie, Religion oder Herkunft zu äussern, unter Einhalt der folgenden Bedingungen:
- Den betroffenen Personen oder Personengruppen darf nicht das gleichberechtigte Dasein abgesprochen werden;
- Ihnen darf nicht, pauschal und ideologisch gefärbt, systematisches kriminelles, unehrenhaftes oder sittenwidriges Verhalten vorgeworfen werden;
- Sie dürfen nicht rassistisch beschimpft werden.
Ob dies jemand auch wirklich so versteht, wie es gemeint, bzw. vom Gesetzgeber vorgesehen ist?
Sehr fragwürdige Äusserungen bei diesem gefährlichen Thema, welches Tag für Tag zunimmt und immer schlimmer zu werden droht. Nicht selten schwappen Äusserungen im Netz bereits über, auf die Strassen der Schweiz.
Bei dem Standardantwortschreiben auf Anzeigen hin versteckt man sich hinter Paragraphen, um nicht tätig werden zu müssen
Denn weiter heisst es in dem "aufbauenden" Antwortschreiben der KOBIK: "Das Bundesgericht betont explizit, dass die Meinungsäusserungsfreiheit im Rahmen der Rassismus-Strafnorm einen hohen Stellenwert einnimmt, wie folgende Passage aus einem Gerichtsurteil belegt:
«Bei der Auslegung von Art. 261bis StGB ist der Freiheit der Meinungsäusserung (…) Rechnung zu tragen (…). Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Äusserungen zu politischen Fragen und Problemen des öffentlichen Lebens ein besonderer Stellenwert zukommt. In einer Demokratie ist es von zentraler Bedeutung, dass auch Standpunkte vertreten werden können, die einer Mehrheit missfallen und für viele schockierend wirken (…). Kritik muss dabei in einer gewissen Breite und bisweilen auch in überspitzter Form zulässig sein. (…). Werden durch eine extensive Auslegung der Normen des Strafrechts zu hohe Anforderungen an kritische Äusserungen gestellt, besteht die Gefahr, dass auch begründete Kritik nicht mehr vorgebracht wird (…).» (BGE 131 IV 23)".
Nun, da fragt man sich, weshalb sonst so etwas geantwortet wird, wenn nicht um an falscher Stelle beruhigen zu wollen.
Immerhin - Es wird aufgezeigt, wie man vorgehen kann, um Hetzer doch noch bestrafen zu lassen und somit zur Raison zu bringen
Bei der Rassismus-Strafnorm handelt es sich um ein Offizialdelikt, das heisst, jede Person kann einen Vorfall, den sie als Verstoss gegen die Bestimmung empfindet, bei der nächsten Polizeistelle bzw. bei einem Untersuchungsrichter melden. Die KOBIK empfiehlt, sich mit der jeweils zuständigen Kantonspolizei in Verbindung zu setzen und die Angelegenheit dort zur Anzeige zu bringen. "Empfehlenswert ist es, sämtliche beweisrelevanten Dokumente in geeigneter Form zur Strafanzeige mitzunehmen und sich vorgängig mit dem Polizeiposten über einen Termin zu verständigen. Die ermittelnde Stelle bei der Kantonspolizei kann sich an KOBIK wenden, wenn sie spezifische Hilfe benötigt.", heisst es da weiter.
Die Devise für den Menschen heisst: Solidarisieren, archivieren, anzeigen – so kann jeder etwas gegen Hass im Netz tun.
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